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Punktlandung in Sachen Liebe (German Edition)

Punktlandung in Sachen Liebe (German Edition)

Titel: Punktlandung in Sachen Liebe (German Edition)
Autoren: Jennifer E. Smith
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ist es fast Mitternacht, und als er endlich abnimmt, klingt seine Stimme schwer von Schlaf oder Alkohol oder vielleicht beidem.
    »Hadley?«
    »Ich habe meinen Flug verpasst«, sagt sie in dem knappen Tonfall, den sie ihrem Vater gegenüber in letzter Zeit ganz von allein anschlägt, ein Nebeneffekt ihrer allgemeinen Missbilligung.
    »Was?«
    Sie seufzt und wiederholt: »Ich habe meinen Flug verpasst.«
    Im Hintergrund kann Hadley Charlotte murmeln hören, und etwas flammt in ihr auf, eine plötzliche Wut. Seit Dad dieser Frau einen Antrag gemacht hat, kommen ständig zuckersüße Mails von ihr. Sie erzählt von ihren Hochzeitsvorbereitungen, schickt Fotos von der Parisreise und flehentliche Gesuche, dass Hadley doch bitte an der Feier teilnehmen möge, immer mit einem übermotivierten xxoo unterzeichnet (als würde ein Kuss und eine Umarmung nicht reichen). Und trotzdem hat Hadley vor einem Jahr und sechsundneunzig Tagen beschlossen, sie zu hassen, und es braucht viel mehr als die Berufung zur Brautjungfer, um das zu revidieren.
    »Und«, sagt Dad, »hast du einen anderen gekriegt?«
    »Ja, aber der kommt erst um zehn an.«
    »Morgen?«
    »Nein, heute Abend«, sagt sie. »Ich fliege auf einem Kometen.«
    Dad geht nicht weiter darauf ein. »Das ist zu spät. So kurz vorm Gottesdienst. Dann kann ich dich nicht abholen«, sagt er, und man hört gedämpfte Geräusche, als er den Hörer zuhält, um mit Charlotte zu flüstern. »Tante Marilyn müsste dich eigentlich abholen können.«
    »Wer ist Tante Marilyn?«
    »Charlottes Tante.«
    »Ich bin siebzehn«, erinnert Hadley ihn. »Ich bin ziemlich sicher, dass ich es schaffe, mir ein Taxi zur Kirche zu nehmen.«
    »Ich weiß nicht«, sagt Dad. »Du bist zum ersten Mal in London …« Seine Stimme verebbt, dann räuspert er sich. »Meinst du, deine Mutter hätte nichts dagegen?«
    »Mom ist nicht mit«, sagt Hadley. »Ich glaube, sie war bei der ersten Hochzeit dabei.«
    Schweigen am anderen Ende der Leitung.
    »Ist schon in Ordnung, Dad. Wir sehen uns morgen in der Kirche. Hoffentlich komme ich nicht allzu spät.«
    »Okay«, sagt er leise. »Ich kann es kaum erwarten, dich zu sehen.«
    »Ja«, sagt sie, denn sie bringt es nicht über sich, das Gleiche zu erwidern. »Bis morgen.«
    Erst nach dem Auflegen merkt Hadley, dass sie nicht mal gefragt hat, wie das Dinner denn gelaufen ist. Sie weiß auch gar nicht, ob sie das so genau wissen will.
    Einen langen Augenblick bleibt sie einfach so stehen, das Handy fest umklammert, und versucht nicht daran zu denken, was sie alles auf der anderen Seite des Atlantiks erwartet. Vom Buttergeruch eines nahen Brezelstands wird ihr leicht übel, und am liebsten würde sie sich hinsetzen, aber der Flugsteig ist voller Passagiere, die von überall hierher geströmt sind. Es ist das Wochenende des vierten Juli, des Nationalfeiertags, und die Wetterkarten auf den Bildschirmen zeigen kreiselnde Unwetterstrudel, die weite Teile des Mittelwestens bedecken. Die Leute sichern sich ihr Revier, beanspruchen Abschnitte des Warteraums, als wollten sie sich dort dauerhaft niederlassen. Koffer werden auf leeren Sitzen abgestellt, Familien lagern sich um ganze Ecken herum, fettige McDonald’s-Tüten liegen auf dem Boden verstreut. Als Hadley über einen Mann steigt, der auf seinem Rucksack schläft, wird ihr plötzlich deutlich bewusst, wie niedrig die Decke hängt und wie eng die Wände sich heranpressen, wie sehr sich die Menschenmassen um sie drängen, und sie muss sich selbst ans Atmen erinnern.
    Als sie einen leeren Sitz erspäht, hastet sie darauf zu, manövriert ihren Rollkoffer durch ein Meer von Schuhen und versucht nicht daran zu denken, wie zerknüllt das blöde lila Kleid bei ihrer Ankunft morgen sein wird. Der Plan war eigentlich, ein paar Stunden Zeit zur Vorbereitung zu haben, aber jetzt muss sie wie wahnsinnig zur Kirche hetzen. Von allen momentanen Sorgen steht diese nicht so weit oben auf Hadleys Liste, aber es ist trotzdem ein bisschen unangenehm, sich vorzustellen, wie entsetzt Charlottes Freundinnen sein werden. Keine Zeit zum Frisieren zu haben, dürfte nach ihrer Auffassung als mittelschwere Katastrophe gelten.
    Bereuen ist mit ziemlicher Sicherheit ein zu schwaches Wort für ihre nachträglichen Gefühle angesichts der Zusage, Brautjungfer zu spielen, aber Charlottes unablässige Mails und Dads endlose Bitten hatten sie schließlich weichgeklopft, ganz zu schweigen von Moms überraschendem Einsatz für diese Idee.
    »Ich weiß,
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