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Rabenblut drängt (German Edition)

Rabenblut drängt (German Edition)

Titel: Rabenblut drängt (German Edition)
Autoren: Nikola Hotel
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paar Tage bei uns bleiben müssen, zumindest, bis wir wissen, dass ihr Zustand sich vollkommen stabilisiert hat«, unterbrach uns die Ärztin. Dann wandte sie sich an mich. »Sie kommen besser auch nach, damit wir uns ihre Bisswunde noch einmal genauer ansehen können.«
    Ich nickte.
    »Packen Sie ein paar Sachen zusammen und bringen Sie sie mit!« Sie drehte sich zu den Sanitätern um und gab weitere Anweisungen. Lara und Marek liefen voraus, um ihnen den Weg zu weisen. Timo drehte sich unschlüssig zu mir um.
    »Geh schon, Timo!«, sagte ich. »Ich komme sofort nach.«
     
    Als alle außer Sichtweite waren, warf ich noch einen Blick in den Wald. Ich fragte mich, wohin die Hunde wohl verschwunden waren, und ob dieser Verbrecher wohl jemals wieder auftauchen würde.
    Der Himmel war immer noch voller Dunst. Ich bemerkte eine Krähe, die sich auf dem Kadaver des Hundes niedergelassen hatte. Das Tier pickte beinahe lustlos an dem blutigen Schädel herum und flatterte mit einem Mal hoch in die Luft. Was hatte sie nur aufgescheucht? Verwundert horchte ich in den Wald und hörte laute Schreie.
    Diese Töne waren mir so vertraut. Voller böser Ahnungen setzten sich meine Füße in Bewegung, ohne dass ich es ihnen gesagt hätte. Eine Erinnerung überfiel mich. Eine Erinnerung an den Alptraum, der mich schon so oft gequält hatte.
    Schon bald sah ich die ersten schwarzgefiederten Vögel über mir. Wie in Panik flatterten sie durcheinander und krächzten heiser. Es waren so viele, dass ich keine Konturen erkennen konnte, sie bewegten sich wie ein riesiges schwarzgefiedertes Tuch.
    Als ich die Stelle erreichte, die sie umkreisten, sanken sie als dichter Teppich zur Erde, bedeckten den Waldboden fast vollständig. Immer mehr Raben stürzten aus dem Himmel herab, das Kreischen schwoll an.
    Dann bildete sich plötzlich eine Lücke in dem schwarzen Teppich, und was ich sah, ließ mich erschrocken aufkeuchen: Die helle Haut eines menschlichen Körpers hob sich fahl vom Erdboden ab. Ich wusste sofort, wer es war, obwohl ich nicht viel mehr erkennen konnte, als eine weiße, blutverschmierte Masse. Und dort, wo eigentlich ein Gesicht sein sollte, hatten die Tiere mit ihren harten Schnäbeln die Haut zerfetzt und ganze Stücke herausgerissen.
    Überall war Blut. Aber ich schrie nicht, wie ich es in meinem Traum getan hatte. Ich hatte heute schon so viel Schreckliches erlebt, das ich gar keine Kraft mehr dafür übrig hatte. Langsam wich ich zurück und verließ diesen scheußlichen Schauplatz, ohne noch einen weiteren Blick zurückzuwerfen.
    Du weißt nicht, was du willst! , hatte Sergius zu mir gesagt. Und ich stellte fest, dass er damit recht hatte.  
    Hatte ich das gewollt?

Väterschuld
     
     
     
    W ir wissen jetzt, welches Mittel Ihnen injiziert worden ist«, sagte Frau Dr. Mládek.
    Ich richtete mich in meinem Bett auf. Neben mir saß der General und tätschelte meine Hand. Sie war aschfahl im Gesicht und die Falten zogen tiefe Furchen in ihre Haut. Trotzdem klang ihre Stimme wie ein Bellen.
    »Also?«
    »Es handelt sich bei diesem Mittel um ein Pfeilgift. Es wird von den Indianern in Südamerika zur Jagd mit dem Blasrohr verwendet. Wir nennen es Curare .« Sie hielt inne, als wartete sie auf eine Reaktion. Aber ich hatte dieses Wort noch nie zuvor gehört.
    »Es würde jetzt zu weit führen, Ihnen die genaue Wirkungsweise zu beschreiben. Aber dieses Mittel blockiert bestimmte Andockstellen am Acetylcholinrezeptor und verhindert damit, dass es als Transmitter zwischen den motorischen Nerven und den Muskeln aktiv wird.«
    »Und was genau soll das bedeuten, junge Frau?« Der General hatte jegliche Geduld verbraucht.
    »Das bedeutet, dass Curare eine Muskellähmung verursacht, die auch auf die Atemmuskulatur übergreift. Einzig der Herzmuskel ist davon nicht betroffen. Ihre Freundin hat also das einzig Richtige getan, indem sie Sie so lange beatmet hat, bis die Wirkung des Giftes nachließ.«
    »Und was wäre passiert, wenn dieses Mädchen das nicht getan hätte?«
    »Nun, wenn die Atemmuskulatur gelähmt ist, tritt infolge des Atemstillstands nach wenigen Minuten der Tod ein.«
    Der General stieß ein Krächzen aus. »Und wie kann man, bitteschön, an ein solches Gift gelangen, frage ich Sie? Ist so etwas heutzutage in der Drogerie erhältlich?«
    »Natürlich nicht.« Die Ärztin rümpfte beleidigt die Nase. »Bis vor einigen Jahren wurde dieses Mittel noch in der Anästhesie als Muskelrelaxans benutzt. Aber aufgrund
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