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Pringle in Trouble

Pringle in Trouble

Titel: Pringle in Trouble
Autoren: Nancy Livingston
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der Perspektive, und das letzte Puzzlestück glitt auf seinen
Platz. Er sprach es aus, ohne nachzudenken, beinahe wie im Traum: «Colonel
Willoughby ist homosexuell, nicht wahr?»
    Es war eine furchtbare Anschuldigung.
Seine Wangen glühten, als er sie aussprach, doch weder des Colonels Bruder noch
seine Frau widersprachen. Mr. Pringle blickte sie an. Tom Willoughbys Miene war
steinern. «Es ist nichts, dessen wir uns brüsten würden», sagte er kalt.
     
     
    Detective Inspector Keatly hatte
mehrere Reaktionen bei Jonathan für möglich gehalten. Womit er nicht gerechnet
hatte, war — Würde. Die beiden Männer standen nebeneinander und blickten auf
die Tote hinunter. Sie lag etwas verdreht, ihr Körper war von einem Tuch
verdeckt, das Gesicht bläulichgrau verfärbt. Jonathan kniete neben ihr nieder
und küßte sie mit großer Zartheit auf die Wange. «Es tut mir so leid, Liebste»,
flüsterte er, «daß du diesen schrecklichen Tod haben mußtest.» Er streichelte
ihr noch einmal über das Haar und stand dann auf. «Ich möchte es Clarissa
sagen. Mutter und sie haben sich sehr nahegestanden.»
    «Aber selbstverständlich.» Der
Inspector war froh, etwas für ihn tun zu können. «Begleiten Sie Mr. Powers nach
oben», sagte er zu einem Beamten, «und sehen Sie zu, daß Sie irgendwo einen
Raum finden, wo er ungestört sein kann.» Ein zweiter Beamter hatte den Raum
betreten und richtete ihm flüsternd etwas aus.
    «In Ordnung. Bitten Sie den Colonel,
daß er sich noch ein bißchen gedulden möge... Es tut mir leid, Mr. Powers, aber
ich muß jetzt gehen.»
    «Müssen Clarissa und ich hierbleiben?
Auf Aquitaine ?» fragte Jonathan.
    Keatly dachte einen Moment nach. «Ich
sehe eigentlich keinen zwingenden Grund, vorausgesetzt, Sie bleiben in der
Nähe. Im Dorf ist ein Gasthof. Wäre es Ihnen recht, sich dort einzuquartieren?»
    «Ja.»
    «Ich hoffe, es wird nicht mehr lange
dauern...»
    «Sie wissen also...»
    «Wir stehen kurz vor der Aufklärung,
Mr. Powers, unmittelbar davor.» Es war Zweckoptimismus, nicht wirkliche
Zuversicht. «Der Beamte bringt Sie jetzt zu Miss Pritchett.»
     
     
    Mrs. Burg am Empfang starrte einer
entschwindenden Gestalt nach. «Na so was... Einfach hier aufzutauchen... Meinen
Sie, ich sollte ihn warnen?» fragte sie die Beamtin neben ihr.
    «Nein, das sieht nach einem Ehekrach
aus. Da hält man sich als Außenstehender besser raus. Ich wundere mich
allerdings, daß die Kollegen vorn sie überhaupt durchgelassen haben, aber da
sieht man mal wieder...» Sie zuckte die Achseln. «Manchmal enden Ehekräche
sogar mit Mord.» Es war unter diesen Umständen eine eher unglückliche
Bemerkung, aber Mrs. Burg nahm sie gleichmütig hin. Sie hatte noch nie in ihrem
Leben so aufregende Tage gehabt. «Na, dann dürfen wir ja vielleicht auf etwas
Abwechslung hoffen», sagte sie fröhlich.
     
     
    Dr. Willoughby und Mr. Pringle saßen
sich im Sonnenzimmer gegenüber.
    «Können Sie erklären, wie und warum es
passiert ist?» fragte Tom Willoughby.
    «Ja, ich glaube schon. Es tut mir leid,
daß Ihr Bruder in der Geschichte mit drinsteckt...»
    «Gerard hat gesagt, er habe ihn nicht
getötet, und ich glaube ihm», sagte Willoughby trotzig.
    «Wörtlich genommen, hat er sicherlich
die Wahrheit gesagt, aber er war unzweifelhaft der Anstifter, und ich fürchte,
daß ein Gericht ihn für ebenso schuldig halten wird wie den Täter.»
    Tom Willoughby trat ans Fenster. «Das
kann das Ende für uns bedeuten, das Ende der Willoughbys auf Aquitaine.» Mr. Pringle schwieg. «Reden Sie weiter. Erklären Sie genau, wie die Morde
begangen wurden — vielleicht gibt es ja doch noch einen Ausweg für Gerard.»
    Mr. Pringle spürte, wie er sich
innerlich verhärtete. Er begann zu begreifen, daß Tom Willoughby, im Gegensatz
zu ihm, an der Wahrheit nicht interessiert war.
    «Ich glaube, alles nahm seinen Anfang,
als Ihr Bruder van Tenke unerwartet in London begegnete. Es scheint mir
wahrscheinlich, obwohl ich dafür keine Beweise habe, daß van Tenke Ihren Bruder
aus irgendeinem Grund in der Hand hatte.»
    Willoughby verzog den Mund zu einem
bitteren Lächeln. «Er und mein Bruder waren Liebhaber. Wilfred kam erst
später», sagte er knapp.
    «Ich verstehe. Ihr Bruder hätte also
durchaus ein Motiv gehabt.»
    «Möglich.»
    «Meiner Meinung nach bat der Colonel
van Tenke in der Absicht hierher, ihn umzubringen. Er hat sich mit Bedacht
gerade diese Woche ausgesucht, weil einige der Gäste — Miss Brown, Mrs.
Arburthnot —
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