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Priester des Blutes

Priester des Blutes

Titel: Priester des Blutes
Autoren: Douglas Clegg
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Orte, die von anderen Welten kündeten, derer man sich noch entsinnen musste. Die Bäume selbst waren Tausende von Jahren alt, viel älter als die Menschheit selbst, gepflanzt von Riesen, die einst über die Erde gewandelt waren, denselben Riesen, die die gigantischen Steine hergebracht hatten, welche entlang der Ebene in der Mitte des Waldes lagen. Sie erzählte mir auch von der Feenkönigin, deren Schloss noch immer an dem goldenen See in der Mitte des Waldes stand, obwohl ich mich nie weit genug vorwagte, um es zu sehen. Ich konnte mir einen See
aus Gold gut vorstellen, und sie erzählte mir, dass sich der See, sollte die falsche Person mit ihrem Boot darauf fahren, in einen See aus Feuer verwandeln würde. »Sieben Prinzessinnen schlafen im Schloss und warten darauf, dass sieben Jünglinge kommen und den Bann brechen«, pflegte sie mir und meinen Geschwistern zu erzählen, wenn sie das Kindbettfieber meiner Mutter behandelte. »Jede Nacht verwandeln sich die Prinzessinnen in Raben und fliegen aus dem Wald, um die tapferen Jünglinge zu finden, die sich über den See wagen, um sie zu retten.«
    Bei einer Gelegenheit erzählte sie uns auch die Geschichte von der Wahren Braut, die für mich sogar einen gewissen Sinn ergab, obgleich ich sie nicht vollkommen verstand.
    »So lebte die Jungfrau von nun an im Schloss und heiratete in der Kirche den schönen Prinzen. Als der Mond zunahm, kehrte sie im Mondlicht in den Garten zurück. Sie stand unter dem Birnbaum und rief nach dem goldenen Vogel. Sehr bald flog der Vogel vom Himmel herab und brachte in seinem Schnabel ihr silbernes Hochzeitskleid. Und sie trug es nachts, denn diejenigen, die zu ihr kamen, wussten, dass sie die Wahre Braut war. Als aber der Vater des Prinzen, der König, nach vielen Jahren im Krieg nach Hause zurückkehrte, gefiel ihm die Frau nicht, diesein Sohn sich ausgesucht hatte. Also ließ er sie von Räubern fesseln und in einen großen Kessel werfen. Diesen versiegelte er und befahl den Räubern, ihn in die tiefste Grube zu werfen, die sie finden konnten. Dann ging er zu seinem Sohn, dem Prinzen, und sagte zu ihm, seine Frau wäre treu los gewesen. Er brachte ihm eine andere Jungfrau. Diese war reich, faul und boshaft. Sie warf nur einen kurzen Blick auf einen Menschen und bildete sich gleich ein Urteil, ohne zweimal darüber nachzudenken. Nachdem der Prinz viele Jahre darauf gewartet hatte, dass seine Braut zu ihm zurückkehrte, stimmte er schließlich zu, die neue Frau zu heiraten. Diese stellte jedoch immer höhere Ansprüche an ihn und das gesamte Königreich.
Dennoch sollte man nicht hassen. Sie stammte aus einem anderen Land und vermisste ihr Volk. Trotzdem - sie verursachte viel Kummer und tat nur wenig Gutes. Als ihre Missgunst erregt war, rückte sie ihrem Ehemann zu Leibe, damit er seinen Nachbarn den Krieg erklärte. Sie bestrafte die Starken und Rechtschaffenen und belohnte die Schwachen und Eitlen.
    Eines Nachts betrat der Prinz, nun König geworden, den Garten, den seine erste Braut so geliebt hatte. Er erinnerte sich daran, wie sie den Vogel gerufen hatte, und tat es ihr gleich, denn er vermisste seine wahre Liebe. Als der Vogel herbeikam, aus dem silbernen Mondlicht herabflog, trug er in seinem Schnabel das silberne Kleid sowie ein Diadem aus Gold. Der Vogel erzählte dem König, was sein Vater getan und wie seine erste Frau um ihr Leben gefleht hatte. Die Räuber hatten Erbarmen mit ihr gehabt und sie freigelassen, doch sie hatten geschworen, dass sie sterben würde, sollte sie den Großen Wald jemals verlassen. Der König war untröstlich, aber der Vogel sagte zu ihm, er sollte Vertrauen haben. ›Behalte das Kleid und das Diadem, denn sie wird zurückkehren, wenn sie ihre Kraft in sich spürt. Bleibe bei deiner neuen Frau, aber wenn die Zeit gekommen ist, wirst du deine Wahre Braut wiedersehen. Sie wird aus dem Großen Wald kommen, also musst du ihn und die Lebewesen, die darin leben, schützen. Und wenn sie kommt, hole das silberne Kleid und das Diadem, umarme sie und feiere die Wahre Braut, wenn du sie siehst.‹
    Und so stand der König eines Tages, als er schon sehr alt und seine zweite Frau an einem Anfall von Zorn und Bitterkeit gestorben war, auf dem Feld und sah die Wahre Braut aus dem Wald treten, nackt und wunderschön, auf ihrer Stirn einen Halbmond, an ihren Armen und Fingern die geheimen Juwelen der Erde. Sie war so jung, wie sie gewesen war, als er sie zum letzten Mal gesehen hatte, und obwohl er sie wegen der
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