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Psycho Logisch - Nuetzliche Erkenntnisse der Alltagspsychologie

Psycho Logisch - Nuetzliche Erkenntnisse der Alltagspsychologie

Titel: Psycho Logisch - Nuetzliche Erkenntnisse der Alltagspsychologie
Autoren: Volker Kitz Manuel Tusch
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zu diesem Zeitpunkt allerdings noch gar nicht ausgestrahlt worden waren. (Was natürlich Spekulationen begünstigt.)
    Grundsätzlich geht die Wissenschaft davon aus, dass die Genauigkeit der Erinnerungen innerhalb der ersten drei Monate nach dem Geschehen nachlässt und sich nach zirka zwölf Monaten einpendelt.
    Ferner weisen aktuelle Forschungen darauf hin, dass es sehr große Erinnerungsunterschiede zwischen Menschen gibt. Sie haben damit zu tun, inwieweit das auslösende Ereignis emotional positiv oder negativ besetzt ist. Diejenigen zum Beispiel, die dem Mauerfall 1989 gegenüber positiv eingestellt waren, erinnern eher die Begleitumstände, Bilder und die Stimmung. Diejenigen hingegen, die dem Mauerfall gegenüber negativ eingestellt waren, erinnern eher die Daten und Fakten.
    Wie kommt es zu diesen unterschiedlichen Verarbeitungs- und Reproduktionsqualitäten?
    Bei erfreulichen Ereignissen müssen wir keine Probleme lösen, also belastet sich unser Gehirn nicht mit all dem (überflüssigen) Daten-, Detail- und Faktenkram.
    Bei negativen Ereignissen allerdings tun wir gut daran, wirklich allen Details unsere volle Aufmerksamkeit zuteil werden zu lassen, sie bis in den letzten Winkel zu analysieren und zu systematisieren. Denn negative Erlebnisse nehmen wir als Gefahr wahr, die wir ja zukünftig erkennen und vor allem vermeiden möchten. Das lässt sich bis in unsere Urgeschichte zurück begründen: Wer auf der Jagd einem Säbelzahntiger begegnet, ist gut beraten, sich alles haarklein zu merken und zukünftig einen großen Bogen um den gefährlichen Ort zu schlagen. Gleichzeitig ist es hilfreich, die Umstände und damit verbunden auch die Angst- und Schreckgefühle nicht zu intensiv zu verarbeiten, um die eigene Leistungsfähigkeit aufrechterhalten zu können. Denn die kann ja in solch einer Situation durchaus gefordert sein. Das Umkehrproblem kennen wir von psychotraumatisierten Menschen: Werden die auslösenden Ereignisse auch nach längerer Zeit noch intensiv und emotional erinnert, so beeinträchtigt das nicht nur die Arbeitsfähigkeit, sondern sogar die gesamte Lebensqualität.
    Speichern wir hingegen gute Gefühle, so bewirken sie eine positive Haltung und verbessern das Selbstbewusstsein. Und weil es so schön war, erinnern wir uns gern emotional an diesen Moment. Wir sprechen auch viel mit anderen darüber und fügen dadurch ganz nebenbei nachträglich und unbewusst auch noch das eine oder andere »Erinnerungs«-Detail hinzu.
    Unser Gehirn ist also sehr, sehr klug, wenn es differenziert vorgeht: »Merke ich mir jetzt besser die Fakten oder doch lieber die Gefühle?« Im klugen Gehirn selbst ist eine Region mit dem exotischen Namen Amygdala für diese Unterscheidung verantwortlich. Die Amygdala analysiert mögliche Gefahren und reichert Ereignisse emotional an.

    Genau das öffnet Gedächtnisartefakten und Verfälschungen Tür und Tor: Je nach medialer Berichterstattung und entsprechender Bilderflut können wir manchmal im Nachhinein nicht mehr ganz klar erinnern, wer wann was wo und wie gesehen und erlebt hat, können die ursprünglichen Erinnerungen verzerrt werden. Nichts Genaues weiß man nicht.
    Aber wir haben zumindest eine gewisse vage Erklärung für die fehlerhaften Erinnerungen George W. Bushs, dessen Ursprungserinnerungen sich mit später gesehenen Bildern vermischt haben könnten. Und eine gewisse vage Hoffnung auf eine gewisse vage Restwahrscheinlichkeit, dass er beim Anschlag doch nicht seine Finger im Spiel hatte, wie so mancher Verschwörungstheoretiker befürchtet …
    Bohn, A. & Berntsen, D. (2007): Pleasantness Bias in Flashbulb Memories: Positive and negative Flashbulb Memories of the Fall of the Berlin Wall. Memory and Cognition, 35, 565–577
    Brown, R., & Kulik, J. (1977): Flashbulb memories. Cognition, 5, 73–99.
    Greenberg, D. L. (2004): President Bush’s False »Flashbulb« Memory of 9/11/01 . Applied Cognitive Psychology, 17, 363–370
    Hamann, S. B., Ely, T. D., Grafton, S. T. & Kilts, C. D. (1999): Amygdala activity related to enhanced memory for pleasant and aversive stimuli. Nature Neuroscience, 2, 289–293
    McCloskey, M., Wible, C. G. & Cohen, N. J. (1988): Is There a Special Flashbulb-Memory Mechanism? Journal of Experimental Psychology, 117, 171–181
    Neisser, U., Winograd, E., Bergman, E. T., Schreiber, C. A., Palmer, S. E. & Weldon, M. S. (1996): Remembering the earthquake: direct experience vs. hearing the news. Memory, 4, 337–357

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