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Promenadendeck

Promenadendeck

Titel: Promenadendeck
Autoren: Heinz G. Konsalik
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schwimmenden Mangroveninseln. Das alles kann man erklären, das Erlebnis des Sehens ersetzt es nie.
    Die Passagiere grüßten zurück. Ein Mann mit Lebensmut. Alle Achtung! Man sollte später einen darauf trinken, daß man selbst noch so leidlich gesund ist …
    Im Foyer kam ihm Beate entgegen, faßte ihn unter und stieg mit ihm die Treppe hinauf zum Promenadendeck. Als sie die Glastür öffnete, empfing sie die warme Luft wie eine dichte Wolke. Das Riesenschiff war angenehm temperiert. Das würde sich später – Repeater kannten das – in der Südsee ändern, wenn selbst die beste Klimaanlage das Schiff nicht mehr kühlen konnte und die Chinesen unten in der Wäscherei wegen Mangels an kaltem Wasser Mühe hatten, das Verfilzen der Wollsachen zu verhindern. Die riesigen Kühlaggregate schafften es dann nicht. Außerdem war der Stromverbrauch nicht mehr zu verantworten. Doch das lag noch in weiter Ferne. Hier war erst San Francisco, war der Beginn der Reise … der vierte Bus vom Flughafen brachte neue Passagiere, die an Bord stürmten.
    Dabrowski lehnte sich an die Reling und ließ sich von Beate erzählen, was sie sah. Auf der Terrasse des Gebäudes war jetzt eine Musikkapelle aufmarschiert, in rot-weißen Uniformen und mit federgeschmückten Helmen. Fernsehkameras waren in Position gebracht, um das Ablegen von MS Atlantis zu filmen.
    Kapitän Horst Teyendorf kam mit dem Leitenden I. Offizier aus der Kommandobrücke und blickte von der Brückennock zur Gangway hinab. Auf dem vorderen und hinteren Hauptdeck wurden die Tauwinden klargemacht, der Sicherheitsoffizier meldete über Sprechfunk zur Brücke die Ablegebereitschaft. Auf der Terrasse des Piergeländes begann die Kapelle mit einem flotten amerikanischen Militärmarsch.
    »Du lieber Himmel, da ist sie!« rief Teyendorf plötzlich. »Hollywood in seinen besten Jahren!«
    Man sah sie schon durch die großen Scheiben der Pierhalle: eine mittelgroße, nicht zu üppige, aber wohlgerundete Gestalt in einem großgeblümten Seidenkleid – Mohnblumen, die wie Ketchup-Flecke aussahen –, hochhackigen weißen Lackschuhen, in denen sie herantänzelte, als bewege sie sich zu einer kapriziösen Musik. Den Kopf allerdings sah man nicht sofort. Ihn verschattete ein riesiger weißer, mit Spitzen überzogener Hut, garniert mit roten Rosen und weißen Fliederrispen aus Plastik. Während sie herantrippelte, schwenkte sie einen weißen Spitzenschirm in der rechten Hand; mit der linken winkte sie nach allen Seiten, als applaudiere man ihr. Als sie jetzt den Kopf hob, um an der weißen Schiffswand emporzublicken, sah man nun auch ihr Gesicht: maskenhaft, ohne ein Fältchen, mit viel Rouge bedeckt, feuerrote Lippen, eine schmale, wie knochenlose Nase, durch ungezählte Liftings katzenhaft wirkende Augen und schwarze Augenbrauen. Darüber, unter dem Hut hervorquellend, ein Wust von schwarzen Locken, die sich neckisch über die Ohren herunterkringelten. Ein riesiger schwarzer Diener in weißer Livree mit goldenen Knöpfen folgte ihr und schob einen flachen Wagen voller Gepäck vor sich her. Die amerikanischen Zollbeamten hinter dem Tisch vor der Gangway und die drei wachhabenden Polizisten grinsten sie breit an. Sie rief ihnen etwas zu, und lautes Lachen dröhnte durch die Halle.
    »So sieht eine Strafe Gottes aus!« sagte Teyendorf mit Bitterkeit in der Stimme. »Das übertrifft alles, was ich bisher von ihr gewöhnt bin.«
    »Ich wünschte, ich sähe in dem Alter noch so aus wie sie!« Willi Kempen, der Leitende Erste, nahm sein Fernglas an die Augen und stellte es auf die Dame ein. Hutkrempe und Gesicht hatte er nun groß im Bild. Es war das erstemal, daß er Anne White sah. Bisher hatte er immer Urlaub gemacht, wenn sie an Bord kam. Um so mehr hatte man ihm von ihr erzählt; von dieser sagenhaften Witwe, die auf jedem Kreuzfahrtschiff bekannt war, ob es nun unter amerikanischer, englischer, norwegischer, russischer, italienischer, griechischer oder deutscher Flagge fuhr. Jetzt traf es wieder die Deutschen. »Enorm!« sagte Willi Kempen.
    Teyendorf sah seinen Ersten von der Seite an. »Ich wußte nicht, daß Sie pervers sind, Kempen«, seufzte er. »Aber unter zehntausend Dollar würde ich's an Ihrer Stelle doch nicht machen …«
    »Herr Kapitän!«
    »Wenn ich mal einen Witz mache, sind Sie gleich entsetzt.«
    »Es ist ja sonst auch nicht Ihre Art, Herr Kapitän.«
    »Völlig richtig. Aber wenn ich Anne White sehe, stehe ich außerhalb meiner Haut! Ist alles an Bord?«
    »Ich
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