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Rache - die Handschrift des kleinen Mannes - Erlebnisse eines Leipziger Antiquitaetenhaendlers

Rache - die Handschrift des kleinen Mannes - Erlebnisse eines Leipziger Antiquitaetenhaendlers

Titel: Rache - die Handschrift des kleinen Mannes - Erlebnisse eines Leipziger Antiquitaetenhaendlers
Autoren: Thomas Schmidt
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entschlossen, diese Berufsrichtung einzuschlagen, zumal es nach dem Mauerfall bestimmt eine Menge »Brot« sogar für Anwärter in dieser Berufsrichtung geben würde. Ich stellte mir diese Tätigkeit in der Praxis vor: Zum einen sah ich in mir einen Detektiv zur Aufklärung wirtschaftlicher Verbrechen, zum anderen war ich Auftragnehmer einer stinkreichen Witwe, in deren Auftrag ich einige raffinierte und skrupellose Erbschleicher ans Messer liefern sollte. In Gedanken ließ ich mir europäischen Wind, vor allem westlicher Gefilde, um die Nase wehen und utopische Honorare in meine Taschen fließen. Die Architektur meiner Luftschlösser war der reine Wahnsinn. Dann kam ich wieder zurück auf den Boden der Realität, als ich auf den Absender des Briefes sah – es war der eines Herrn Bubach, der den Vornamen John trug. Diese Namenkombination störte mich ganz besonders. Allerdings dachte ich wieder an einen Decknamen, zugelegt natürlich aus Sicherheitsgründen! Trotzdem, mein Vorurteil war fix und fertig! Seit einiger Zeit hatte ich trainiert, das Kleingedruckte in Formularen, Angeboten und Briefen etc. aufzuspüren. Da wurde z.B. eine Teilnahmegebühr von schlappen 900 DM pro Seminar erhoben. Eine Übernachtung war am Ausbildungsort unumgänglich, besonders für die Leute, die von weit her kamen. Da bot man ein Viersterne-Hotel auf dem Hohenzollerndamm, mit Halbpension zum Preis von 220 DM, jeweils von Samstag zu Sonntag. Dieser Betrag war ebenfalls zu überweisen und zwar auf das gleiche Konto. Das musste ja eine tolle Ausbildung sein, wenn man bereits nach zehn Stunden Seminar als frischgebackener, doch gewiefter Detektiv die Ausbildungsstätte verlassen durfte. »Vielleicht haben die Wessis besondere Ausbildungssysteme«, sagte ich mir und beschloss, meine in vier Wochen geplante, ohnehin erforderliche Berlinreise auf das kommende Wochenende zu verlegen. Ich versuchte, über die Auskunft die Telefonnummer herauszubekommen – nichts! Gesagt getan, ich dampfte also nach Berlin und fuhr den Hohenzollerndamm rauf und runter. Da existierte freilich ein viersterniges Hotel, aber Seminargäste der Detektei John Bubach waren dort nicht avisiert. Dann hatte ich eine Reifenpanne, direkt vor dem Hotel. Als ich das Ersatzrad angeschraubt hatte, durfte ich mir dort wenigstens die Hände waschen. Zerknirscht fuhr ich nach Hause und versuchte, einen persönlichen Brief an Bubach zu schreiben. Drei Mal begann ich mit dem Text und jedes Mal verwarf ich ihn, weil ich mit jeder Silbe giftiger und giftiger wurde. Dann zwang mich zur Sachlichkeit und begann diesen Brief von neuem. Wenn auch nur ein toter Briefkasten existierte, würde der Empfänger meine Post garantiert in die Hände bekommen, zumal er ja an den Zaster gelackmeierter Ossis ‘rankommen wollte. Ich war mir also sicher, dass ich es mit einer Scheinfirma zu tun hatte und schrieb folgendes:

    Leipzig, 10. August 1991

    Sehr geehrter Herr Bubach,
    wenn solch ein attraktives Unternehmen wie das Ihrige nicht mal telefonisch erreichbar ist, dann garantiert aus Gründen der Geheimhaltung! Ich habe versucht, Sie am vorigen Samstag in Berlin-Wilmersdorf aufzusuchen, doch leider ohne Erfolg! Mir lag die Beantwortung einiger meiner Fragen besonders am Herzen, das werden Sie sicher verstehen, denn 900 »Mücken« für ein Wochenendseminar sind ja schließlich kein Pappenstiel! Sieben bis acht Leute aus meinem Bekanntenkreis halten Ihr Angebot in fachlicher Hinsicht dennoch für eine besondere Attraktion und würden ebenfalls gern an diesem Seminar teilnehmen! Wie Sie wissen, ist hier im Osten die Arbeit knapp! Gesetzt den Fall, ich liefere Ihnen diese Seminarteilnehmer, würden Sie mir dann einen Rabatt zur Teilnehmergebühr gewähren?
    Komisch, das von Ihnen genannte Hotel am Hohnezollerndamm, hat keine Übernachtungen für das betreffende Wochenende vorgesehen. Allerdings bin ich in der Hauptstadt Deutschlands absolut ortsunkundig und habe möglicherweise im falschen Hotel recherchiert. Ach so: Ich habe Verwandte in Berlin. Übernachtungen sind für mich ohnehin kein Problem. Falls ich das richtige Hotel doch erwischt haben sollte, dann hat mir die Hotelangestellte an der Rezeption natürlich eine falsche Auskunft erteilt ...

    Ich versuchte also, den Naiven zu spielen, doch letzten Endes war’s Bubach Wurst, von wem er seinen Zaster bekam. Dann stellte ich einige Fragen zu Arbeitsschwerpunkten, die für solch eine Detektei charakteristisch wären und verfiel bewusst in ein
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