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Propaganda

Propaganda

Titel: Propaganda
Autoren: Edward Bernays
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großindustrielle Klientel richtet, auch wenn Bernays dies wiederholt zu verschleiern versucht.
    Zu Beginn suggeriert der Gebrauch des »Wir«, dass er, wie die meisten von uns in ihrer Verwirrung, Ziel der Propaganda ist und nicht etwa selbst der gewiefteste aller »unsichtbaren Herrscher«. Im ersten Kapitel mystifiziert er zudem seinen eigenen Stand, indem er Propaganda als ein Bemühen darstellt, volksnah zu sein, und nicht als ein teures Spiel, in dem diejenigen am besten sind, die am meisten Geld ausgeben können. Zu diesem Zweck stellt Bernays vorteilhafte Kundenlisten zusammen: bescheidene Bürgerorganisationen und deren Veröffentlichungen wie die Arion Singing Society oder die National Nut News. Die großen Aktiengesellschaften werden nur am Rande erwähnt. Und vielleicht ist Bernays auch nicht ganz ehrlich, wenn er beschreibt, wie Propaganda zur Unterstützung von Bildung, sozialen Diensten, Kunst und Wissenschaft beitragen könne – kleine Abstecher in soziale oder kulturelle Belange, die so scheinbar aus dem Buch etwas anderes machen sollen als es ist: ein Lehrbuch für die Wirtschaft, um von den Kenntnissen des Autors zu profitieren. Propaganda lehrt uns im Wesentlichen, wie Bernays den Großen im Geschäft dabei hilft, mit ihren diversen Absatz- und Imageproblemen fertig zu werden.
    In dieser Hinsicht war er eine Klasse für sich. Nur Ivy Lee war als PR-Mann ähnlich berühmt, aber seine Erfolge waren weder so zahlreich noch so aufsehenerregend wie diejenigen von Bernays. Und nach 1928, nach dem Erscheinen des Buchs, kamen noch viele Erfolge hinzu. Von Propaganda kann man am meisten an jenen Passagen lernen, in denen Bernays erklärt, wie und warum er genau dies und jenes für einen seiner Kunden getan hat. Es gibt zahlreiche solche Stellen, denn für jedes Beispiel erfolgreicher Propaganda, das im Buch vorgestellt wird, war Bernays selbst verantwortlich. Der Leser erkennt indes nicht sofort die Eigenwerbung, da Bernays geschickt ins Passiv wechselt und dem Leser mitteilt, was »getan, gezeigt, bewiesen wurde«. Aber in Sachen Propaganda-Strategie gab es weit und breit keine Nummer zwei.
    Bernays’ Maßnahmen waren immer zukunftsorientiert. Er wollte die Zielgruppe nie dazu bringen, das Produkt sofort zu kaufen. Er wollte die Welt des Käufers so verändern, dass das Produkt begehrenswert erschien, auch ohne dass er darauf gestoßen werden musste. Er fragte nach dem vorherrschenden Verhalten und danach, wie es sich verändern lässt, damit sich dieses oder jenes Produkt dem Menschen von selbst empfiehlt. »Darum macht sich der moderne Propagandist ans Werk und sorgt dafür, dass die Mode sich ändert .« Bernays verkaufte Mozart-Klaviere nicht einfach, indem er das Klavier pushte. Er dachte sorgfältig darüber nach, was man tun musste, um »die Menschen für die Idee eines Musikzimmers im Haus zu begeistern«. So verkaufte er die Klaviere indirekt, durch verschiedene suggestive Trends und ergriff Maßnahmen, die dazu führten, dass es zum Zeichen guten Geschmacks wurde, einen geeigneten Platz für ein Klavier zu haben. Und der Mann oder die Frau, die ein Musikzimmer oder zumindest im Wohnzimmer eine Musikecke haben, werden ganz von selbst darüber nachdenken, ein Klavier zu kaufen. Der Kunde kommt von selbst auf die Idee, Kunde zu werden.
     
     
    III
     
    Bernays hat in seiner langen Karriere mehr verkauft als die Waren und Dienstleistungen seiner Kunden, ja sogar mehr als Propaganda als notwendiges Werkzeug der Geschäftswelt und Politik. Bernays verkaufte den Mythos Propaganda als vollkommen rationales Verfahren zur Steuerung der öffentlichen Meinung, das auf der Basis wissenschaftlicher Methoden von sorgfältig ausgebildeten Experten ausgeführt wird. Sich selbst stellt er durchweg als den besten Manipulator dar, der die Reaktionen einer formbaren, aufnahmebereiten Bevölkerung zu meistern versteht. »Bewusste und zielgerichtete Manipulation«, »unsichtbare Herrscher«, »das Schicksal von Millionen wird von unsichtbarer Hand gelenkt«, »raffinierte Drahtzieher hinter den Kulissen« und unterhalb von ihnen Menschen, die funktionieren »wie auf Knopfdruck«. Das sind ein paar Ausdrucksweisen des eiskalten wissenschaftlichen Paradigmas, das die Praxis seiner Propaganda und sein Denken zu diesem Thema bestimmte. Der Propagandist ist der Chef. Die Empfänger der Propaganda tun, was immer er von ihnen erwartet, genauso, wie er es von ihnen verlangt und ohne, dass sie davon wissen.
    In der Folge
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