Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Puppenrache

Puppenrache

Titel: Puppenrache
Autoren: Manuela Martini
Vom Netzwerk:
deine Mom noch, ich bin einfach mit ihrem Geld abgehauen und hab mir einen schönen Abend gemacht.« Unauffällig tippte er in der Hosentasche auf sein Handy, dass es einen Probeklingelton spielte. »Entschuldige!« Er hielt das Handy ans Ohr.
    »Ja, okay, wo? Ja, ist in Ordnung. Ich denke mal… in einer halben Stunde? Und wohin möchten Sie? Surry Hills. Okay, kein Problem, ich bin pünktlich.« Er steckte das Handy weg.
    Oh, wie die winzigen Rädchen in ihrem kleinen, süßen Köpfchen ratterten!
    »Viel los heute! Mann, wie sollen die Leute auch nach Hause kommen? Bezahlung hin oder her, aber ich finde, man hat eine Verantwortung als Taxifahrer.« Er lächelte wieder. »Also, hier entlang.« Er wies die Straße hinauf zu seinem Auto.
    Sie folgte ihm, wenn auch etwas zögerlich, aber seine Handytour und diese Sache mit der Berufsehre hatten wohl gewirkt…
    »Aber das…« Sie blieb plötzlich stehen, anstatt einzusteigen, wo er ihr doch schon die Tür aufhielt. »Das ist ja gar kein…«
    ». . . gar kein Taxi?« Er lachte. »Natürlich nicht, was glaubst du, was die Kollegen aus mir machen, wenn sie mich in meinem Dienstwagen sehen würden? Hackfleisch! Das ist natürlich ein Privatwagen.«
    Irgendwas war wohl nicht ganz überzeugend, jedenfalls stieg sie noch immer nicht ein. Noch einen Versuch, dachte er, dann ziehen wir andere Saiten auf.
    »Tess, ich dachte, deine Mutter hätte dir Bescheid gesagt, dass ein Taxi hier auf dich wartet – zumindest hat sie mir am Telefon gesagt, dass sie dich erreichen will. Also, wir müssen echt los oder ich muss dich hier stehen lassen, mein anderer Kunde wartet vor der Oper am Hafen und das ist noch ein ziemlich langer Weg bis…«
    Endlich nickte sie, stieg ein und er warf die Tür zu. So ganz behaglich war ihr nicht zumute, merkte er, aber jetzt war sie drin. Er stieg auch ein, startete den Motor, fuhr los – und verriegelte die Türen.
    »Ich bin letzte Woche hier in der Oxford Street überfallen worden. Von einem verdammten Junkie. Seitdem geh ich auf Nummer sicher.«
    Sie nickte wieder. Er lächelte. Mann, war das ein Spaß! Und er hatte noch nicht mal richtig angefangen…
    Als sie anfing, Fragen zu stellen: »Wie hat meine Mutter denn von dem Taxistreik erfahren?«, und auf dumme Ideen zu kommen: »Ich ruf sie schon mal an und sag ihr, dass wir unterwegs sind«, bog er in die Einfahrt der Lagerhalle ein.
    »Aber… was machen wir denn hier?«, ließ er sie noch fragen, dann schaltete er die Scheinwerfer aus und zog ihren Kopf zu sich herüber. »Dreimal darfst du raten, Tessie.«
    Ihr Blick, die Augen, der offene Mund! Schon dafür lohnte es sich – beinahe.
    »Jetzt komm schon, stell dich nicht so an, je weniger du dich sträubst, umso leichter ist es. Glaub mir. Ich hab Erfahrung.«
    Dann machte er seinen Reißverschluss auf.
    Am Morgen, als Stephen ihr einen Kuss gab, schloss sie die Augen. Auch diesen Kuss wollte sie niemals vergessen.
    »Bis heute Abend!«, rief er ihr zum Abschied zu.
    »Pass auf dich auf«, sagte sie.
    Die Tür fiel ins Schloss und sie hörte, wie sich auf der Treppe seine Schritte entfernten. Sie stand auf und ging wie immer zum Fenster und sah hinunter.
    Zäh floss der Verkehr unten auf der Straße vorbei, auf allen vier Spuren, die einen wollten in die Stadt, die anderen hinaus. Die einen waren Pendler, die anderen auf dem Weg in den Süden oder in den Norden des Landes. Jetzt kam Stephen aus dem Hauseingang. Er drehte sich um und sah zu ihr hinauf, wie immer. Und sie winkte ihm zu, wie immer.
    Er wusste nicht, dass es zum letzten Mal war, und lachte. Sie sah ihm zu, wie er sich zwischen den Autos den Weg über die Straße bahnte, und über den Parkplatz ging, zur vierten Reihe, wo der grüne VW-Bus stand.
    Sie sah ihm zu, wie er aufschloss, einstieg, rückwärts aus der Parklücke rangierte und sich dann in den Verkehr Richtung Innenstadt einfädelte.
    Manchmal stand sie noch eine ganze Weile da am Fenster und träumte von einem anderen Leben. Von dem, wie es vielleicht hätte werden können. Vielleicht wäre sie wie Amber aufs College gegangen, bestimmt wäre sie an den Wochenenden mit ihr und anderen Freunden ausgegangen. Und sie wäre wie immer der Mittelpunkt gewesen. Weil sie so lustig war, immer gut gelaunt, weil es mit ihr nie langweilig war, weil sie immer Ideen hatte. Weil sie nicht gern zu Hause hockte, sondern voller Energie war. Früher zumindest war sie so gewesen…
    Stephens VW-Bus war hinter der Kurve verschwunden, sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher