Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Priester und Detektiv

Priester und Detektiv

Titel: Priester und Detektiv
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
Vom Netzwerk:
Augen offen zu halten nach einem verdächtigen Dinge.«
    »Welche Sorte verdächtigen Dinges meinen Sie?« fragte der Inspektor.
    »Jede Sorte verdächtigen Dinges,« antwortete Valentin und verfiel in hartnäckiges Schweigen.
    Der gelbe Omnibus kroch die nach Norden hinaus führenden Straßen entlang, hin durch etwas, was endlose Stunden schien; der große Detektiv wollte sich nicht weiter erklären und seine Gehilfen empfanden möglicherweise einen stillen und wachsenden Zweifel hinsichtlich seines Unternehmens. Vielleicht auch fühlten sie ein stilles und wachsendes Verlangen nach ihrem Lunch, denn die Stunden vergingen und lange schon war die normale Mittagsmahlstunde verstrichen, doch die langen Straßen der Nord-Londoner Vorstädte schienen sich aus einer Länge in die andere zu schieben wie ein höllisches Teleskop. Es war eine jener Fahrten, bei denen der Mensch unaufhörlich fühlt, daß er jetzt endlich am Ende des Universums angekommen sein müsse, um dann zu finden, daß er erst am Anfang von Tufnell Park sei. London verlor sich in schmutzigen Schenken und ödem Gestrüpp und war dann wieder unerklärlich zu glänzenden Hauptstraßen und geräuschvollen Hotels geboren. Es war, wie wenn man durch dreizehn einzelne gewöhnliche Städte fuhr, von denen eine an die andere stieß. Doch obwohl die Winterdämmerung bereits über die vor ihnen liegende Straße sich senkte, saß der Pariser Detektiv immer noch schweigsam und wachsam und musterte die Stirnseiten der Straßen, die zu beiden Seiten vorüberglitten. Um die Zeit, da sie Camden Town hinter sich gelassen hatten, waren die Polizisten nahezu eingeschlafen, wenigstens machten sie so etwas wie einen Satz, als Valentin sich aufrichtete, jedem auf die Schulter klopfte und dem Kutscher zurief, anzuhalten.
    Sie taumelten die Treppe hinab auf die Straße, ohne zu wissen, weshalb sie ausquartiert wurden; als sie sich um Erleuchtung umblickten, sahen sie Valentin triumphierend mit dem Finger auf ein Fenster auf der linken Seite der Straße weisen. Es war ein großes Fenster und bildete einen Teil der langen Fassade eines glänzenden und palastartigen Gasthauses, eines jener für das bessere Publikum vorgesehenen, über dem das Wort »Restaurant« stand. Dieses Fenster war, wie alle übrigen längs der Stirnseite des Hotels, aus mit Mustern versehenem Frostglase; in seiner Mitte jedoch befand sich ein großer schwarzer Sprung wie ein Stern im Eise.
    »Endlich unsere Spur,« schrie Valentin, seinen Stock schwingend, »der Ort mit dem zerbrochenen Fenster.«
    »Welches Fenster? Welche Spur?« fragte der Hauptgehilfe, »Wieso? Wo ist der Beweis, daß dies irgend etwas mit ihnen zu tun hat?«
    Valentin zerbrach beinahe seinen Bambusstock vor Zorn.
    »Beweis!« schrie er. »Guter Gott, der Mann sucht nach einem Beweise! Je nun, natürlich, die Chancen sind zwanzig gegen eins, daß es nichts mit ihnen zu tun hat. Aber was können wir sonst tun? Sehen Sie nicht, wir müssen entweder einer Möglichkeit folgen oder nach Hause gehen und uns zu Bett legen?«
    Gefolgt von seinen beiden Gefährten bahnte er sich einen Weg in das Restaurant und bald saßen sie zu einem verspäteten Lunch an einem kleinen Tische beisammen und besahen sich den Stern im zertrümmerten Glase von innen. Nicht etwa, daß er von hier aus besonders belehrend gewesen wäre!
    »Haben Ihr Fenster zerbrochen, wie ich sehe,« begann Valentin zum Kellner, als er seine Rechnung bezahlte.
    »Ja, Sir,« antwortete der Aufwärter, indem er sich geschäftig über das Wechselgeld beugte, welchem Valentin schweigend ein erkleckliches Trinkgeld hinzugefügt hatte. Der Kellner richtete sich mit leichter, aber unverkennbarer Lebhaftigkeit auf.
    »Ah, ja, Sir,« sagte er. »Sehr spaßiges Ding das, Sir.«
    »Wirklich? Erzählen Sie uns,« ersuchte der Detektiv mit sorgloser Neugierde.
    »Well, zwei Gäste in Schwarz kamen herein,« begann der Kellner, »zwei von jenen fremden Pfarrern, wie sie jetzt herumlaufen. Sie haben in aller Ruhe eine billige Mahlzeit genommen und einer von ihnen bezahlte dafür und ging hinaus. Der andere war gerade dabei, sich anzuschließen, als ich nochmals auf mein Wechselgeld schaute und sah, daß er mir mehr als zweimal zu viel bezahlt hatte. ›Hier,‹ sage ich zu dem Burschen, der schon beinahe draußen war, ›Sie haben zuviel bezahlt.‹ ›O,‹ sagt er sehr kühl, ›haben wir?‹ Ja, sage ich und greife nach der Rechnung, um sie ihm zu zeigen. Well , ich war entwaffnet:«
    »Wie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher