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Rabenschwärze: Das Mädchen aus Istland (German Edition)

Rabenschwärze: Das Mädchen aus Istland (German Edition)

Titel: Rabenschwärze: Das Mädchen aus Istland (German Edition)
Autoren: Markus Kammer
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und komme nie wieder. Hast du mich verstanden?“
    Elsa drehte ihm den Rücken zu und rollte sich unter ihrer Decke zusammen. Hoffentlich kam Romer bald zurück. Er kam wohl, doch sie hörte es nicht mehr, weil sie in einen tiefen, angenehmen Schlaf ohne Träume gefallen war. Nach einer Ewigkeit, so schien es ihr, wurde sie wieder wach und hörte, wie Romer und Anbar leise miteinander sprachen.
    „ Nein, es ist gut so. Ich frage mich nur, ob wir es rechtzeitig schaffen.“
    „ Wir sollten in Fährwest auf ein Schiff warten.“
    „ Das dauert viel zu lange.“
    „ Ich weiß. Aber du hast gesagt, der andere Weg ist zu gefährlich.“
    „ Ja. Wir könnten aufgehalten werden.“
    Elsa wartete, doch die beiden schienen sich ohne Worte geeinigt zu haben. Sie öffnete die Augen und schämte sich, weil sie in der Nacht geweint hatte.
    „ Ich hatte einen schlimmen Traum“, erklärte sie.
    „ Kein Wunder“, sagte Romer, „geh schnell und zieh dich an. Wir müssen weiter.“
     
    Es war nicht weit nach Fährwest. Doch die Stadt war groß. Nachdem sie die ersten Häuser erreicht hatten, gingen sie noch eine Stunde bis zur Stadtmitte. Es regnete, als sie ein Gasthaus betraten, das dunkel, verraucht und stickig war. Sie stiegen treppab, zwei Treppen, bis sie an den Ausschank kamen, in einem Kellerloch gelegen, in dem nur vereinzelt Kerzen brannten.
    „ Können wir nicht woanders hingehen?“, fragte Elsa.
    „ Nein“, sagte Romer und hielt auf den dicksten und hässlichsten Kerl zu, der hier unten zu finden war. Sicher hat der was mit Schiffen zu tun, dachte Elsa. Sie traute ihren Ohren kaum, als sie hörte, was Romer sagte.
    „ Das ist sie. Überrascht?“
    Der fette Mann starrte Elsa an. „Nein“, meinte er. „Bestimmt nicht.“
    „ Du erinnerst dich, was wir vereinbart haben?“
    Der Fette holte etwas aus seinem Mund und schleuderte es in eine dunkle Ecke. Er antwortete nicht.
    „ Wenn du sie nach Pönza bringst“, sagte Romer, „wirst du gut daran verdienen.“
    „ Nein, danke“, brummte der Fette.
    „ Gut, dann nehmen wir sie wieder mit.“
    Wieder keine Antwort.
    „ Was soll ich in Pönza?“, fragte Elsa. „Ich will nicht nach Pönza!“
    „ Weißt du überhaupt, wo Pönza ist?“, fragte Romer zurück.
    „ Nein.“
    „ Dann halt den Mund!“
    Das tat Elsa für eine Weile – so erschrocken war sie. Gerade wollte sie wieder losreden, da sah sie, wie der Fette einen Beutel aus der Tasche zog.
    „ Fünfhundert“, sagte er.
    Romer nahm den Beutel, machte ihn auf und goss die Münzen vor Anbar auf den Tisch.
    „ Zählen“, befahl er. An den Fetten gewandt, sagte er: „Tausend. Weniger geht nicht.“
    „ Was soll das?“, fragte Elsa. „Ihr könnt mich doch nicht verkaufen!“
    „ Woher habt ihr sie überhaupt?“, fragte der Fette. Elsas Widerspruch hatte sein Interesse geweckt.
    „ Vom König persönlich. Wir sind Mitglieder der Wache.“
    Der Fette prustete los, spuckte, übergab sich fast vor Lachen. Ganz plötzlich wurde er wieder still. „Na gut, ihr Jungs. Ich nehme sie. Für achthundert.“
    „ In Ordnung“, sagte Romer. Er packte Elsa am Kragen, damit sie nicht wegrennen konnte, und zog sie beiseite. Während Anbar die restlichen Münzen in Empfang nahm, prüfte und zählte, holte Romer ein dünnes Lederband hervor.
    „ Hier.“
    Er legte es in Elsas Hand und drückte ihre Finger zu einer Faust zusammen.
    „ Das hängst du dir um und nimmst es nicht ab, bis du in Pönza bist und wir uns wieder treffen.“
    „ Nie im Leben gehe ich mit dem!“, verkündete Elsa, doch Romer ließ sie stehen und ging mit Anbar fort, ohne sich nach ihr umzudrehen.
    „ Lasst die Kleine nicht aus den Augen!“, befahl der Fette zwei Männern im Hintergrund. Die Männer hatten einen Strick zur Hand, den sie Elsa um den Hals banden. Wie eine Ziege auf dem Wochenmarkt schleiften sie Elsa hinter sich her. Sie war zu schwach, um sich zu wehren. Sie stolperte hinter den Männern die Treppe hoch, hinaus auf die Straße, dem Hafen zu. Erst viel später öffnete sie ihre kalte, wie zu einem Krampf zusammengezogene Faust. Es war der falsche Moment: Das Lederband fiel auf den Schiffssteg und rollte mit seinem Anhänger über die Kante. Platsch!, machte es leise, als der Anhänger auf dem Wasser aufschlug. Auf dem Schiff wurde Elsa in einen Verschlag gesperrt, in dem sie weniger Platz hatte als ein Hund in seiner Hundehütte.

KAPITEL 2
     
    In der Nacht sah Elsa einen Stern. Er stand in dem winzigen Dreieck
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