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Priester und Detektiv

Priester und Detektiv

Titel: Priester und Detektiv
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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möglich wegzukriechen, ergrimmt über diese eine große Torheit seines Lebens. Aber etwas in dem Schweigen des großen Priesters selbst ließ ihn noch warten, bis dieser sprach. Und als er endlich sprach, sagte er einfach, den Kopf gebeugt und die Hände auf den Knien:
    » Well , ich glaube nach wie vor, daß andere Welten vielleicht noch über unsere Vernunft hinausragen. Das Geheimnis des Himmels ist unergründlich und ich für mich kann nur mein Haupt beugen.«
    Dann, immer noch mit gesenkter Stirne und ohne im mindesten Haltung oder Stimme zu verändern, fügte er hinzu:
    »Geben Sie mir nur Ihr Saphirkreuz herüber, ja? wir sind hier ganz allein und ich könnte Sie niederschlagen wie eine Strohpuppe.«
    Die völlig unveränderte Stimme und Haltung verliehen der unerwarteten Wendung des Gespräches etwas eigenartig Gewalttätiges. Aber der Hüter der Reliquie wandte nur den Kopf um ein winziges. Er schien noch immer ein etwas albernes Gesicht den Sternen zuzuwenden. Vielleicht hatte er nicht begriffen. Oder vielleicht auch hatte er begriffen und saß nun starr vor Schrecken.
    »Ja,« sagte der große Priester mit derselben leisen Stimme und immer noch derselben Haltung, »ja, ich bin Flambeau.« Dann nach einer Pause fügte er hinzu: »Nun also, wollen Sie mir das Kreuz herübergeben?«
    »Nein,« erwiderte der andere und das Wort hatte einen eigenartigen Klang. Flambeau ließ plötzlich seine ganze priesterliche Maske fallen. Der große Räuber lehnte sich auf seinem Sitze zurück und lachte leise, aber lange.
    »Nein,« rief er, »Sie wollen es mir nicht geben, Sie kleiner zölibatärer Einfaltspinsel? Soll ich Ihnen sagen, weshalb Sie es mir nicht geben werden? Weil ich es schon in meiner Brusttasche habe.«
    Der kleine Mann aus Essex wandte im Dämmerlichte sein wie es schien verdutztes Gesicht und meinte mit furchtsamer Neugierde:
    »Sind – sind Sie sicher?«
    Flambeau krähte vor Vergnügen.
    »Wirklich, Sie sind so gut wie eine Dreiakter-Komödie,« rief er aus. »Ja, du Kohlkopf, ich bin ganz sicher. Ich hatte die Idee, von dem richtigen Paket ein Duplikat zu machen, und jetzt, mein Freund, haben Sie das Duplikat und ich die Juwelen. Ein alter Kniff, Father Brown. ein sehr alter Kniff.«
    »Ja,« sagte Father Brown und fuhr immer noch mit derselben eigentümlichen, unbestimmten Weise sich mit der Hand durchs Haar.
    »Ja, ich habe davon gehört.«
    Der Verbrecher beugte sich mit einer Art plötzlich erwachten Interesses nach dem kleinen Landgeistlichen hinüber.
    »Sie haben davon gehört?« fragte er. »wo haben Sie davon gehört?«
    » Well , ich darf Ihnen natürlich seinen Namen nicht nennen,« sagte der kleine Mann einfach. »Er war ein Beichtkind, Sie verstehen. Er hatte mit Erfolg an die zwanzig Jahre allein von Duplikaten brauner Papierpakete gelebt. Und als ich anfing, Verdacht zu schöpfen, dachte ich daran, wie es der arme Bursche gemacht hatte, und machte es gleich nach.«
    »– begannen Verdacht zu schöpfen?« wiederholte der Geächtete mit vermehrter Spannung. »Hatten Sie wirklich die Grütze, Verdacht zu schöpfen, nur weil ich Sie nach diesem verlassenen Teile der Heide gebracht habe?«
    »Nein, nein,« sagte Brown in entschuldigendem Tone. »Sie kamen mir verdächtig vor, schon als ich Sie zum ersten Male sah. Es ist jene kleine Anschwellung oben am Ärmel, wo ihr das Stachelarmband tragt.«
    »Wie, beim Tartarus,« schrie Flambeau, »haben denn Sie vom Stachelarmband gehört?«
    »O, unsere Pfarrkinder, Sie verstehen,« sagte Father Brown, seine Augenbrauen hochziehend. »Als ich Kurat in Hartlepool war, hatte ich drei von ihnen mit Stachelarmbändern. Und da ich Sie somit von Anfang an in Verdacht hatte, sehen Sie, da sorgte ich dafür, daß das Kreuz auf alle Fälle in Sicherheit käme. Unglücklicherweise habe ich Sie beobachtet, ja. Und so sah ich Sie schließlich die Pakete vertauschen. Dann, Sie verstehen, habe ich sie wieder zurückgetauscht. Und dann ließ ich das richtige zurück.«
    »– ließen Sie das richtige zurück?« wiederholte Flambeau, und zum ersten Male war ein anderer Ton in seiner Stimme außer dem des Triumphes.
    » Well , ich habe das so gemacht,« sagte der kleine Priester in derselben ungekünstelten Weise. »Ich ging zu jenem Zuckerbäckerladen zurück und fragte, ob ich nicht ein Paket liegen gelassen hätte, und gab eine genaue Adresse an für den Fall, daß es gefunden würde. Well , ich wußte, ich hatte keines liegen gelassen, aber ich tat es, als
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