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Querschläger

Querschläger

Titel: Querschläger
Autoren: Silvia Roth
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wenigstens eine neue Spülmaschine …
    Die Beats der Musik brandeten mit unverminderter Wucht gegen ihren Tisch, und Winnie Heller malte ein Wellenmuster auf die Außenseite ihres Colaglases, das in der Hitze des Klubs beschlagen war. Dabei fiel ihr Blick auf den Ehering, den Auerbachs Leute ihr angesteckt hatten. Sie hatte sich für diesen Einsatz nicht nur filmstarmäßig angemalt, sondern sich obendrein auch noch die Fingernägel lackiert, und nun musste sie mit Entsetzen feststellen, dass der Lack an zwei Fingern der rechten Hand bereits wieder abblätterte. Etwas, das ihrem Flittchen selbstredend nie passieren würde, weil es Woche für Woche mehrere Stunden in einem billigen Nagelstudio verbrachte, um sich von einer plastikhaften Russin mit botoxunterspritzten Lippen die Krallen föhnen zu lassen, während es billigen Prosecco schlürfte und von künftigen Urlauben und Pelzmänteln und Spülmaschinen träumte.
    »Scheiß drauf«, murmelte Winnie Heller. Dann vergewisserte sie sich ein weiteres Mal, dass Heino Wer-auch-immer ihr zwischenzeitlich nicht vielleicht eine SMS geschickt hatte, um sie zu einem anderen, noch unangenehmeren Treffpunkt zu dirigieren, und steckte das Handy wieder ein.
    Ein junger Kerl um die zwanzig taumelte rückwärts auf sie zu. Erst als er gegen ihren Tisch prallte, drehte er sich um. Winnie Heller sah in seine Pupillen, die so weit waren, dass die Augen pechschwarz wirkten, und wartete auf eine Entschuldigung. Doch der Junge schien den Zusammenstoß nicht einmal bemerkt zu haben und torkelte bereits wieder in die entgegengesetzte Richtung davon. Sie blickte ihm nach, bis er wieder in der Masse der Tanzenden verschwunden war, und fragte sich, wann die Leute von der Security einschreiten und den Mann hinauskomplimentieren würden.
    Als sie gerade wieder nach ihrem Colaglas greifen wollte, hörte sie das Knacken des kabellosen Empfängers in ihrem Ohr.
    Winnie Heller fühlte, wie eine Welle von Adrenalin durch ihren Körper brandete, wie der Hormonschub sie von einer Sekunde auf die andere vollkommen wach machte und ihre Sinne schärfte. Die Musik um sie herum schien noch lauter zu werden. So laut, dass sie Mühe hatte, die Stimme in ihrem Ohr zu verstehen.
    »Zielperson biegt auf den Parkplatz ein«, meldete Mettlach. Der Kollege aus Auerbachs Team sollte gemeinsam mit einem weiteren Beamten die Vorderseite des Klubs im Auge behalten, während sein Vorgesetzter gemeinsam mit Verhoeven in einem zur mobilen Einsatzzentrale umgebauten Van wartete, der in einer nahe gelegenen Seitenstraße geparkt war. »Es ist ein dunkler BMW.«
    Gespannt lauschte Winnie Heller in die Stille, die dieser Meldung folgte.
    »Er steigt jetzt aus«, setzte Mettlach seinen Bericht fort, nachdem er Typ und Kennzeichen des BMW an die Zentrale weitergegeben hatte. »Aber … Augenblick! Er scheint nicht allein zu sein …«
    Das ist gegen die Abmachung, dachte Winnie Heller, indem sie ihre schweißnassen Hände an den Oberschenkeln ihrer Glitterjeans abwischte. Irgendetwas läuft hier schief! Die Erkenntnis verstärkte das Unbehagen, das bereits seit geraumer Zeit durch ihr Unterbewusstsein geisterte, und sie fühlte, wie ihr das Blut in den Kopf schoss.
    »Sie gehen auf den Eingang zu«, knarrte Mettlachs Stimme aus dem kaum erbsengroßen Knopf in ihrem Ohr, der obendrein mit einer Schicht hautfarbenen Latex überzogen war, damit er nicht auffiel. »Es sind vier Männer. Einer von ihnen ist … Ja, verdammt, einer ist Baranovic.«
    So ein verdammter Mist, fluchte Winnie Heller im Stillen, auch das noch! Milan, der Schreckliche. Das wird zu heiß. Die ganze Sache ist eine Nummer zu groß für uns, zumindest in dieser mickrigen Besetzung.
    Sie beugte sich noch ein wenig tiefer über ihr Glas, damit ihre Umgebung nicht mitbekam, dass sie in ihr Mikro sprach. »Was soll ich jetzt machen? Erbitte Instruktionen.«
    Es klang hölzern, was sie da sagte. Wie in einem schlechten Film.
    Der Knopf in ihrem Ohr knackte erneut. Und am liebsten hätte Winnie Heller einen Finger dagegen gelegt, um ihre Kollegen besser verstehen zu können. Aber sie unterließ es. Der Mann, mit dem sie verabredet war, musste jeden Augenblick durch die Tür kommen. Er und seine Begleiter. Und gerade jetzt, wo die Sache aus dem Ruder zu laufen drohte, durfte sie nichts tun, was irgendwie Verdacht erregte.
    »Abbruch!« Undeutlich, wie aus weiter Ferne, drang Verhoevens Stimme an ihr Ohr, was sie wunderte, denn eigentlich unterstanden sie in diesem
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