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Priester und Detektiv

Priester und Detektiv

Titel: Priester und Detektiv
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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meinen Sie das?« fragte der andere.
    » Well , ich hätte einen Eid auf sieben Bibeln geschworen, daß ich vier Schillinge auf die Rechnung gesetzt hatte. Aber jetzt sah ich, ich hatte vierzehn Schillinge geschrieben, so deutlich wie gemalt.«
    »Nun?« schrie Valentin, sich langsam, aber mit brennenden Augen entfernend. »Und dann?«
    »Der Pfarrer an der Türe, der sagte ganz heiter: ›Bedauere, wenn ich Ihre Rechnung etwas durcheinanderbringe, aber ich will für das Fenster bezahlen.‹ ›Welches Fenster?‹ fragte ich. ›Das, welches ich einhauen werde,‹ sagte er und zerschlug die Scheibe dort mit seinem Regenschirm.«
    Alle drei Frager stießen einen Ausruf hervor und der Inspektor meinte mit stockendem Atem:
    »Sind wir hinter ausgebrochenen Irrsinnigen her?«
    Der Kellner fuhr mit einem gewissen Wohlgefallen an der lächerlichen Geschichte fort:
    »Ich war für einen Augenblick so verdutzt, daß ich zu nichts fähig war. Der Mann ging zur Türe hinaus und erreichte seinen Freund gerade an der Ecke. Dann gingen sie so rasch Bullock Street hinauf, daß ich sie nicht einholen konnte, obwohl ich durch die Schenke lief.«
    »Bullock Street,« sagte der Detektiv und schoß diese Straße hinab, so schnell wie das sonderbare Paar, das er verfolgte.
    Ihre Fahrt führte sie jetzt zwischen kahlen Mauern hin wie durch Tunnels, Straßen mit wenigen Lichtern und selbst mit wenigen Fenstern. Straßen, die überall aus den kahlen Rückwänden gebildet zu sein schienen. Die Dämmerung nahm zu und es war für die Londoner Polizisten nicht leicht, festzuhalten, nach welcher genauen Richtung sie schritten. Der Inspektor jedoch war so viel wie sicher, daß sie möglicherweise auf irgendeinen Teil der Hampstead-Heide stoßen würden. Unerwartet unterbrach ein hervortretendes, gasbeleuchtetes Fenster wie eine Blendlaterne das blaue Zwielicht und Valentin blieb einen Augenblick vor einem kleinen zierlichen Zuckerbäckerladen stehen. Nach einer Sekunde Zögerns trat er ein. Inmitten der bunten Farben der Konditorei seinen vollen Ernst bewahrend kaufte er mit einer gewissen Sorgfalt dreizehn Schokoladezigarren. Offensichtlich bereitete er eine Anrede vor, doch bedurfte es derselben nicht.
    Eine steife ältliche Jungfer im Laden hatte rein automatisch prüfend seine elegante Erscheinung betrachtet; als sie jedoch die Türe hinter ihm von der blauen Uniform des Inspektors verstellt sah, schienen ihre Augen aufzuwachen:
    »O,« sagte sie, »wenn Sie wegen des Paketes gekommen sind, das habe ich schon weggeschickt.«
    »Paket!« wiederholte Valentin, und nun war es an ihm, fragend zu blicken.
    »Ich meine das Paket, das der Herr hier gelassen hat – der Geistliche.«
    »Ums Himmels willen!« rief Valentin und beugte sich vorwärts, zum ersten Male wirkliche Begierde auf dem Gesichte. »Ums Himmels willen, sagen Sie uns genau, was vorgefallen ist!«
    »Nun,« erzählte die Frau etwas unsicher, »die Geistlichen kamen vor einer halben Stunde herein und kauften etwas Pfefferminz und plauderten ein wenig, und dann gingen sie weg, der Heide zu. Aber eine Sekunde darauf kommt der eine von ihnen in den Laden zurück und sagt: ›Habe ich ein Paket liegen gelassen?‹ Well , ich sah überall nach und konnte keines finden; somit sagt er: ›Es tut nichts, aber wenn es zum Vorschein kommt, schicken Sie es, bitte, an diese Adresse‹ und hinterließ mir die Adresse und einen Schilling für meine Mühe. Und wirklich, obwohl ich geglaubt hatte, ich hätte überall nachgesehen, fand ich, daß er ein Paket aus braunem Papier liegen gelassen hatte, und so schickte ich es dorthin, wo er gesagt hatte. Ich erinnere mich nicht mehr der Adresse, es war irgendwo in Westminster. Aber nachdem das Ding so wichtig schien, dachte ich, vielleicht sei die Polizei darum gekommen.«
    »Ist sie auch,« sagte Valentin kurz. »Ist die Hampstead-Heide weit von hier?«
    »Geradeaus fünfzehn Minuten.« erwiderte die Frau. »und Sie kommen direkt hinaus ins Freie.«
    Valentin sprang zum Laden hinaus und begann zu laufen und die anderen Polizisten folgten ihm in widerwilligem Trapp.
    Die Straße, durch welche sie kamen, war so enge und in Schatten gehüllt, daß, als sie unerwartet unter den weiten Himmel hinaus ins Freie kamen, es sie überraschte, den Abend noch so hell und klar zu finden. Eine vollendete Kuppel von Pfauengrün senkte sich in Gold zwischen den schwärzlichen Bäumen und den dunkelvioletten Farnen hernieder. Die glühendgrüne Färbung war gerade tief
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