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Quitt

Quitt

Titel: Quitt
Autoren: Theodor Fontane
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war, was jetzt auf jedem lastete. L'Hermite schritt auf und ab, die Hände à la Zouave in den weiten Beutelhosen, das Käppi zurück. Toby aber nahm ihn beiseit und fragte, was er zu dem allem denke.
    »Pas beaucoup de bien.«
    »Und was?«
    »La mort sans phrase.«
     
    Obadja faßte sich zuerst und gab, als er sah, daß Uncas, wie um die einzuschlagende Richtung anzugeben, immer wieder auf die Steinbrücke zulief, kurze Weisungen für das, was zunächst zu tun sei. Toby solle mit Shortarm und einem andern Indianer, Yellow Cat, von dem bekannt war, daß er wie eine Katze kletterte, zunächst nach dem Vorwerk aufbrechen und dort die weitere Führung an Kaulbars abtreten. Er, Obadja, so sehr er es wünsche, könne sich dem Zuge nicht anschließen, das würde nur Hindernisse schaffen.
    Und keine fünf Minuten mehr, so brach denn auch Toby mit den zwei Gefährten auf, Uncas abwechselnd vorantrabend und dann wieder an Tobys Seite. Von L'Hermites Begleitung war all die Zeit über mit keinem Worte die Rede gewesen, was in einer Art abergläubischen Vorstellung von seiten Obadjas seinen Grund hatte. L'Hermite, wenn es sich um Leben und Sterben handelte, hatte keine glückliche Hand, was niemandem klarer war als ihm selbst, weshalb er denn auch sein Ausgeschlossensein von dieser Expedition als etwas durchaus Selbstverständliches ansah und sich begnügte, sich Miss Ruth anzuschließen, als diese mit der alten Maruschka wieder die Treppe hinaufstieg. Oben angekommen aber trat er, statt in sein eigenes Zimmer, in das von Lehnert, um von hier aus – weil es den Blick auf das Gebirge hatte – dem Zug eine Weile nachzusehen. Eine gute Strecke konnt er es auch und sah deutlich, wie Uncas seine Freude bezeigte, daß man ihn endlich verstanden.
    »Ist noch Hoffnung...? Keine. Seine Geschicke haben sich erfüllt.«
    Es war vier Uhr, und die Sonne stieg eben herauf, als Toby mit seinen zwei Gefährten auf dem Vorwerk eintraf. Das Ehepaar Kaulbars war schon auf und nahm eben seinen Morgenkaffee.
    Kaulbars erhob sich sofort, um seines Herrn Sohn zu begrüßen und ihn zur Teilnahme am Frühstück einzuladen. Aber Toby dankte, nahm auch nicht Platz und beschränkte sich darauf, in aller Kürze mitzuteilen, um was sich's handle. Leider sah er nicht die Wirkung davon, auf die zu rechnen er ein Recht hatte, was ihn auf einen Augenblick ernstlich verdroß und doch eigentlich nicht verdrießen durfte. Leute hergeben und vorherbestimmte Tagesarbeit unterbrechen, das konnte bei Kaulbars in erster Reihe nur Verstimmung wecken, weil er ganz und gar und in besonders hohem Grade zu jenen ausgesprochenen Bauer- und Landwirtsnaturen gehörte, die, wenn ihnen Vater und Mutter während der Ernte sterben, zunächst nur unter dem Gefühle stehen: Vater und Mutter hätten sich auch eine bessere Zeit aussuchen können. Als indessen dies erste selbstische Gefühl in unserem Kaulbars überwunden war, war er nicht bloß gutwillig, sondern vor allem auch umsichtig in all seinen Anordnungen und wählte neben allerlei Rettungsmaterial, das man mutmaßlich brauchen würde, zugleich drei seiner besten Leute zur Verstärkung des nun von ihm zu führenden Zuges aus. Auch eine Leiter samt einer Schütte Stroh nahm er mit, weil er, ganz im Gegensatze zu L'Hermite, der bestimmten Ansicht war, daß der Verunglückte, verwundet oder nicht, noch am Leben sein müsse; dreißig Stunden könne man's aushalten, und Tobys Bemerkung, daß Uncas ihn sicher erst verlassen habe, als es mit ihm vorbei gewesen, wollt er nicht gelten lassen. Der Hund sei klug, aber doch bloß ein Hund und eine unvernünftige Kreatur. »Und reden kann er doch am Ende nich.«
    Es war gegen sechs Uhr, als man oben war und eine kurze Rast nahm. Im Tale lag noch ein Nebel, aber dünn und niedrig, und man sah die Häuser von Nogat-Ehre, die mit ihren Dächern darüber hinausragten. Und da war wieder Station Darlington, und wo der Qualm schwarz über dem weißen Nebel hinzog, da kam der Zug heran, der große Expreßtrain von Galveston. Alles ließ sich deutlich erkennen. Aber es war nicht Zeit zu solchen Betrachtungen. Uncas, solange die Rast dauerte, jagte beständig hin und her, immer auf denselben Punkt zu, so daß Toby nun in aller Bestimmtheit wußte, wohin man die Schritte zu richten habe.
    »Er ist auf den Look-out hinaufgestiegen, um nach mir auszusehen. Und bei dem Aufstieg ist er verunglückt.«
    Auf den Look-out also schritten sie zu, Kaulbars voran. Und nur noch wenige Minuten, so waren sie
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