Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Quasikristalle: Roman (German Edition)

Quasikristalle: Roman (German Edition)

Titel: Quasikristalle: Roman (German Edition)
Autoren: Eva Menasse
Vom Netzwerk:
Daumen-hoch-Zeichen machte. Dann folgte sie ihrem Vater in das Saunahäuschen.
    Als sie zurückkamen, streckte Mama mit ungewohnten Schnalzlauten die Arme nach ihr aus, doch Judith ging vorbei, wich mit der Hüfte ein wenig aus und setzte sich.
    Möchte jemand noch eine Palatschinke, fragte Mama in die Stille, ich würde sie machen, ich will auch eine werfen, ich möchte gern wissen, ob ich es noch kann oder ob ich mich verwerfe, wäre das verwerflich? Sie kicherte.
    Du kannst es immer am besten, beschwichtigte Salome, das verlernt man doch nicht, aber sonst sagte keiner etwas, und niemand wollte mehr Palatschinken.
    Aber Heinz, fing Mama da noch einmal an, Französisch ist schön, ich hätte gerne richtig Französisch gekonnt, und Papa sah sie an und sagte, ja, Zsuzsa, ich weiß.
    Doch damit war ihm das Thema noch einmal aufgezwungen, und er begann zu predigen, kurz und scharf und leise, dass er es nicht schätze, bereits getroffene Entscheidungen in letzter Minute umzuwerfen.
    Denn ihr habt euch ja für eure alte Schule entschieden, sagte er und sah Xane an, damals im Jänner hat jeder sagen müssen, ob er bleiben will. Da hat euch das nicht interessiert. Deshalb aber ist das jetzt schon die zweite Entscheidung, die ihr in dieser Sache trefft, nicht die ›erste richtige‹, wie deine Mutter es verständnisvoll darstellt. Ich bin, und Judith weiß das genau, der festen Überzeugung, dass man zu Ende bringt, was man, ich betone: aus eigener Entscheidung, einmal angefangen hat, und dass es besser ist, früh mit Selbstdisziplin zu beginnen.
    Xane schluckte und schien den Tränen nahe. Die Arme, jetzt hatte sie sich so lange für Heinz’ beste Freundin gehalten.
    Aber man konnte hören, worauf es hinauslief: Er erlaubte es, er würde noch eine Weile Theater machen, aber am Ende würde er es erlauben, Xane und Judith wechselten die Schule, und Claudia blieb freiwillig zurück.
    Xanes Mutter zufolge war Claudia nämlich in Tränen ausgebrochen, als sie von Judiths und Xanes Entschluss hörte. Ihre Entscheidung jedoch sei so spontan wie eindeutig gewesen. Sie würde da bleiben, wo sie sich auskannte, bei der Frau Professor Fausch und den anderen Kindern; und dass man sich auf euch beide nicht verlassen kann, hat sie jetzt wohl begriffen, hatte Heinz gezischt, bevor er die Schnalle öffnete.
    Xane hatte gewonnen. Wie immer bekam sie alles, was sie wollte. Frau Molin hatte bereits die Anmeldeunterlagen besorgt, gleich zweimal, auch für Judith.
    Und Claudia waren sie los, obwohl man sich ja theoretisch weiterhin in Claudias und Xanes Wohnhaus treffen konnte. Xane und sie würden auf das Leopoldeum gehen, mitten in der Innenstadt, die Sitten, hörte man, seien dort viel lockerer, sie bräuchten kein blödes Altgriechisch zu lernen, alles würde neu und anders. Jetzt fehlte nur, sich zu freuen.
    Der Inhalt der Aluminiumkugel sah aus wie hundertjährige Schokolade, grau, trocken und bröselig. Judith zerrieb das Zeug mit den Fingern, über die vorbereiteten Tabakhäufchen, die sie mit der dünnsten Häkelnadel ihrer Mutter aus zwei Zigaretten geholt hatte. Xane saß am Boden, den Rücken gegen die Wand, die Knie aufgestellt und die Arme lang dazwischen. Wir müssen die Claudia anrufen, oder nicht, fragte sie, und Judith nickte. Sie schnitt ein Dreieck aus Papier und rollte es zu einem dünnen Trichter.
    Was für ein Aufwand, sagte Xane, macht man das so oder hast du dir das ausgedacht?
    Normal mit Zigarettenpapier, sagte sie, die Häkelnadel zwischen den Zähnen, und füllte den Tabak vorsichtig zurück in die hohlen Zigaretten, aber die wissen hier alle, dass mein Vater nur ›Milde Sorte‹ raucht.
    Später saßen sie im dunklen Garten, zogen abwechselnd an der ersten umgebauten Zigarette und danach an der zweiten. Schon vor dem ersten Zug mutmaßte Xane, dass der Typ da oben sie gewiss betrogen hatte, na, schauen wir einmal, was er dir da verkauft hat, dröhnte sie.
    Dass es keine getrocknete griechische Mulischeiße war, erkannte man genau daran, dass Xane auf solche Formulierungen kam.
    Betrug, kicherte Xane, ich hab’s dir gesagt, das wirkt überhaupt nicht.
    Und es schmeckt ekelhaft, sagte sie und hustete, sie lachte und schwadronierte, was Judith sich da habe andrehen lassen, Schokolade von der Großmutter dieses Typen, wahrscheinlich erst im Weinberg vergraben, Erdgärung, wie die Schweden mit den Fischen, wir rauchen Schokolade, hustete sie, wie es sich in unserem Alter gehört, Schokoladezigaretten oder
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher