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Prinz der Düsternis

Prinz der Düsternis

Titel: Prinz der Düsternis
Autoren: Horst Hoffmann
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Mythor aus seiner Erstarrung.
    »Vorwärts!« schrie er. »Achtet auf die Fäden!«
    »Mythor, der Mann ist bereits tot!« rief Sadagar erschreckt, als der Sohn des Kometen bereits die Deckung verlassen hatte und über einen der nur schwach erkennbaren Fäden sprang.
    »Dann sind wir die nächsten Opfer! Wäre er nicht erschienen, lägen wir an seiner Stelle!«
    Mythor sah sich nicht mehr um. No-Ango erschien mit einem gewaltigen Satz neben ihm und blieb stehen, um den Obsidiansplitter zu schleudern. Noch eine Mannslänge trennte die Beine der Spinne vom leblos Daliegenden. Das Geschoß des Rafhers fuhr in den Leib des Untiers, ohne die geringste Wirkung zu erzielen. Dutzende von Fäden versperrten Mythor den Weg. Er nahm den Griff des Krummschwerts in beide Hände, doch es bedurfte mehrerer Streiche, um einen der Fäden zu durchtrennen. Wie Sehnen peitschten sie durch die Luft. Mythor musste alle Geschicklichkeit aufbringen, um ihnen auszuweichen.
    Schimpfend tauchte Sadagar neben ihm auf, blieb ebenfalls stehen und schleuderte blitzschnell zwei Messer, als die Spinnenbeine den Gesichtslosen erreichten. Die Klingen trafen das Tier zwischen die tellergroßen Augen, und diesmal ging ein Beben durch den schwarzen, dichtbehaarten Körper.
    »Macht weiter!« rief Mythor. »Lenkt sie von ihm ab auf uns!«
    Es war nicht mehr nötig. So schnell, dass das Auge Mühe hatte, ihren Bewegungen zu folgen, glitt die Spinne heran. Sie schien gleichsam durch die Luft zu schweben, an unsichtbaren Fäden entlang. Mythor sah den schwarzen Leib auf sich zukommen, die vorgestreckten Beine und die furchtbaren Scheren. Er stand, mit aller Willenskraft die Panik niederringend, und wartete, bis er die Scheren direkt vor sich sah. Mit einem Aufschrei ließ er sich zu Boden fallen, wirbelte herum und wartete, auf dem Rücken liegend, bis das Untier fiel wie ein Stein. Die weit in die Höhe gestreckte Klinge bohrte sich tief in das Fleisch der Spinne. Mythor zog sie blitzschnell zurück und rollte sich herum, so dass der schwarze Leib wenige Ellen neben ihm herunterkam.
    Schwarzes Blut schoss in einem dicken Strahl aus der Wunde. Mythor sprang auf, landete mit einem Satz auf dem Rücken der Kreatur und ließ das Schwert mit aller Kraft zwischen die starren Augen schmettern. Ein Zittern durchlief den mächtigen Körper. Die acht Beine krümmten sich, um sich sogleich wieder zu strecken im Versuch, den lästigen Gegner abzuschütteln. Mythor trieb die Klinge wie einen Pfahl zwischen die vier Augen des Ungeheuers, in denen mittlerweile ein halbes Dutzend von Sadagars Messern staken. Ein letztes Mal versuchte die Spinne, sich aufzubäumen. Dann lag sie in ihren letzten Zuckungen. Mythor riss das Schwert heraus und sprang ab.
    Die schwarzen Beine krümmten sich unendlich langsam, bis auch die letzte Bewegung erstarb.
    Mythor wischte sich mit dem Arm den Schweiß aus der Stirn und wischte das schwarze Blut an einem Pilzstamm von der Klinge ab. Noch zitterte seine Hand. Unwillkürlich machte er zwei, drei Schritte von der Spinne fort, als wähnte er doch noch Leben in ihr.
    No-Angos Hand legte sich auf seine Schulter. Der Rafher blickte Mythor bewundernd an, und diese Blicke sagten mehr als alle Worte. Dann wies No-Ango schweigend auf den Gesichtslosen.
    Während Sadagar sich zögernd daranmachte, sich seine Messer zurückzuholen, begaben sich Mythor und No-Ango zu dem Mann in der Kleidung der Vogelreiter. Jetzt, als sie sich über ihn beugten, sahen sie, was aus diesem Menschen geworden war. Mythor hielt den Atem an. Seine Hände waren in maßlosem Zorn geballt, die Lippen so fest aufeinander gepresst, dass alle Farbe aus ihnen gewichen war.
    »Wessen Werk ist das, No-Ango?« brachte er kaum hörbar hervor.
    Der ganze Kopf des Kriegers war von einem helmartigen Gebilde umwachsen, einer grauen, steinharten und porösen Masse, die nur Augen und Mund unbedeckt ließ. Unwillkürlich musste Mythor an Knochen denken, schlackenartigen Knochenwuchs. Eisige Schauer liefen seine Wirbelsäule entlang, als er sich dazu zwang, die Hand auf die Brust des Unglücklichen zu legen.
    »Sein Herz schlägt noch«, flüsterte er. »Er lebt.«
    No-Ango fuhr mit dem Zeigefinger die Strukturen der Knochenmaske nach, als ob er etwas aus den rillenförmigen Vertiefungen herauskratzen wollte. Dann hob er die Hand vor die Augen, nickte und rieb sich den Finger auf dem Boden ab. Zuvor hatte Mythor etwas wie feines Glitzern darauf gesehen.
    »Was hast du gefunden?« fragte
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