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Propaganda

Propaganda

Titel: Propaganda
Autoren: Edward Bernays
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Öffentlichkeit zumindest eine Zeitlang und für einen bestimmten Zweck zu führen.
    Früher waren die Herrschenden diese Führer. Sie taten, was sie wollten, und definierten so den Lauf der Geschichte. Die Nachfolger der Herrschenden von einst können nicht mehr tun, was sie wollen, sondern sind auf die Zustimmung der freien Bürger angewiesen. In der Propaganda finden sie ein wirksames Instrument, um diese Zustimmung zu gewinnen. Und deshalb wird Propaganda nicht mehr verschwinden.
    Der grandiose Erfolg der Propaganda im Krieg hat den Weitsichtigen die Augen geöffnet für die Möglichkeiten von Manipulation der Massenmeinung in allen Bereichen des Lebens. Im Krieg hatten die amerikanische Regierung und diverse patriotische Vereinigungen eine vollkommen neue Methode zur Gewinnung öffentlicher Akzeptanz angewandt. Sie sprachen den Einzelnen nicht nur über sämtliche Kanäle an – visuell, grafisch und auditiv –, um ihn für die nationale Sache zu gewinnen. Darüber hinaus versicherten sie sich auch der Unterstützung der Schlüsselpersonen aller gesellschaftlichen Gruppen; von Menschen also, deren Wort für Hunderte, Tausende oder gar Hunderttausende Gewicht hatte. So gewannen sie automatisch die Unterstützung von ganzen Burschenschaften, Religionsgemeinschaften, Wirtschaftsvereinigungen, patriotischen Vereinen, sozialen und regionalen Gruppen, deren Mitglieder die Meinung ihrer Anführer oder Sprecher übernahmen – wenn sie sich ihre Meinung nicht ohnehin schon anhand der Informationen gebildet hatten, die ihnen die Periodika lieferten, die sie regelmäßig lasen und an die sie glaubten.
    Außerdem machten sich die Manipulatoren der öffentlichen Meinung parallel dazu die Klischeevorstellungen und Verhaltensmuster der Öffentlichkeit zunutze. So provozierten sie Massenreaktionen gegen die angeblichen Gräueltaten, den Terror und die Tyrannei des Feindes.
    Es war also nur logisch, dass denkende Menschen sich fragten, ob es nicht möglich sei, eine ähnliche Technik auch für die Probleme in Friedenszeiten anzuwenden.
    In der Tat unterscheiden sich die Propagandatechniken von heute erheblich von denen, die vor zwanzig Jahren eingesetzt wurden. Diese neuen Techniken kann man durchaus angemessen als »Neue Propaganda« bezeichnen.
    Sie befassen sich nicht mehr nur mit dem Individuum oder der Gesellschaft als Ganzes. Sie widmen sich vielmehr auch und vor allem der Anatomie der Gesellschaft mit ihren zahllosen, verästelten und miteinander verwobenen Gruppierungen. Sie sehen den Einzelnen nicht nur als Zelle innerhalb der Gesellschaft, sondern als Zelle, die in gesellschaftlichen Einheiten organisiert ist. Wird ein Nerv des Organismus »Gesellschaft« an einem sensiblen Punkt gereizt, wird automatisch eine Reaktion bei bestimmten anderen Elementen dieses Organismus hervorgerufen.
    Die Wirtschaft liefert anschauliche Beispiele für die Wirkung, die Interessengruppen auf die Öffentlichkeit erzielen können; wie zum Beispiel in einem Fall von Textilfabriken, die um ihre Märkte fürchteten. Das Problem wurde vor nicht allzu langer Zeit offenbar, als die Samt-Fabrikanten vor dem Ruin standen, weil ihre Produkte aus der Mode waren. Analysen ergaben, dass man Samt in Amerika unmöglich wieder zum Modeartikel machen konnte, und so begann die fieberhafte Suche nach dem neuralgischen Punkt. Man fand ihn – in Paris. Wo sonst, wenn nicht in der Welthauptstadt der Mode. Lyon wiederum ist die Stadt der Seide. Man beschloss, die gängigen Vertriebsquellen für Mode direkt anzusprechen und die Öffentlichkeit über diese Quellen zu beeinflussen. Ein Samt-Beratungsdienst wurde eingerichtet, den die Samt-Hersteller offen finanzierten. Als Erstes sollte dieser Dienst Kontakt zu den Fabriken in Lyon und den Couturiers in Paris aufnehmen sie zum Einsatz von Samt animieren und ihnen beim fachgerechten Umgang mit dem Material helfen. Vor Ort wurde ein cleverer Franzose eingestellt, der die bekannten Modehäuser Lanvin, Worth, Agnes, Patou und so weiter besuchte und sie dazu brachte, bei der Kreation ihrer Hüte und Kleider Samt zu verwenden. Er sorgte auch dafür, dass Prominente wie Gräfin X oder die Herzogin von Y diese Hüte und Kleider trugen. Den modebewussten Damen in Amerika wurden die samtenen Stücke einfach im Geschäft des Anzugmachers oder der Modistin präsentiert. Sie kauften Samt, weil es ihnen gefiel – und weil es Mode war.
    Die Modejournalisten der amerikanischen Zeitschriften und Zeitungen reagierten auf die
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