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Puppenrache

Puppenrache

Titel: Puppenrache
Autoren: Manuela Martini
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VW-Bus angekommen waren, er ihr die Tür aufschloss und sie sich auf den Beifahrersitz fallen ließ. Als er dann losfuhr, musste sie plötzlich weinen.
    »Hey, Sweetie, es ist okay, es ist alles okay.« Er legte den Arm um sie. »Wir fahren heim. Wein nur, es wird alles gut.«
    Sie schmiegte sich in seinen Arm und roch seinen Duft. So gern würde sie ihm glauben, so gern.
    Aber sie wusste, dass es nie gut werden würde.
    Stephen wollte noch unter die Dusche, nachdem sie nach Hause gekommen waren. Sie wartete, bis sie im Bad das Wasser laufen hörte, dann eilte sie ins Schlafzimmer, zog die oberste Schublade der wackligen Kommode auf und tastete unter ihrer Unterwäsche nach dem geheimen Handy. Das Wasser lief immer noch. Sie schaltete es an und drückte auf die Kurzwahltaste. Nach vier Freizeichen meldete sich eine Frauenstimme. »Ja bitte?«
    »Ich muss mit Dave sprechen.«
    »Dave ist nicht mehr bei uns.«
    »Was?« Ihre Hände begannen schon wieder zu zittern. »Aber warum?« Sie schrie fast und erschrak. Aber im Bad lief noch immer das Wasser.
    »Kann Ihnen jemand anders weiterhelfen?«, fragte die Frau.
    »Ja, Nate.«
    »Einen Moment.«
    Sara wartete, lauschte auf die Geräusche aus dem Badezimmer.
    »Hallo, sind Sie noch da? Nate ist im Moment nicht erreichbar. Soll ich ihm ausrichten, dass er Sie anrufen soll?«
    Im Bad war es still.
    »Nein!« Hastig drückte sie die rote Taste und versteckte das Telefon wieder unter ihrer Unterwäsche. Auf einmal wusste sie nicht mehr weiter. Und wenn doch alles nur Einbildung war? So wie damals das eine Mal? Sollte sie die Klinik anrufen? Sich einweisen lassen?
    Sie ließ sich auf die Bettkante sinken. Aber… wenn es keine Einbildung war, dann… dann wüsste er auch bald, wo sie wohnte.
    Stephen legte sich zu ihr. Ja, sie mochte ihn, bei ihm fand sie Schutz, Geborgenheit und manchmal auch ein bisschen Vergessen. Aber sie konnte nie wirklich loslassen.
    »Das Wichtigste ist, dass du wieder lernst, einem Menschen zu vertrauen.« Das war auch einer der klugen Sätze in der Therapie gewesen. Sie vertraute Stephen ja, aber… aber sie traute sich nicht. Sobald sie sich in Sicherheit wiegte, stiegen die Bilder in ihr auf.
    Sie sehnte sich nach seiner Nähe, liebte seine Berührungen. Er war so zärtlich. Und doch passierte es immer wieder, dass sie zusammenzuckte, wenn er näher an sie heranrutschte, dass sich ihr Körper versteifte, wenn er sie anfasste. Er fragte manchmal, ob alles okay für sie sei. Immer bemerkte er es, keine noch so kleine Reaktion von ihrer Seite schien ihm zu entgehen. Das waren die schwersten Momente. Doch ihr blieb nichts anderes übrig, als zu nicken und Stress in der Arbeit oder Kopfweh vorzuschieben. Sie fühlte sich so schäbig. In diesen Momenten besonders.
    Als er eingeschlafen war, lauschte sie seinem Atem und starrte in die graue Düsternis. Draußen war es ruhiger geworden, nur noch hin und wieder donnerte ein Lkw vorbei. Schließlich stand sie auf, ging in die Küche und trank ein Glas kalte Milch. Das beruhigte sie. Sie hatte Milch schon immer gemocht. Selbst, als sie bereits größer war, hatte ihre Mutter ihr abends oft eine Tasse ans Bett gebracht…
    Als sie sich wieder hinlegte, schmiegte sie sich an Stephen, atmete tief seinen Duft ein, damit sie sich immer an ihn erinnerte, egal, was passierte.

4
    Er war zum Auto zurückgegangen, hatte sich reingesetzt, das Fenster heruntergefahren und sich eine Zigarette angesteckt. Das war ein Spaß gewesen, da drin! Hab ich dich doch gefunden, Puppe!, dachte er zufrieden. Und ihr Gesicht dabei! Wie eine angestochene Sau!
    Mann, Mann! Er schüttelte grinsend den Kopf und sah den Rauchkringeln nach, die in die Nacht schwebten. Wie dunkel es hier war. Das kannte er gar nicht mehr. Keine gleißenden Scheinwerfer, keine Bewegungsmelder… bloß ein paar Straßenlaternen an der Ecke. Er streckte den Kopf aus dem Fenster und sah in den Nachthimmel. Das Dröhnen aus den Bars klang wie aus weiter Ferne. Ihm summten jetzt noch die Ohren. Nichts mehr gewöhnt!, dachte er und warf die Kippe aus dem Fenster auf den Bürgersteig. Mann, das Leben konnte so einfach sein.
    Allerdings – er hätte da drin ja schon gern ein bisschen Spaß gehabt. Da waren ein paar Bräute gewesen, die er nicht übel fand, an die hätte er sich gerne rangemacht. Aber er durfte kein Risiko eingehen, das wusste er. Das machte leider überhaupt keinen Spaß. Er fühlte sich so… so aufgeheizt…
    Er zündete sich eine neue Zigarette
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