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Punktlandung in Sachen Liebe (German Edition)

Punktlandung in Sachen Liebe (German Edition)

Titel: Punktlandung in Sachen Liebe (German Edition)
Autoren: Jennifer E. Smith
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werden. Und das kann Hadley gut verstehen, also nickt sie schließlich zustimmend, er neigt den Koffer nach vorn auf die Räder, und sie gehen los.

2
    19:12
    EASTERN STANDARD TIME
    00:12
    GREENWICH MEAN TIME
    Eine Ansage kommt über die Lautsprecher, dass bei einem Flug noch ein Passagier fehlt, und Hadley kann nicht verhindern, dass sich ein Gedanke in ihren Kopf schleicht: Und wenn sie nun selbst ihren Flug schwänzen würde? Doch als könnte er ihre Gedanken lesen, schaut der Junge vor ihr sich kurz um, will sichergehen, dass sie noch da ist, und sie merkt, wie dankbar sie ist, ausgerechnet an diesem Tag Gesellschaft zu haben, auch wenn sie so unerwartet kommt.
    Sie gehen an einer Reihe Gitterfenster vorbei, durch die man das Rollfeld sieht, wo die Maschinen aufgereiht stehen wie Wagen eines Festumzugs, und Hadleys Herz schlägt schneller beim Gedanken, bald eine davon besteigen zu müssen. Von allen engen, geschlossenen Räumen auf der Welt, von allen Ecken und Winkeln und Löchern lässt sie nichts so sehr erzittern wie der Anblick eines Flugzeugs.
    Es war letztes Jahr, als es zum ersten Mal passierte, diese schwindelnde Angst, eine herzrasende, magenkrampfende Panik. In einem Hotelzimmer in Aspen, bei heftigem, schwerem Schneefall vorm Fenster, als ihr Vater im Nebenzimmer telefonierte, da hatte sie plötzlich das Gefühl, dass die Wände zu nah waren und immer näher kamen wie ein langsamer, aber stetig wandernder Gletscher. Sie versuchte, ruhig und gleichmäßig zu atmen, während das Herz ihr so laut in den Ohren pochte, dass es fast die gedämpfte Stimme ihres Vaters jenseits der Wand übertönte.
    »Ja«, hörte sie ihn sagen, »und heute Nacht soll es noch mal fünfzehn Zentimeter geben, morgen haben wir also perfekte Bedingungen.«
    Sie waren schon zwei ganze Tage in Aspen gewesen und hatten sich sehr bemüht, diese Frühjahrsferien wie alle anderen scheinen zu lassen. Jeden Morgen standen sie früh auf und brachen zum Berg auf, bevor die Pisten zu voll wurden, danach saßen sie mit ihren Bechern heißer Schokolade in der Hütte, abends spielten sie vorm Kamin Brettspiele. Aber in Wirklichkeit waren sie so darauf bedacht, nicht über Moms Abwesenheit zu reden, dass sie beide an überhaupt nichts anderes denken konnten.
    Außerdem war Hadley ja nicht blöd. Man ging nicht für ein Semester nach Oxford, unterrichtete Lyrikseminare und beschloss dann plötzlich ohne vernünftigen Grund, sich scheiden zu lassen. Obwohl Mom kein Sterbenswörtchen darüber verloren hatte, im Grunde überhaupt kein Wort mehr über das Thema Dad sprach, wusste Hadley, es musste an einer anderen Frau liegen.
    Sie hatte vorgehabt, ihn im Skiurlaub darauf anzusprechen, gleich beim Aussteigen aus dem Flugzeug mit anklagend erhobenem Zeigefinger auf ihn loszugehen und zu fragen, wieso er nicht wieder nach Hause kam. Aber als sie zur Gepäckausgabe kam, wo er auf sie wartete, da sah er total anders aus, hatte einen rötlichen Vollbart, der gar nicht zu seinem Haar passte, und lächelte so breit, dass sie seine Kronen sehen konnte. Bloß sechs Monate hatten sie sich nicht gesehen, doch in dieser Zeit war er fast ein Fremder geworden, und erst als er sich herunterbeugte, um sie zu umarmen, kehrte sein altes Selbst zurück. Er roch nach Zigarettenrauch und Aftershave, seine Reibeisenstimme flüsterte ihr ins Ohr, wie sehr er sie vermisst habe. Und irgendwie war das noch schlimmer. Letztlich sind es nicht die Veränderungen, die einem das Herz brechen, sondern die vertrauten Eigenarten.
    Also hatte sie gekniffen und stattdessen die ersten beiden Tage abgewartet und beobachtet, versucht, seine Gesichtsfalten wie eine Landkarte zu lesen, nach Hinweisen geforscht, die erklären konnten, wieso ihre kleine Familie so unverhofft zerbrochen war. Als er im letzten Herbst nach Oxford gegangen war, hatten sie das alle aufregend gefunden. Bis dahin war er Professor an einem kleinen Mittelklasse-College in Connecticut gewesen, darum war die Verlockung eines Forschungsstipendiums in Oxford – an einer der besten Literaturfakultäten der Welt – unwiderstehlich. Aber Hadley hatte gerade ihr zweites Highschool-Jahr angefangen, und Mom konnte ihr kleines Tapetengeschäft nicht vier Monate lang sich selbst überlassen, also hatten sie beschlossen, dass sie beide bis Weihnachten zu Hause bleiben und ihn dann für zwei Wochen Sightseeing besuchen würden – danach wollten sie alle zusammen nach Hause zurückkehren.
    Dazu war es natürlich nie
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