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Quantum

Quantum

Titel: Quantum
Autoren: Hannu Rajaniemi
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fort. »Ich stehle, was ich
will und wann ich will. Und ich verlasse diesen Ort erst dann, wenn ich es
will, und keine Sekunde früher. Eigentlich gefällt es mir hier recht gut …« Die
Schmerzen lassen die Welt grell weiß werden, ich kann nichts mehr sehen. Ich
fange an zu lachen.
    Irgendwo in meinem Traum lacht jemand mit. Mein
Jean , sagt eine andere, sehr vertraute Stimme. O ja.
Den nehmen wir.
    Eine Hand aus Glas streift meine Wange genau in dem Moment, in dem
mein simuliertes Gehirn endgültig beschließt, es sei jetzt Zeit zu sterben.
    Mieli hält den toten Dieb in ihren Armen: Er hat kein Gewicht.
Die Pellegrini fließt wie Hitzeflimmern aus dem Pfirsichkern in das Gefängnis
und verdichtet sich zu einer hochgewachsenen Frau in einem weißen Kleid. Sie
trägt Diamanten um den Hals, das goldbraune Haar ist sorgfältig in Wellen
gelegt; sie wirkt jung und alt zugleich.
    So ist es schon besser , sagt sie. In deinem Kopf ist nicht genug Platz. Sie reckt wohlig die
Arme. Und jetzt müssen wir dich rausschaffen, bevor die
Kinder meines Bruders es bemerken. Ich habe hier noch etwas zu erledigen.
    Mieli fühlt geliehene Kräfte in sich wachsen und springt in die
Luft. Sie steigen immer höher, die Luft rauscht vorbei, und sie kommt sich vor,
als lebte sie wieder bei Großmutter Brihane und hätte Flügel. Bald liegt das
Gefängnis wie ein Gitter mit winzigen Feldern unter ihnen. Die Felder wechseln
die Farbe wie Pixel und bilden unendlich komplexe Muster aus Kooperation und
Verrat, wie Bilder …
    Kurz bevor Mieli und der Dieb den Himmel durchschweben, verwandelt
sich das Gefängnis in das lächelnde Gesicht der Pellegrini.
    Sterben ist, wie
    durch eine Wüste zu wandern und ans Stehlen zu
denken. Der Junge liegt im heißen Sand, lässt sich die Sonne auf den Rücken
brennen und sieht dem Roboter am Rand des Solarzellenfelds zu. Der Roboter
sieht aus wie eine Krabbe in Tarnfarben, ein Plastikspielzeug, aber in seinem
Inneren verbergen sich kostbare Dinge, für die der Einäugige Ijja gut bezahlen
wird. Und vielleicht , nur vielleicht wird ihn Tafalkait wieder als seinen Sohn anerkennen, wenn er wie
ein Mann der Familie …
    Ich wollte niemals in einem
    Gefängnis sterben, einem Dreckloch aus Beton und
Metall mit abgestandener Luft, bitterem Geruch und Schlägen. Die Lippe des
jungen Mannes ist aufgeplatzt und schmerzt. Er liest ein Buch über einen Mann,
der wie ein Gott ist. Ein Mann, der alles kann, was er will, der Kaisern und
Königen ihre Geheimnisse stiehlt, der über Regeln nur lacht, der sein Gesicht
verändern kann, der nur die Hand auszustrecken und nach Diamanten und nach
Frauen zu greifen braucht. Ein Mann mit dem Namen einer Blume.
    Ich hasse es so sehr, wenn sie mich fangen.
    … reißen ihn unsanft aus dem Sand. Der Soldat
schlägt ihm mit dem Handrücken ins Gesicht, und dann heben die andere ihre
Gewehre …
    … längst nicht so viel Spaß wie
    wenn man ein Bewusstsein aus Diamant bestiehlt.
Der Gott der Diebe versteckt sich in denkendem Staub, der von
Quantenverschränkungen zusammengehalten wird. Er erzählt dem Diamantbewusstsein
Lügen, bis es ihn für einen seiner eigenen Gedanken hält und ihn einlässt. hinauf

    Die Leute, die viele sind, haben Welten
geschaffen, die glitzern und leuchten, so als wären sie nur für ihn gemacht,
und er bräuchte nur die Hand auszustrecken und sie aufzuheben
    Es ist wie sterben. Und auszubrechen ist wie
    ein Schlüssel dreht sich im Schloss. Das
Metallgitter gleitet beiseite. Eine Göttin tritt ein und erklärt ihm, er sei
frei.
    geboren werden.
    Die Seiten des Buches werden umgeblättert.
    Ein tiefer Atemzug. Alles schmerzt. Die Größenverhältnisse
stimmen nicht. Ich halte mir mit riesigen Händen die Augen zu. Bei der
Berührung zuckt ein Blitz auf. Meine Muskeln sind ein Netz aus Stahlseilen.
Schleim in der Nase. Ein Loch im Magen, es brennt und rumort.
    Konzentriere dich ! Ich forme aus dem
sensorischen Lärm einen Felsen, wie sie auf der Argyre Planitia liegen, groß,
unförmig und glatt. Dann lege ich mich im Geist auf ein feines Netz und fließe
durch die Maschen, zerfalle zu feinem rotem Sand und riesle einfach durch. Der
Felsen kann nicht folgen.
    Plötzlich herrscht wieder Stille. Ich horche auf meinen Herzschlag.
Er ist unglaublich gleichmäßig: jeder Schlag wie das
Ticken eines vollkommenen Mechanismus.
    Schwacher Blütenduft. Luftströmungen bewegen die Härchen auf meinen
Unterarmen und anderswo – ich bin immer noch nackt.
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