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Propaganda

Propaganda

Titel: Propaganda
Autoren: Edward Bernays
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wirkt sogar eher bescheiden. Eine Welt, die ihre Informationen mittels »Public Relations« bezieht, wird einfach eine reibungslos funktionierende Gesellschaft sein, in der wir alle, ohne dass wir es bemerken, durchs Leben gesteuert werden von einer wohlmeinenden Elite aus rational agierenden Manipulatoren.
    Bernays ließ sich inspirieren von den Schriften Walter Lippmanns, dessen Klassiker Public Opinion bereits 1922 erschienen war. Von seinen Beobachtungen zu dem ungeheuerlichen Erfolg der alliierten Propaganda-Maßnahmen (und seinem eigenen Beitrag als US-Kriegs-Propagandist), der Lektüre von Gustave LeBon, Graham Wallas und John Dewey war Lippmann zu der freudlosen Ansicht gekommen, dass die Bürger in der modernen Massengesellschaft mehr oder weniger unfähig seien, einen klaren Gedanken zu fassen oder präzise wahrzunehmen, ausschließlich aus Herdentrieb und Vorurteilen agierten und leicht zu verunsichern seien durch externe Stimuli. Ihnen fehle jede Basis, um selbstständig Entscheidungen zu treffen oder sich auf einen rationalen Diskurs einzulassen. »Demokratie« sei daher auf eine der Regierung übergeordnete Struktur aus unabhängigen Fachleuten angewiesen, um die Lage zu analysieren, die Dinge durchzudenken und so darauf achtzugeben, dass die nationalstaatliche Gemeinschaft nicht auseinanderfällt. Selbst wenn man davon ausgeht, dass man der Menschheit das Denken beibringen kann, so sei dies ein langfristiger und sich äußerst langsam vollziehender Prozess. In der Zwischenzeit müssten die wichtigsten Themen in einen Rahmen gesetzt und die wichtigsten Entscheidungen von »einer verantwortungsvollen Regierung« getroffen werden. 9
    Während Lippmanns Argumentation mit großer Komplexität behaftet ist und man die Melancholie des desillusionierten Sozialisten heraushört, ist Bernays’ Fortführung geradlinig und enthusiastisch. »Wir werden von Personen regiert, deren Namen wir noch nie gehört haben. Sie beeinflussen unsere Meinungen, unseren Geschmack, unsere Gedanken .« Dieses »Schattenkabinett« besteht aus heroischen Eliten, die cool bleiben, alles zusammenhalten und dabei »Ordnung in das Chaos bringen« – nicht anders als Gott am Anfang der Zeit.
    »Sie steuern die öffentliche Meinung, stärken alte gesellschaftliche Kräfte und bedenken neue Wege, um die Welt zusammenzuhalten und zu führen .« Wo Lippmann akribisch und manchmal geradezu ausufernd ist, wenn er nachzuweisen versucht, warum so viele Menschen Schwierigkeiten haben, geradlinig zu denken, setzt Bernays all das schon als »Tatsache« voraus. Herrschaft wird bei ihm ausgeübt von einer Art Manager-Aristokratie, die in aller Ruhe darüber befindet, was wir einkaufen, wie wir bei den Wahlen abstimmen und was wir für gut und was für schlecht halten. »Sie regieren uns dank ihrer angeborenen Führungsqualitäten«, schreibt er, »ihrer Fähigkeit, der Gesellschaft dringend benötigte Impulse zu geben, und aufgrund der Schlüsselpositionen, die sie in der Gesellschaft einnehmen .«
    Obwohl Bernays andeutet, einer von »uns« zu sein, wird doch schnell deutlich, dass er sich selbst diesem übergeordneten Aufsichtsnetzwerk zugehörig fühlt, wobei er seinen eigenen Berufsstand als den wichtigsten innerhalb dieses Netzwerks betrachtet. Auch hier bleibt Bernays aktiv in seiner Doppelrolle als eine Art Wahrheitssucher und Propaganda-Propagandist. Zwar glaubt er tatsächlich an seine hierarchische Konzeption der »Demokratie« (und das über viele Jahrzehnte hinweg, wenn man Stewart Ewen glauben darf, 1 0 aber Propaganda ist im wesentlichen ein Buch über Kundenansprache und kein Beitrag zur sozialen Theoriebildung. Propaganda ist keine erschöpfende Behandlung des Themas Propaganda, sondern Propaganda in eigener Sache. Es ist ein glänzendes Plädoyer für die Propaganda-Arbeit und ihre positiven Einflüsse auf die Massengesellschaft: eine ausgedehnte Werbung für Public Relations – so wie sie von Bernays selbst erlernt und mit seiner Intelligenz und handwerklichem Können glänzend umgesetzt wurde.
    1928, im Erscheinungsjahr von Propaganda , war er selbst die führende Figur im diesem sich ausdehnenden Berufsfeld. Es war ihm gelungen, seinem Handwerk Seriosität und Ansehen zu verleihen (er bezeichnete sich selbst als Public Relations-Berater), und er konnte sich vor Aufträgen kaum noch retten. Folglich standen seine Dienste nicht jedem zur Verfügung, und so ist Propaganda ein Buch, das sich im Wesentlichen an Bernays’
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