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Quitt

Quitt

Titel: Quitt
Autoren: Theodor Fontane
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seid nichts.
    In diesem Augenblicke tat Ruth einen Schrei; Shortarm war die Rampe heraufgekommen, atemlos, und auf Obadja zustürzend, warf er sich vor dem Alten aufs Knie und sagte: »Master Toby...«
    »Is dead?«
    »No, not dead; but he lost his way. We missed us. I couldn't find him.«
    Und nun erzählte er mit zitternder Stimme, daß Toby, dicht neben einem Vorsprung, auf einige dort auf dem Grat zusammengewürfelte Steintrümmer hinaufgestiegen, aber nach einer halben Stunde und länger noch immer nicht zurückgekommen sei. Auch kein Hilferuf. Nichts. Da sei er selber hinaufgeklettert. Aber kein Toby da. Tot könn er nicht sein. Denn es sei nicht hoch gewesen und keine Gefahr. Aber er sei weg. Er müsse sich in den Felsen oder weiter unten im Walde verirrt haben.
    Obadja rang nach Fassung. Seine Tage waren gezählt. Wenn das der Ausgang war, daß ihm Gott den Jungen nahm, den Erben, für den er gelebt hatte...
    Und sonst so ruhig und überlegen, war er jetzt wie ratlos und schritt auf und ab. »Ich will beten«, sprach er vor sich hin. »Aber Gebete... Gott will nicht bloß Gebete... Wir sollen auch tun, mittun. So will es Gott.
Dann
hilft er... Lehnert... Dear... Alles, alles.«
    Und dabei nahm er Lehnerts Hand.
    Und über Lehnerts Züge flog es wie ein Glanz von Glück, und er fühlte deutlich, der Tag, der über ihn entscheiden müsse, sei nun gekommen. Er ging auf Shortarm zu, riß ihm Gewehr und Jagdtasche von der Schulter und sagte: »Komm, Uncas!«
    Und vor Freude heulend, sprang das schöne Tier in die Höh und folgte dem voranschreitenden Lehnert.
    L'Hermite sah dem Freunde nach. »Ça ira...
Wird es
? Non.«
     

Vierunddreißigstes Kapitel
     
    Lehnert ging in starkem Schritt auf das Vorwerk zu, bog aber, eh er heran war, nach rechts hin in einen Querpfad ein, der, in seiner Verlängerung, fast parallel mit der an Fort O'Brien vorüberführenden Schlucht ins Gebirge hinaufstieg. Oben wollt er dann den Kamm entlang gehen und von den höchsten Punkten aus Umschau halten. Er war von einem festen Vertrauen erfüllt, daß er Toby finden würde, wenn nicht unterwegs, was freilich das wünschenswerteste, so doch in Nähe der weit vorspringenden Felspartie, die, wegen der mit Vorliebe darauf nistenden Adler, schon von alter Zeit her den Namen Eagles Point führte. Jeder Punkt an dieser Stelle war ihm, nach den vielen gemeinschaftlichen Jagdausflügen der letzten Monate, ziemlich genau bekannt, was aber sein Vertrauen noch stärkte, war der Umstand, daß, etwa tausend Schritt von Eagles Point entfernt, ein noch höherer Kegel aufragte, der kurzweg der Look-out hieß und nicht bloß wundervolle Fernblicke, sondern einen genauen und leichten Einblick in die nächstgelegenen Felspartien, am besten aber in die von Eagles Point gewährte. Von diesem Look-out aus mußt er Toby sehen oder ihn abrufen können, denn dieselbe klare Luft, die das Sehen erleichterte, trug auch den Schall fort. Er mußte ihn finden, und über den an Fort O'Brien vorüberführenden Weg wollt er dann mit ihm zurück... Aber wenn er ihn nicht fand? Er mochte den Gedanken nicht ausdenken.
    Es war um die siebente Stunde, daß er an der Stelle hielt, wo der Look-out-Kegel erst in mäßiger Schrägung, dann aber, einen Knick, eine Stufe machend, in beinah senkrechter Steile anstieg. Am Fuße der gesamten Felsmasse, Sockel wie Spitze, sprang ein Quell und fiel in einen ausgehöhlten Stein. Und hier bückte sich Lehnert, um zu trinken, und stieg dann den unteren Absatz bis zu dem Einknick hinauf. Er war müde geworden und hätte hier gern eine kleine Weile gerastet, um neue Kraft für die letzte und schwerste Strecke, den eigentlichen Kegel, zu sammeln; aber die Sonne stand schon tief, und so war denn keine Zeit mehr zu verlieren, wenn er noch, mit Hilfe des Tageslichts, einen leidlich guten Einblick in die Spalten und Klüfte haben wollte. So warf er denn die Jagdtasche beiseite, die ihm beim Klettern bloß hinderlich gewesen wäre, und stieg ohne Säumen höher hinauf. Uncas wollte mit. Es war aber zu steil und zu glatt für ihn, und unglücklich, seinem Herrn nicht folgen zu können, blieb er auf dem breiten Rande, den der Einknick bildete, zurück und legte sich mit vorgestreckten Pfoten neben die Jagdtasche. Daß er etwas zu hüten hatte, schien ihm ein Trost.
    Der Aufstieg ging besser, als von Lehnert erwartet war. Die Steile zeigte sich freilich beträchtlich, aber überall waren Spalten und Risse, die dem Fuß einen Halt gaben, und an mehr
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