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Querschläger

Querschläger

Titel: Querschläger
Autoren: Silvia Roth
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    Aus dem Mund von dieser Schlampe klingt das, als ob sie sagen würde: »Mit einer Vier bist du noch verdammt gut bedient, du gottverdammter Wichser.«
    Aber morgen wird sie ja nun also endlich selbst herausfinden, was dahintersteckt, hinter ihrer verfickten Transzendenz, und das ist definitiv viel früher, als ihr lieb ist!
    Dabei müsste sie mir im Grunde noch dankbar sein, dass ich ihr helfe, mal über ihren beschissenen Tellerrand hinauszugucken. Ich meine, was haben diese Scheißlehrer denn sonst für Möglichkeiten, um was vom wahren Leben mitzukriegen?! Die gehen von der Schule auf die Uni und von dort gleich wieder auf die Schule, und dann folgt ein total durchgeplantes Leben von acht bis eins, bis sie endlich so alt sind, wie sie sich schon immer gefühlt haben, und in Pension gehen können. Wie soll man sich da groß entwickeln!
    Und weil ihnen ihre private Krankenversicherung und die Aussicht auf eine üppige Pension leider nicht den Spaß am Leben ersetzt, mobben sie eben rum, sobald einer eine Idee hat, die aus dem hübschen, einzementierten Rahmen fällt, in dem sie sich ihr ganzes verficktes Leben lang bewegen. Aber keine Sorge, Ringstorff, wenn du Glück hast, wird’s vielleicht eine wirkliche und wahrhaftige Gotteserfahrung, die ich dir da morgen beschere, und wenn das keine Transzendenz ist, weiß ich’s auch nicht mehr!
    3
    Winnie Heller warf einen flüchtigen Blick über ihre Schulter, während sie sich durch das zuckende Gewimmel der Tanzenden kämpfte. Von Heino und Baranovic war nichts zu sehen, aber ein paar Meter hinter sich entdeckte sie den vierten Mann, der mit ihnen gekommen war. Ein dunkler, drahtiger Kerl mit einem akkurat gestutzten Bart wie bei Kevin Kurányi.
    Er will nur zufällig in dieselbe Richtung, versuchte sie, sich selbst zu beruhigen, aber es wollte ihr nicht gelingen. Ihr Instinkt sagte ihr, dass der Mann hinter ihr her war. Dass Heino sie gesehen und diesen Kerl beauftragt hatte, ihr zu folgen. Sie zur Rede zu stellen. Oder Schlimmeres …
    Sie ging schneller. Alle Vorsicht vergessend, schob und schubste sie sich zwischen den Feiernden hindurch.
    Der bogenartige Durchgang, über dem ein Neonschild mit den charakteristischen Symbolen für »Damen« und »Herren« prangte, mündete in einen nackten Flur. Im flackernden Licht, das von den Tanzflächen herüber schwappte, konnte Winnie Heller einen wuchtigen Zigarettenautomaten ausmachen und daneben einen, der offenbar Kondome enthielt. Dahinter dann die nächsten Schilder. Wieder grünes Neon. »Damen« und »Herren«.
    Ohne nach rechts und links zu blicken, stolperte sie weiter, der rettenden Toilettentür entgegen. Noch fünf Meter. Vier. Drei. Sie streckte die Hände aus und stieß die Tür auf, wobei sie nur mit Mühe der Versuchung widerstand, sich noch einmal nach dem Bartmann umzudrehen. Dann schlug ihr der Geruch von Parfüm, Schweiß und Desinfektionsmitteln entgegen. Unmittelbar vor ihr lag eine Wand voller schmieriger Spiegel, und die Spots an der niedrigen Decke tauchten den Raum in bläuliches, aggressives Neonlicht.
    Winnie Heller zuckte leise zusammen, als hinter ihr die Tür ins Schloss schnappte und den Lärm aussperrte. Zumindest einen Teil davon. Das junge Mädchen, das bei ihrem Eintreten an einem der Waschbecken gestanden hatte, warf ihr einen vernichtenden Blick zu und verschwand nach draußen, Richtung Tanzfläche. Offenbar fühlte sie sich durch die Anwesenheit einer zweiten Person gestört.
    Bleib hier, hätte Winnie Heller ihr am liebsten nachgerufen. Lass mich um Himmels willen nicht allein!
    Sie riss die Knöpfe ihrer Bluse auf und sah sich um. Jenseits eines türlosen Durchgangs befanden sich die Toiletten, zweimal acht Kabinen, einander gegenüber. Was für eine Verriegelung? Ihre Augen glitten über das fleckige Plastik. Ein Schloss? Ein richtiges, solides Schloss? … Nein, nein, nein, verdammt, nur einer von diesen Schiebern, der obendrein nicht besonders stabil aussah. Warum in aller Welt sparten diese sündhaft teuren Klubs eigentlich ausgerechnet bei den Klotüren?
    Beruhige dich, hierher kann er dir nicht folgen, hämmerte es hinter ihrer Stirn. Das kann er nicht riskieren. Oder doch? Winnie Heller presste sich dicht an die Wand, schlug die Tür der Kabine zu und schob den Riegel vor. Natürlich konnte er ihr folgen! Wer kümmerte sich heutzutage noch darum, wenn ein Mann in einer Damentoilette verschwand? Noch dazu an einem Ort wie diesem? Niemand, dachte sie und riss sich das Mikro
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