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PRIM: Netzpiraten (German Edition)

PRIM: Netzpiraten (German Edition)

Titel: PRIM: Netzpiraten (German Edition)
Autoren: Dietrich Enss
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kommen.“
     

3
    Es herrschte das allererste Morgengrauen, als Taylor und Zanolla ihren Wagen mit gelöschten Scheinwerfern und abgestelltem Motor auf dem Schotterweg vor die Hütte rollen ließen und anhielten. Zwei Autos, eine Limousine und ein Pick-up, parkten in einem nur mit Dach und Rückwand versehenen Unterstand rechts neben der Hütte. Der Pick-up war mit einem rostigen Metallgegenstand beladen, der am ehesten noch wie ein alter Küchenherd aussah. Zwischen Hütte und Unterstand war ein kleiner Generator aufgestellt. Er lief nicht, und auch er war lediglich mit einem Wellblech gegen Regen geschützt. Das obere Ende des Abgasrohres glänzte, als ob es verchromt oder aus nichtrostendem Stahl war. Fünfzig Schritte entfernt war das Seeufer zu erkennen. Der Wald reichte an den anderen Seiten bis fast an das Anwesen. Von den Bergen war nichts zu sehen.
    „Der Ford, das ist sein Wagen“, sagte Zanolla und deutete auf den Unterstand.
    „Ja. Dann wecken wir ihn mal.“
    „Ihn und seinen Onkel. Wie kann man hier nur wohnen!“
    „Er ist wohl ein Naturfreund, vermute ich. Komm!“
    Die beiden Männer stiegen aus. Beim Näherkommen sahen sie, dass die Fenster bis auf eines offen standen - sicherlich wegen der sommerlichen Hitze - und mit Fliegengaze überspannt waren. Sie versuchten, etwas durch die Fenster zu erkennen, aber es war noch zu dunkel.
    Sie gingen zur Tür, neben der eine brüchige Holzkiste mit Angelgerät stand. Taylor gab Zanolla Handzeichen, etwas zurückzutreten. Er selbst nahm neben der Tür Aufstellung, dann klopfte er laut gegen das Holz.
    Sofort waren Geräusche aus dem Inneren zu hören. „Tucker! Tucker, komm her!“, rief jemand. Offenbar gab es einen Hund. Taylor klopfte noch einmal.
    Unvermittelt wurde die Tür geöffnet. Ein ausgemergelter, etwa sechzig Jahre alter Mann trat in den Türrahmen. Er war barfuß, trug Shorts und ein Unterhemd, und er hatte sich mindestens eine Woche lang nicht rasiert. „Ich weiß nicht, wo Tucker ist“, sagte er und blickte Taylor fragend an. „Wer sind Sie?“
    „Agent Taylor, Secret Service. Und das ist Agent Zanolla.“ Taylor wies auf Zanolla, der nun herankam, zeigte aber keine Marke. „Mr. Meynard, wir müssen dringend Ihren Neffen Walter Ingram sprechen. Bitte holen Sie ihn!“
    „Kollegen!“, murmelte der alte Mann abfällig, drehte sich um und verschwand im Dunkeln. Zanolla folgte ihm unaufgefordert. Er fragte sich, ob der Alte nicht wusste, dass Ingram bei der NSA arbeitete. Vielleicht hatte Ingram ihm nur gesagt, dass er bei einem Geheimdienst beschäftigt war.
    „Nicht hier“, stellte der Alte fest und zeigte auf ein zerwühltes Bett. „Fische.“
    „Wie bitte?“ Zanolla hatte den Eindruck, dass Meynard noch nicht ganz wach war.
    „Ist draußen und angelt. Walter. Nachts. Nachts ist es am besten. Und in der Dämmerung.“
    „Können wir ihn rufen?“, fragte Zanolla während Ingrams Onkel sich halb zerrissene und stark verschmutzte Sportschuhe über die nackten Füße zog. „Der See ist doch nur eine halbe Meile groß.“
    „Ja, ich“, antwortete der Alte. „Er hat Tucker mitgenommen, der hört mich bestimmt.“
    Als sie näher an den See kamen, wurde ein kleiner, teilweise von Schilf verdeckter Holzsteg sichtbar. Ein Plastikkahn für zwei Mann war daran festgemacht und lag regungslos im Wasser.
    „Kein Boot. Holzboot ist weg. Dann sind sie draußen“, erklärte der Alte. Nacheinander, und mindestens zehn Mal, riefen sie nach Walter, und der Alte rief dazwischen auch immer wieder nach dem Hund. Sie lauschten, aber es kam keine Antwort.
    „Wir müssen suchen.“ Taylor zog den Alten zum Boot. „Versuch du es am Ufer!“, rief er Zanolla zu und zeigte nach links, wo der Bewuchs im Flachwasserbereich nicht ganz so dicht zu sein schien. Zwei Vögel erschreckten die Agenten, als sie zum Flug ansetzten und dabei ein paar Mal mit den Flügelspitzen auf das Wasser schlugen. „Blauflügelenten“, sagte der Alte. „Verdammte Biester!“, fluchte Taylor.
    Taylor überließ dem Alten die Riemen und setzte sich auf die hintere Bank. Etwas weiter draußen schien es heller zu sein, aber der Morgen schritt ja auch voran. Inzwischen konnte man die mit Hemlocktannen dicht bewaldeten Berge sehen.
    „Bekommt man hier draußen auf dem See ein Signal?“, fragte Taylor und holte sein Smartphone aus der Brusttasche seines Hemdes.
    „Keine Chance!“, erwiderte Ingrams Onkel und drehte das Boot, indem er die Riemen ein paar Mal
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