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Rache an Johnny Fry

Rache an Johnny Fry

Titel: Rache an Johnny Fry
Autoren: Walter Mosley
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verstrickt und litt unter dessen Missbrauch mehr als sie.
    »Ich habe die Kugeln weggeworfen, Johnny«, sagte ich.
    »Was?«
    »Unterwegs habe ich sie eine nach der anderen in irgendwelche Mülleimer geworfen. Ich wusste, dass ich Sie nicht töten könnte. Ich wusste, dass ich Joelle nicht zurückbekommen würde.«
    »Halt!«, rief da jemand.
    Johnny fuhr herum, und die ausgestreckte Pistole fuhr mit ihm. Im gleichen Moment sahen wir die Polizisten. Sie eröffneten das Feuer und trafen Johnny Fry siebzehnmal.
     
     
    Holland Dollar kam abends in die Polizeiwache. Diesmal wurde ich nur befragt.
    Ich erzählte der Polizei fast die ganze Wahrheit: Meine Freundin habe mich zu sich bestellt, um mir zu sagen, dass sie eine offene Beziehung mit Fry anfangen wolle. Ich hätte dann auf Johnny gewartet, um ihm zu sagen, dass ich über alles Bescheid wisse und darüber absolut nicht glücklich sei. Darauf habe er die Pistole gezogen und mich bedroht. Ich hätte allerdings nicht angenommen, dass er schießen würde.

 
    Ein paar Tage lang saß ich in meiner Wohnung und fragte mich, ob ich es war, der Johnny Fry getötet hatte. Ich dachte über meine Motive nach und sah tief in mein Herz. Ich kann nicht sagen, dass ich den Mann gemocht hätte – die Lehren, die er mir verpasst hatte, waren unnötig und überflüssig. Er hatte mich erniedrigt und über mein Unvermögen gelacht, doch am Ende hatte ich ihn nicht mehr töten wollen.
    Meine Waffe war leer gewesen, und ich hatte nicht damit gerechnet, Johnny bei Jo anzutreffen. Wäre sie noch einmal aus ihrem Schlafzimmer gekommen, hätte ich ihr die Pistole geschenkt – als Ausdruck meiner tiefen Gefühle für sie.
    Und auf der Straße hatte ich auch nicht damit gerechnet, dass plötzlich die Polizei auftauchen oder Johnny mir die Pistole aus der geöffneten Hand nehmen würde.
    Vor einem ordentlichen Gericht würde man mich von jeglicher Schuld freisprechen, und auch der gesunde Menschenverstand konnte nicht anders urteilen.
    Aber es gab da einen Moment, der sich nicht wegdiskutieren ließ. Als der erste Schuss Johnny Fry traf, stieß er einen überraschten Grunzlaut aus, vielleicht war es auch ein Schmerzensschrei, und in diesem kurzen Augenblick empfand ich Befriedigung. Etwas in mir frohlockte über Johnnys bevorstehenden Abgang. Ich hatte die Polizei nicht gerufen, aber ich schrie auch nicht, sie sollten aufhören. Es hätte keinen Unterschied gemacht, hätte ich versucht, Johnny zu retten, aber die Tatsache, dass ich es gar nicht erst versucht hatte, bedeutete in gewisser Weise, dass ich geneigt gewesen war, ihn zu töten. So gesehen, bin ich schuldig, weil ich nichts gesagt habe, als ich die Stimme hätte erheben sollen. Gestorben wäre er sowieso, da bin ich mir sicher, aber das spricht mich nicht von meiner Schuld frei.
     
     

Mit Joelle habe ich nie wieder gesprochen. Vielleicht hasst sie mich, vielleicht auch nicht. Sie hat mehrfach angerufen, aber ich habe keine ihrer Nachrichten abgehört.
    Mit Cynthia spreche ich etwa einmal pro Woche, und Sisypha hat mich in drei Monaten dreimal besucht. Sie will ernsthaft meine Schwester sein und macht mich auf ihre Weise glücklich.
     
     
    Ich treffe mich mit diversen Frauen, um mit ihnen zu schlafen. Mit Linda und Monica, mit Lucy und auch mit Tita. Lucys Ausstellung war ein großer Erfolg. Ihre Stiftung hat dreihunderttausend Dollar eingenommen und konnte mit dem Geld ein Heim für afrikanische Waisenkinder finanzieren.
     
    Monicas Tochter Mozelle ist vom Lycee Francais angenommen worden.
    Ich weiß, dass ich bei all diesen Dingen nicht unbedingt geglänzt habe. Das meiste habe ich falsch gemacht und bin trotzdem damit durchgekommen. Aber ich weiß, dass Erlösung immer möglich ist und manchmal selbst noch die schmerzlichsten Entscheidungen ein gutes Ende zeitigen.
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