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Public Eye (Public Eye Trilogie)

Public Eye (Public Eye Trilogie)

Titel: Public Eye (Public Eye Trilogie)
Autoren: Hans-Peter Merz
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sich dadurch in Ihrem Alltag in wirklich jeder denkbaren Umgebung
aufhalten, Tiefsee, Cartoon-World, Mars, Meerschweinchen, name it - you get it),
andererseits fand dort auch der Recodierungsprozess statt, dessen Ergebnisse
dann per old-fashioned-Funkverbindung zur ü ckging an den Absender, jetzt mit Bl ü mchenwiese oder so was. Die Originaldaten blieben in der Monobib. Pfiffige
Jungs mit Unternehmergeist entwickelten aus dieser Datenhalde nun eine
supertolle neue Anwendung und f ü r sich
eine Goldgrube. All die Millionen und Abermillionen Implantinos, die sich
Enhancer-Anwendungen g ö nnen, sehen ja die faktisch vorhandene Welt so, wie
sie sich vor der Aufwertung des Signals des Sehnervs darstellt. Diese Daten
liegen in der Monobib. Und k ö nnen
nat ü rlich auch abgerufen werden, von wem auch immer. Also
haben die pfiffigen Jungs ein Programm gebastelt, mit dem zum Beispiel ich auf
die ganzen Sehnerv-Originaldaten s ä mtlicher Implantinos, die zur Zeit gerade auf der Ginzha in Tokyo
spazieren gehen, zugreifen kann. Sie haben recht, dass klingt nach
Informationoverflow und jede Menge v ö llig verwackelter Bilder. Genauso war das am Anfang auch und die Sache
w ä re rasch in der Mottenkiste doofer Gimmicks
verschwunden. Die pfiffigen Jungs waren aber sehr pfiffig und bauten gro ß e Programmstrukturen, die aus der Vielzahl von
Sehnervoriginaldaten eines Ortes und einer Blickrichtung einen Gesamteindruck
generierten, der nicht mehr wackelte. Die Jungs haben das Rad nat ü rlich auch nicht wirklich ganz neu erfunden. Bereits
Ende der 2010er Jahre gab es Sammeldateien zun ä chst f ü r die
touristischen Zentren, in die all die unendlich vielen originellen Schnappsch ü sse etwa von der Freiheitsstatue oder dem Eiffelturm
terabyteweise eingepflegt wurden. Der interessierte Benutzer   -   und
die gab es, glauben Sie mir   -   konnte nun diese Objekte im Zeitverlauf und mit einer
astronomischen Zahl von unterschiedlichen Menschen, die bei jedem Wetter fr ö hlich in Kameras schauten, aus allen nur denkbaren
Winkeln betrachten. Super. Wenn ich mich recht erinnere hie ß diese Anwendung Holstergramme oder so ä hnlich. Diese Holstergramme gab es alsbald f ü r jeden Winkel der Welt und mancher t ü rkische Hochzeitssaalbetreiber warb mit der Summe
aller Fotos, die bei allen Hochzeiten geschossen wurden, die je Menschen in
seinem Saal gefeiert hatten. Junge P ä rchen haben sich diese Sachen wochenlang angesehen, tats ä chlich.
     
    Wie
gesagt, die pfiffigen Jungs haben dieses Modell deutlich weiterentwickelt und
wir k ö nnen uns heute Lifestreams von jeder Weltecke aufs
Arsi ziehen und uns dort umschauen, vorausgesetzt ein Implantino l ä uft dort gerade herum. Ich pers ö nlich finde es sehr entspannend, mich mit den Eindr ü cken von Leuten auf Segelyachten oder
Kreuzfahrtschiffen zu amalgieren, das tut gut zwischendurch. Keine Frage, dass
ich mir diese Eindr ü cke auch entsprechend zurechtfiltern lassen kann. Ich
mag Atlantik ü berfahrten am liebsten immer mit Sonnenuntergang.
     
    F ü r meinen Job ist Public Eye vor allem deshalb
interessant, weil die Daten auch in historischer Schichtung vorliegen. Wenn ich
also eine Person ausfindig machen soll, dann ziehe ich mir den Historystream
von ihrem letzten bekannten Aufenthaltsort herein und sehe zu, wohin sie von da
an gegangen ist. Ganz einfach. Das gute alte Wort 'Beschatten' bekommt hier
eine ganz eigenartige neue F ä rbung,
finden Sie nicht auch? Zumeist werden wir immer von irgendjemand anderem
gesehen, meist ohne es wahrzunehmen. Sollte meine Zielperson aber doch einmal
ganz und gar ungesehen gewesen sein, dann verschwindet sie nat ü rlich auch aus meinem Blickfeld und ich renne durch
die Daten und versuche, sie wiederzufinden. Kann ich aber ganz gut. Hab noch
nie jemanden verloren.
     
    Ich hatte
Orianna per Schnellsuchlauf bis heute Morgen tracken k ö nnen. Dann sah ich, wie sie in ein leerstehendes
Fabrikgeb ä ude am Nordrand des Kontinents ging. Europa hatte in
den zwanziger Jahren seine alte Industrie weitgehend verloren und ü berall standen diese Anlagen leer und nutzlos herum.
Halbstarke besiedelten diese romantischen Ruinen, bauten sich eine Scheinwelt
aus leeren Containern, ausgedienten  Werkb ä nken, Spinden mit gammeligen Arbeitsklamotten und allem noch
erdenklichen Ger ö del auf. Die spielten da dann R ä uber und Gendarm oder sowas. Andere Leute nutzen die
alten factories noch auf ganz andere Weise, richteten d ü stere Paradiese
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