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Projekt Sakkara

Titel: Projekt Sakkara
Autoren: Andreas Wilhelm
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Kreis der Eingeweihten aufgenommen zu werden, wurden die Rosenkreuzer von den meisten als groß angelegter Studentenwitz aufgefasst. Auch lehnten all jene, die man bezichtigte, Verfasser der mysteriösen Publikationen zu sein, jegliche Beteiligung ab. Paradoxerweise nährte ausgerechnet das den Glauben der Anhänger. Denn, so argumentierten sie, es sei ein Statut, dass jeder Rosenkreuzer seine Identität geheim halten sollte, so dass das Abstreiten jeglicher Kollaboration nur natürlich und sogar ein Hinweis auf die wirkliche Existenz sei.« Peter sah in die Runde und hob eine Hand. »Mir ist klar, dass in diesem Saal Leute mit unumstößlicher Meinung zu diesem Thema sind, aber ich möchte hier kein Forum für diese Diskussion bieten. Dieses Thema übernehmen andere Redner besser, als ich es könnte. Aber der Punkt dabei ist wieder einmal: Wahrheit und Unwahrheit, eine Erklärung und ihr Gegenteil liegen manchmal sehr nah beieinander. Wenn wir also die Geschichte studieren, müssen wir uns fragen, ob wir nicht durch einen anderen Blickwinkel auch zur gegenteiligen Überzeugung gelangen könnten.
    Das Denken in starren, vorgefertigten Bahnen ist der ärgste Feind des Suchenden, denn wir sind geneigt, das zu registrieren, was unseren Erwartungen entspricht, während wir Unpassendes als geringfügig ausblenden und bald vergessen. So kann sich ein fanatischer Glaube an eine vermeintliche Wahrheit entwickeln, und jegliche Forschung ist nur noch darauf bedacht, ihre Behauptung zu bestätigen, statt – wie es richtig wäre – ihre These zu überprüfen.
    Sie alle, die Sie Suchende sind – auf die eine oder andere Weise –, seien Sie also stets auf der Hut vor sich selbst. Beobachten Sie sich selbst, und überprüfen Sie, ob Sie vermuten, ob Sie glauben oder ob Sie meinen zu wissen. Vermuten und suchen ist ehrenvoll und entspricht unserer Natur. Doch sowohl für den Glauben als auch für das Wissen sind schon zu allen Zeiten Menschen umgebracht worden.«
     
    »Ein guter Vortrag«, sagte Patrick, als der Professor nach der Vorlesung durch das Foyer auf ihn zukam. »Aber vermutlich eine Verschwendung für das Publikum hier.« Er nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette und aschte dann in eine leere Kaffeetasse.
    Peter trat an den Stehtisch heran und stellte sein Mineralwasser darauf ab.
    »Das glaube ich ehrlich gesagt auch. Aber man soll die Hoffnung nicht aufgeben, nicht wahr?«
    »Ich hoffe, unser Kontaktmann kommt bald und lässt uns hier nicht versauern. Hat Sie schon irgendjemand angesprochen?«
    Seine Aussprache ließ sie aufhorchen. »Wo kommen Sie her? Sind Sie Franzose?«
    »Ja.«
    »Oh, tut mir leid.«
    »Es muss Ihnen nicht leidtun. Ich bin gerne Franzose.«
    Sie lachte auf. »Nein, das meine ich nicht. Ach, wie ungeschickt. Was ich sagen wollte ... Ist es Ihnen recht, wenn wir uns weiter auf Englisch unterhalten?«
    Patrick, der belustigt zur Kenntnis genommen hatte, wie sie eine Spur errötet war, zog betont beiläufig an seiner Zigarette. »Nur zu. Ich bin vom Professor auch nichts anderes gewohnt.«
    »Dann kennen Sie sich schon länger? Arbeiten Sie zusammen? Ich würde so gerne etwas mehr über Ihre Arbeit erfahren, Professor Lavell. Sie kennen sich ziemlich gut aus.«
    »Nun ja«, antwortete Peter, »ich gebe mir Mühe. Aber es kann niemals genug sein.«
    »Das sage ich auch immer. Es gibt so viel da draußen, was wir nicht verstehen, richtig? Gibt es eigentlich noch mehr von Ihnen? Ich meine, andere Vorträge oder Bücher, oder so?«
    »Nichts Aktuelles. Das ist seit drei Jahren mein erster Vortrag. Ich habe einige Zeit pausiert, um mein letztes Projekt zu verarbeiten. Aber es gibt ein Buch von mir: Langfristige globale Entwicklungskausalität. Ich weiß nicht, ob es Sie interessiert. Das sind immerhin Inhalte, die naturgemäß nicht so schnell veralten.«
    »Um was geht es denn in dem Buch?«
    »Es versucht zu erläutern, wie sich verschiedene Entwicklungen in der Geschichte gegenseitig bedingten und was möglicherweise passiert wäre, wenn bestimmte Ereignisse nicht oder anders eingetreten wären. Was, wenn die chinesische Mauer nicht gebaut worden wäre, hätte es dann eine Völkerwanderung gegeben? Was, wenn das Christentum nicht die Staatsreligion des Römischen Reiches geworden wäre, hätte es jemals ein Papsttum gegeben? Was, wenn die Kreuzzüge erfolgreich gewesen, die westlichen Kulturen sich über den ganzen Nahen Osten ausgebreitet und die orientalischen Kulturen vernichtet hätten:
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