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Priester des Blutes

Priester des Blutes

Titel: Priester des Blutes
Autoren: Douglas Clegg
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Jahre, die für ihn vergangen waren, und seiner Erinnerung, die wie der Mond da hingeschwunden
war, kaum wiedererkannte, begrüßte er sie den noch mit Wärme und Liebe. Er gab ihr ihr silbernes Kleid und das Diadem, und sie legte beides an. Sie empfand weder Zorn auf seinen Vater, der sie ver raten hatte, noch auf ihn, der sich eine zweite Braut genommen hatte. Zusammen kehrten sie auf das Schloss zurück, denn die Zeit für die Wahre Braut war gekommen, ihren Platz neben dem König der Menschen einzunehmen.«
    Niemand von uns verstand diese seltsame Geschichte, aber Mere Morwenna sah jeden und jede eindringlich an, um festzustellen, ob wir uns in unseren Köpfen ein Bild davon gemacht hatten. Hatten wir das? Ja. »Gut«, meinte sie. »Die Geschichten des Waldes müssen fortbestehen. Denn ebenso wie dieser König müsst ihr alle die Wahre Braut erkennen, wenn sie in die Welt der Menschen zurückkehrt. Sie hält sich jetzt verborgen, aber sie wird zurückkehren, und ihr müsst ihre Kleidung und ihre Krone bereithalten.«
    Ich kannte mein eigenes Heimatland nicht gut genug, um zu wissen, dass die Wahre Braut, von der sie sprach, die Verehrung der Göttin der Natur selbst sein musste, die verschwunden war, um sich im Großen Wald zu verbergen, als der neue Gott eingefallen war und versucht hatte, sie zu vernichten.
    Die Bäume des Großen Waldes waren uralte Eichen, aber selbst zwischen ihnen wuchs ein Dschungel aus an deren Bäumen und Pflanzen, so dass der Wald stets grün aussah, selbst im tiefsten Winter. Wenn ich als Kind an einem seiner Wasserläufe zufällig auf einen Salamander traf, stellte ich mir vor, er wäre eine Fee, die von einer Zauberin ver flucht worden war. Und ein Igel konnte ein kleiner Prinz sein, der nicht rein genug gewesen war, den See aus Gold oder Feuer zu überqueren. Es war ein Ort der Fantasie, der Wunder und der Gefahr - und die Quelle, die uns in der Not versorgte.
    Als meine ältere Schwester und ich einmal im Wald nach Beeren
suchten (wohl wissend, dass wir eine äußerst harte Bestrafung riskierten, wenn wir von irgendeiner Obrigkeit erwischt würden), stießen wir zufällig auf etwas, das für mich wie ein Teil eines verfallenen Schlosses aussah. Es war mit Kletterpflanzen überwuchert und seine Steine waren mit Farn durchwachsen, der in merkwürdigen Winkeln herauswuchs. Ich betrat es durch seinen kleinen Eingang. Auch wenn mich in seinem Inneren ein Durcheinander aus Schmutz und Dornensträuchern erwartete, sah ich sein kuppelförmiges Dach mit verblassten Malereien da rauf, von nackten Frauen, die mitten unter fremdartigen Bestien tanzten, die Köpfe wie Adler, Hinterteile wie Löwen und die Flügel von Drachen besaßen. Meine ältere Schwester Annik sagte zu mir, wir sollten diesen Ort verlassen, denn es handle sich dabei zweifellos um einen alten Ort, einen der Alten Bräuche, einen Ort der Bräuche des Teufels.
     
    Tiere waren die Begleiter meiner Kindheit, abgesehen von meinem Großvater.
    Meine erste Liebe waren die Hunde, große Wolfshundköter, die in Winternächten als zusätzliche Decken dienten, zwischen und auf meinen Brüdern und mir. Meine zweite Liebe waren die Vögel der Lüfte. Mein Großvater ging oft mit mir zum Waldrand, um mir Vogelrufe und die Namen jedes geflügelten Wesens beizubringen. Außerdem zeigte er mir, wie ich einen Falken in seinem Nest finden konnte, wie ich ihn vom Schlüpfen an aufzog und ihm beibrachte, für mich zu jagen. Auch unterwies er mich darin, wie man einen Raben lehrte, mehrere Worte zu sprechen. Dies beherrschte ich allerdings niemals ganz. Mein Großvater hielt Tauben, sowohl um sie zu essen, als auch zur Gesellschaft, und ich kann mich am besten an ihn erinnern, wie er auf einem Felsen am Rande einer langen Wiese stand, während die Vögel mit ihren weißen Flügeln an seinen Armen und über seinem Kopf flatterten, als wären sie im Begriff, ihn in den Himmel zu tragen.

    Von allen Kindern war ich das einzige, für das Vögel einen großen Reiz besaßen.
    Wir waren zu sechst, und außerdem gab es noch zwei Mädchen, die zu der Zeit, als ich meine Familie verließ, Säuglinge waren.
    Du musst wissen, was für eine Rolle die Vögel damals in unserem Leben spielten - in vieler Hinsicht waren sie so wichtig wie unsere Augen. Hühnerhabichte und Falken waren schwer zu bekommen und auch schwer abzurichten, und die Ritter, die von überallher kamen, verlangten nach Falknern, die mit ihren Jagdgesellschaften reisten. Es hieß, der Her zog
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