Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Principia

Principia

Titel: Principia
Autoren: Neal Stephenson
Vom Netzwerk:
von Eisenbändern zusammengehaltenen Baumscheiben besteht, sich in die Erde senkt und an einer riesigen saugenden und schmatzenden Vorrichtung zieht, die so tief unten liegt, dass Daniel sie nicht sehen kann. Im Vergleich zu all dem ist das Gehirn der Maschine winzig und leicht zu übersehen: ein Mann, der sich inmitten von Stößelstangen, Umlenkhebeln und Schwengeln auf einem Laufsteg ein oder zwei Stockwerke unter Daniels augenblicklichem Standort befindet und die Maschine bei Bedarf mit Anweisungen versorgt, was aber nicht oft vorkommt. Im Augenblick versorgt er Orney und Saturn, die sich dort unten zu ihm gesellt haben, mit Auskünften.
    Dieser Laufsteg ist triefnass und dennoch warm, denn der von der Maschine ausgestoßene Abdampf zieht um ihn herum und kondensiert auf den Planken. Daniel lässt sich von der Maschine in den Nacken atmen, während er die anderen Teile der Anlage begutachtet, die den Inhabern der Maschine zur Hebung von Wasser mittels Feuer gehört. Er beabsichtigt, rasch eine Nachricht an Eliza niederzuschreiben, in der er ihr lediglich mitteilt, was hier mit dem Kapital gemacht worden ist, das sie und andere Investoren Lostwithiel und Newcomen anvertraut haben. Mr. Orney wird den Brief dann mit nach London nehmen und zusehen, dass sie ihn erhält. Orney selbst wird natürlich noch einiges mehr dazu zu sagen haben. Als Kaufmann wird er Dinge bemerken, für die Daniel blind wäre, und er wird, ohne darüber nachdenken zu müssen, wissen, welche Details Eliza interessant finden wird und welche nicht. Orney hat nämlich inzwischen selbst etwas Geld in dieses Unternehmen gesteckt, und wenn ihm das, was er hier sieht, gefällt, wird er nach London zurückkehren und es unter seinen Brüdern anpreisen.
    Deshalb braucht Daniel sich gar nicht erst den Anschein zu geben, die Angelegenheit mit dem scharfen Blick eines Geschäftsmannes zu betrachten. Stattdessen versucht er, sie mit den Augen dessen zu sehen, der er ist: ein Naturphilosoph. Als solcher befasst er sich vor allem mit ihren experimentellen Aspekten – ihren fehlgeschlagenen Versuchen. Der Boden unter der Maschine ist übersät mit Überresten von Newcomens Dampfkesseln. Die natürliche und richtige Form für ein solches Ding ist die Kugel. Newcomen, der sich dessen bewusst war, hat gelernt, wie man aus Eisen große kugelförmige Behälter herstellt. Und so wie die Kladde eines Schuljungen Seite für Seite mit verwischten und durchgestrichenen Versuchen gespickt ist, so ist der tiefe Grund des Flusses übersät mit unauslöschlichen Zeugnissen sämtlicher Ideen, die Newcomen je in Bezug auf diese Maschine hatte, und mit deutlich sichtbaren Antworten auf die Fragen, warum und inwiefern diese Ideen schlecht waren. Er kann unmöglich einen einzigen Eisenbarren zu einer großen nahtlosen Blase ausschmieden und muss die Gefäße deshalb aus vielen kleineren gekrümmten, einander überlappenden und vernieteten Platten zusammensetzen.
    Vor fünfzig Jahren hatte Hooke von einem Feuerstahl geschlagene Funken aufgefangen, sie unter das Mikroskop gelegt und Daniel gezeigt, was sie wirklich waren: pockennarbige Kugeln aus funkelndem Metall, eisernen Planeten gleich. Daniel hatte angenommen, sie seien massiv, bis er welche sah, die durch inneren Druck aufgesprengt worden waren. Die Funken waren nämlich keine Kügelchen, sondern hohle Blasen aus geschmolzenem Stahl, die beim Aufplatzen wild um sich schlugen, dann erstarrten und dabei ungebärdige, von sich gestreckte Extremitäten hinterließen, die ein bisschen wie kratzende Hände und ein bisschen wie an den Strand gespülte alte Baumwurzeln aussahen. Manche von Mr. Newcomens unbrauchbaren Dampfkesseln sehen aus wie diese explodierten Funken. Andere haben sich auf weniger offensichtliche Weise als unbrauchbar erwiesen und liegen halb eingebettet in der Erde, wie vom Himmel gefallene Meteore.
    Einige Bergleute, die von unter Tage heraufkommen, unterhalten sich in einer Sprache, die er noch nie gehört hat: ein halbes Dutzend kornische Männer in schwarzen, durchnässten Kleidern. Schon an ihrem wankenden Schritt kann Daniel sehen, dass ihre Füße halb erfroren sind, und an der Art, wie sie sich benehmen, dass sie lange hart gearbeitet haben. Sie holen sich Esskörbe und setzen sich rund um den einen Dampfkessel im Tal, der tatsächlich funktioniert: derjenige unterhalb von Daniel, der die Maschine betreibt. Er ruht in einer massiven gemauerten Einfassung mit Löchern im Boden, durch die Luft und Kohle
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher