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Puppenspiele

Puppenspiele

Titel: Puppenspiele
Autoren: Marina Heib
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waren die Polizisten im Fahrstuhl auf dem Weg nach oben, lief der Concierge zur Rückseite des Gebäudes, um zu tun, was ihm aufgetragen worden war. Er war vollständig verschreckt, als durch den Hintereingang vier Frauen hereinkamen – allen voran eine kleine Person mit einer Waffe im Anschlag.
     
    Da Gefahr im Verzug war, klingelte Christian nicht an Wedekinds Apartment oder machte sonst wie auf den Einsatz aufmerksam. Leise schloss er die Tür auf. Ebenso leise drang er, flankiert von Hannes und Patrick, in die Wohnung ein. Schon im Eingangsbereich hörten sie unterdrückte Schreie. Nach allen Seiten sichernd begaben sie sich in Richtung Wohnzimmer. Dort stießen sie auf Niklas, der mit der linken Hand Clarissa Wedekind wie eine Puppe an den Haaren hinter sich herschleifte. Den Mund hatte er ihr mit Paketband verklebt. In der rechten Hand hielt er ein großes Fleischmesser.
    Als er Christian und die beiden anderen Beamten mit vorgehaltener Waffe bemerkte, ließ er Clarissa fallen. Ihr Kopf prallte mit einem dumpfen Geräusch auf das Parkett. Clarissa blieb wimmernd liegen. Niklas sah Christian abwartend an. Sein Blick war unergründlich.
    Christian bat Patrick und Hannes, Clarissa Wedekind vorläufig festzunehmen und ihn ein paar Minuten allein zu lassen. Er würde mit Niklas Schmitt gleich nachkommen. Die beiden Düsseldorfer verstanden. Ohne ein weiteres Wort halfen sie Clarissa auf und führten sie hinaus. Sie gab keinen Laut von sich, zitterte jedoch wie Espenlaub. Die Tür zu Clarissas Apartment zogen sie hinter sich zu.
    Christian war mit Niklas allein. Er konnte keine Zuschauer gebrauchen. Mit entsicherter Waffe zielte er auf Niklas’ Kopf. »Wo ist Karen?«
    Niklas lächelte ihn charmant an. »Einen wunderschönen guten Abend, Kommissar Beyer. Ich nehme doch an, dass Sie es sind? Karen hält große Stücke auf Sie. Sie hat mir geschworen, dass Sie mich kriegen werden.«
    »Was hast du mit ihr gemacht, du krankes Schwein?« Christians Hand zitterte. Vor Wut. Vor Angst. Er wollte die Antwort nicht hören.
    Ein Schlüssel wurde in der Wohnungstür gedreht. Überrascht senkte Christian seine Waffe, ließ Niklas jedoch nicht aus den Augen. »Hannes? Patrick? Ich bin noch nicht fertig!«
    Doch nicht seine Kollegen, sondern Petra Rahnberg und Sybille Weininger traten langsam neben ihn. Sie hatten Evelyn Koppers Schlüssel benutzt und keuchten ein wenig, denn sie waren über den Treppenaufgang gekommen, um der Gefahr, von Polizisten am Fahrstuhl aufgehalten zu werden, zu entgehen. Sybilles Gesicht war von hektischen roten Flecken übersät, dafür war Petras Miene weiß wie Schnee. Das ganze Blut schien aus ihr gewichen. Beide starrten mit einer Mischung aus Hass und Abscheu den Mörder ihrer Töchter an. Sybille hatte ihre Pistole im Anschlag und zielte auf Niklas, wie es Christian gerade selbst noch getan hatte. Ihre Hand zitterte.
    »Raus hier!«, zischte Christian.
    Sybille würdigte ihn keines Blickes. Sie fixierte Niklas: »Du hast unsere Töchter umgebracht. Dafür werden wir dich jetzt erschießen. Mit vier Kugeln. Eine für Mira. Eine für Katrin, eine für Sarah und eine für Sandrine.«
     
    Frau Lacour war mit Evelyn Kopper unten geblieben. Ihr Kreislauf war zusammengesackt, ihre Nerven flatterten. Sie saß auf einem Sessel in der Lobby und trank ein Glas Wasser, das ihr der ratlose Concierge brachte. Als Hannes und Patrick mit Clarissa Wedekind aus dem Fahrstuhl ins Foyer traten, um sie zu dem draußen bereitstehenden Einsatzwagen zu führen, stürzte sich Evelyn auf ihre Schwester. Hannes und Patrick mussten alle Mühe aufwenden, Clarissa Wedekind vor Evelyn Koppers ohnmächtiger Wut zu schützen. Das Gerangel zog sich bis auf die Straße hin, wo auch Kratz inzwischen angelangt war. Die Verstärkung kam mit zwei Streifenwagen an.
     
    Christian sah, dass Sybille Weininger nicht ansprechbar war. Starr fixierte sie Niklas. Ihre Hand zitterte weiterhin, doch es stand außer Frage, dass sie entschlossen war, ihre Waffe zu benutzen. Christian stand zu weit weg von Sybille, um sie ohne Risiko zu entwaffnen. Er wandte sich flehend an Petra Rahnberg: »Petra, bitte! Wenn ihr ihn jetzt erschießt, werde ich nie erfahren, wo meine Kollegin Karen ist! Vielleicht lebt sie noch! Wollt ihr ein weiteres Opfer zulassen?«
    Petra kämpfte mit sich. Auch sie wollte Niklas sterben sehen, auch sie wollte eine Kugel in seinen Körper jagen. Doch dann nickte sie langsam. Sie ging zu Sybille und legte ihr bestimmend die
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