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Prinzessin Kate

Prinzessin Kate

Titel: Prinzessin Kate
Autoren: Claudia Joseph
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Städtchen Houghton-le-Spring stationiert war. Er fiel am 24. August 1918 als 43-jähriger Korporal in den Schützengräben. Sein Name ist mit 200 weiteren Gefallenen auf dem Kriegerdenkmal in Hetton-le-Hole vor dem Arbeiterclub eingraviert.
    Der Weltkrieg endete am 11. November 1918 um 11 Uhr. Thomas war damals 14 Jahre alt; seine Welt hatte sich unwiderruflich verändert. Der Soldatentod seines Vaters hatte ihn geprägt; er begann eine Lehre bei seinem Großvater mütterlicherseits – der jetzt für ihn die einzige männliche Bezugsperson war – und wurde damit der erste Harrison, der ein Handwerk erlernte.
    Nicht lange nach Kriegsende erlitt auch die königliche Familie einen schweren Schicksalsschlag. George V. verlor seinen Sohn. Prinz John, das sechste und jüngste Kind, starb am 18. Januar 1919 nach einem epileptischen Anfall. Er war ein Jahr jünger als Thomas. Die Königin schrieb an ihren Gatten: »Wenn der Familienkreis zum ersten Mal durchbrochen wird, ist dies nur schwer zu ertragen, aber die Menschen waren sehr gütig und mitfühlend, und das hat uns sehr geholfen.«

    Für den Nordosten waren die Zwischenkriegsjahre eine schlimme Zeit. Der Krieg hatte Großbritanniens Stellung als Handelsmacht für Textilexporte, Stahl und Kohle massiv beeinträchtigt. Die Schwerindustrie befand sich im Niedergang und der Kohlebergbau war von der Depression besonders stark betroffen. 1923 waren allein in Durham 170 000 Bergarbeiter beschäftigt gewesen. In den 16 Jahren bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs verloren viele ihre Arbeit, weil die Nachfrage nach Kohle sank. Eine Streikserie fügte dem Land weiteren Schaden zu; Großbritannien schlitterte immer tiefer in die Depression. Die Bergleute begehrten auf gegen die gefährlichen Arbeitsbedingungen, die Lohnkürzungen und die Überstunden; sie beteiligten sich nicht nur am Generalstreik von 1926, sondern organisierten auch zwei eigene nationale Bergarbeiterstreiks. Schließlich kam es 1929 zum Börsencrash, der die Weltwirtschaftskrise auslöste. Die Nachfrage nach britischen Produkten brach zusammen, die Zahl der Arbeitslosen schnellte von einer Million auf 2,5 Millionen empor. Am schwersten betroffen waren die Industriegebiete im Norden des Landes, vor allem die Bergwerke. Der Bergbau hatte keine Zukunft mehr.
    Im Baugewerbe hingegen kam es nach dem Krieg zu einem Boom, und nach Bauhandwerkern herrschte große Nachfrage. Kates Urgroßvater musste seinem eigenen Großvater sehr dankbar für die Ausbildung zum Zimmermann gewesen sein. In den Zwischenkriegsjahren zog der damals 29-jährige durch den Norden Englands. 1934 wohnte er im Dorf Easington Lane, ein paar Kilometer von Hetton-le-Hole entfernt. Hier lernte er die ein Jahr ältere Elizabeth Temple aus Tudhoe kennen, einem südlich von Durham gelegenen Dorf. Sie war die Tochter eines Landarbeiters und ein »gefallenes Mädchen«, denn sie hatte eine uneheliche Tochter namens Ruth.
    Doch die Zeiten hatten sich geändert. Das junge Paar konnte seine Romanze ganz anders genießen als seine Eltern und Großeltern. Die beiden trafen sich in Durham oder Sunderland, besuchten Tanzlokale und Jazzclubs, verbrachten die Abende im Kino oder hörten Radio oder Grammophon. Zur Freude ihrer Familien verlobten sie sich, und sie heirateten am 12. Mai 1934 in der Pfarrkirche von Tudhoe. Ruth war damals knapp ein Jahr alt.
    Nach der Hochzeit zog das Paar in Thomas’ Heimatdorf Hetton-le-Hole zurück, wo ein Jahr später, am 26. Juni 1935, Kates Großmutter Dorothy zur Welt kam. Letztlich hat Kate es dem Streben Dorothys nach Besitz, Wohlstand und Ansehen zu verdanken, dass sie nun den Weg zum Thron vor sich sieht. Allerdings halfen dabei verschiedene politische Ereignisse, die ihre Familie veranlassten, nach Süden zu ziehen – und damit näher zur königlichen Familie.

    Dorothy war kaum ein halbes Jahr alt, als König George V. am 20. Januar 1936 um 11.55 Uhr auf Schloss Sandringham starb. Als schwerer Raucher hatte er seit vielen Jahren an Bronchitis gelitten. Gegen Jahresende klebte die Familie Harrison wahrscheinlich erneut am Rundfunkempfänger, als Georges Sohn Edward VIII. auf den Thron verzichtete, nachdem er sich mit Wallis Simpson, einer geschiedenen Amerikanerin, verlobt und damit eine Staatskrise ausgelöst hatte. Edward sah sich zur Abdankung gezwungen. Am 11. Dezember 1936 wurde seine Abdankungsrede über Rundfunk in Großbritannien und im Empire ausgestrahlt: »Mir ist klar geworden, dass ich unmöglich die
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