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Propaganda

Propaganda

Titel: Propaganda
Autoren: Edward Bernays
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(gezielt geschaffenen) Tatsachen und schrieben über den neuen Modetrend, was wiederum die Käuferinnen hierzulande in ihrer Meinung bestärkte. Schließlich steigerte sich der zunächst sehr zarte Trend zum Samt zu einer wahren Samtflut. Die Nachfrage war langsam und gezielt von Paris und Amerika aus gesteuert worden. Ein großes Kaufhaus, das sich als führendes Modehaus etablieren wollte, bewarb Kleider und Hüte aus Samt mit Hinweisen auf die französischen Modeschöpfer und druckte als Beleg Telegramme dieser Häuser ab. Diese neue Methode rief landesweite Resonanz hervor: Hunderte von Kaufhäusern wollten sich nun ebenfalls als Stil prägende Modehäuser präsentieren. Auf Kataloge folgten Pressemeldungen und auf die Telegramme ganze Broschüren. Schon posierte die reisende Dame in Amerika in Kleid und Hut aus Samt vor dem Schiffsfotografen.
    Die gezielte Lenkung der Umstände verfehlte ihre Wirkung nicht. »Die wankelmütige Mode hat den Samt entdeckt«, schrieb eine Zeitung. Und die Samtfabriken beschäftigten wieder Tausende.
    Die neue Propaganda übernimmt auch konstituierende Aufgaben für die Gesellschaft und dient nicht selten dazu, die Wünsche der Massen zu kanalisieren und zu manifestieren. Mag sein, dass ein großer Teil der Bevölkerung sich ein bestimmtes Gesetz wünscht. Dieser Wunsch kann aber erst dann in Taten münden, wenn er sich artikuliert, und wenn genügend Druck auf die richtigen gesetzgebenden Institutionen ausgeübt wird. Millionen Hausfrauen können der Meinung sein, dass schädliche Lebensmittel verboten werden sollten. Aber sie haben nur dann eine Chance, dass ihre individuellen Vorstellungen in ein Gesetz münden, wenn sie ihre Forderungen organisieren, ihnen eine gemeinsame Stimme verleihen und konzentriert in einer bestimmten Form auf die staatliche Gesetzgebung oder den Kongress einwirken, um die gewünschten Ergebnisse zu erreichen. Dabei werden sie sich – bewusst oder unbewusst – der Mittel der Propaganda bedienen, um sich zu organisieren und ihrer Forderung zum Erfolg zu verhelfen.
    Die Eliten müssen sich der Propaganda allerdings dauerhaft und systematisch bedienen. In den aktiv meinungsbildenden Eliten, deren Eigeninteresse mit dem öffentlichen Interesse zusammenfällt, liegen der Fortschritt und die Entwicklung Amerikas. Nur durch aktive Anstrengungen dieser intelligenten Minderheit kann die Öffentlichkeit auf neue Ideen aufmerksam werden und entsprechend handeln.
    Kleine Gruppen können dafür sorgen, dass wir ihren Standpunkt zu jedem beliebigen Thema übernehmen. Aber für jedes Thema gibt es üblicherweise sowohl Fürsprecher als auch Gegner. Beide bemühen sich mit gleicher Intensität darum, die Mehrheit zu überzeugen.
     

 
    Die neuen Propagandisten
     
    Wer sind diese Personen, die uns, ohne dass wir es merken, unsere Ideen eingeben, die uns sagen, wen wir bewundern und wen verabscheuen sollen, was wir über die Privatisierung der Versorgungsunternehmen denken sollen, über Einfuhrzölle, den Gummipreis, den Dawes-Plan zur Regelung der Reparationszahlungen Deutschlands nach dem Ersten Weltkrieg, die Einwanderung; die uns sagen, wie unser Haus gestaltet sein sollte, welche Möbel wir darin aufstellen, welche Mahlzeiten wir servieren, welche Hemden wir tragen, welchen Sport wir treiben, welche Wettkämpfe wir sehen, welche Filme wir großartig finden, welche Art von Sprache wir sprechen und über welche Witze wir lachen sollen?
    Wenn wir eine Liste der Männer und Frauen aufstellen wollten, die aufgrund ihrer Stellung im öffentlichen Leben guten Gewissens als Vorreiter der öffentlichen Meinung bezeichnet werden könnten, so würden wir schnell zu einer erweiterten Liste der Menschen gelangen, die im »Who is who« aufgeführt sind.
    Auf dieser Liste stünden selbstverständlich: Der Präsident der Vereinigten Staaten und die Mitglieder seines Kabinetts, die Senatoren und Abgeordneten des Kongresses, die Gouverneure der 48 Staaten, die Präsidenten der Handelskammern in den größten hundert Städten, die Vorstandsvorsitzenden der hundert größten Industrieunternehmen, die Vorsitzenden der Gewerkschaften, die in der American Federation of Labor zusammengeschlossen sind, die Präsidenten der nationalen Berufsverbände und Bruderschaften, die Präsidenten aller Rassen- und Sprachenbünde im Lande, die Herausgeber der hundert wichtigsten Zeitungen und Zeitschriften, die fünfzig populärsten Schriftsteller, die Präsidenten der fünfzig wichtigsten
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