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PR NEO 0046 – Am Rand des Abgrunds

PR NEO 0046 – Am Rand des Abgrunds

Titel: PR NEO 0046 – Am Rand des Abgrunds
Autoren: Verena Themsen
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hatte, wann er aufhören musste, eine Debatte weiterzuführen. Fast so angenehm wie die Tatsache, dass die bloße Anwesenheit des Mischlings an der Seite des zweitmächtigsten Mannes des Imperiums ein Affront für all die hochadeligen Lackaffen war, die früher auf da Teffron, den unwichtigen Abkömmling einer unwichtigen Familie des niederen Adels, herabgesehen hatten.
    Und sowenig, wie Sergh da Teffron es sich leisten konnte, die Gunst des Regenten zu verlieren, so wenig konnte Stiqs Bahroff auf die seine verzichten. Sein Leben lag in da Teffrons Hand. Er würde sie weiter schützend über ihn halten oder ihn den Ma'pek zum Fraß vorwerfen.
    Da Teffron lächelte.
    Doch, er würde den Diener den Aktivator noch eine Weile länger tragen lassen. Zum einen, um ganz sicher zu sein, und zum anderen, weil das Bahroff täglich daran erinnerte, wo seine Position war.
     
    »Hey!«
    Sharmila sah auf. Der hochgeschossene Ghanaer Atu Jabir stieg gerade über die Bank auf der gegenüberliegenden Seite des Tisches, die Essensschale in beiden Händen. Er ließ sich neben Sarah Westcott auf die Bank fallen, ein lebender Kontrast zu der zierlichen blonden Südafrikanerin, und knallte seine Schale auf den Tisch. Ein Äderchen im Weiß seines rechten Auges war geplatzt. Er nahm das Besteck aus der Schale, machte aber keine Anstalten, mit dem Essen anzufangen, sondern starrte nur darauf.
    »Morgen wollen sie Hélder töten«, sagte er.
    Kälte durchfuhr Sharmila. »Mahesh«, hauchte sie.
    »Schätze, man hätte es kommen sehen können«, fuhr Atu fort. »Fast verwunderlich, dass es so lange gedauert hat, bis sie ihn rausgepickt haben. Er hat die Wachen oft genug provoziert. Sie haben ihn schon seit einigen Tagen in der Mangel. Hab es aber auch erst heute erfahren.«
    Sharmila nickte. Ihr Magen revoltierte, und sie fürchtete, sich im nächsten Moment erbrechen zu müssen. Klirrend fiel ihr Besteck in die Schale, als sie nach dem Rand des Tisches griff, um sich aufrecht zu halten.
    Sarah beugte sich herüber und legte ihre Hand auf Sharmilas. »Sharmila ... was ist mit dir?«
    »Nichts ... ich ...« Sie senkte den Kopf, um die aufsteigenden Tränen zu verbergen. »Das hat er nicht verdient.«
    »Hat niemand verdient«, schnaubte Atu. »Aber sie werden uns alle abschlachten, einen nach dem anderen.«
    »Atu, sag so was nicht«, bat Sarah. Die Virtuellviolinistin aus Südafrika hatte die letzten Reste ihrer früheren Fröhlichkeit verloren, seit man ihr das Pad weggenommen hatte, mit dem sie ihre Musik erzeugte. Dennoch hielt sie krampfhaft an der Hoffnung fest, dass das alles ein riesiger Fehler war, dass irgendwann jemand das endlich erkennen und sie herausholen würde.
    Der Ghanaer zuckte die Achseln. »Hat keinen Sinn, sich was einzureden. Morgen Hélder, dann vielleicht du oder ich, und spätestens in 'nem Jahr sind wir alle tot, wenn wir nichts machen.«
    »Wenn wir etwas machen, sind wir noch schneller tot«, stellte Sarah fest. »Und was können wir schon erreichen? Wir sind unendlich weit weg von zu Hause auf einer feindlichen fremden Welt, eingeschlossen in einer Festung voller schwer bewaffneter Soldaten. Wir haben keine Chance, irgendwas zu verbessern.«
    »Celistas«, warf Sharmila leise ein. »Sie nennen sich Celistas. Also, die Arkoniden hier. Ich glaube, sie sind eine Art Geheimpolizei.«
    »Sind die Schlimmsten«, knurrte Atu. »Werden uns alle umbringen.« Heftig trieb er seinen Löffel in den Nahrungsbrei.
    Sharmila schloss die Augen und hob die freie Hand, um sich über die Augen zu wischen. Sarah drückte ihre Hand.
    »Ich wusste nicht, dass Hélder dir so viel bedeutet«, sagte sie leise. »Auf der TOSOMA hast du ihn doch noch als Kulturanarchisten beschimpft.«
    Sharmila schluckte den in ihrer Kehle aufsteigenden Brei wieder hinunter und sah auf ihre Schüssel.
    »Das war nur Show«, sagte sie. »Was ich gesagt habe – das war, wie ich früher über ihn gedacht habe, am Anfang, als ich seine Musik das erste Mal gehört habe. Aber er hat mich trotzdem genug fasziniert, dass ich mich weiter mit ihm beschäftigt habe. Mit seiner Musik, mit ihm selbst ... Als ich hörte, dass er mit der TOSOMA fliegen würde, habe ich alle Fäden gezogen, die meine Familie mir bot, um auch mitzufliegen. Ich wollte ihn treffen. Aber glaubst du, er hätte jemanden wie mich einfach so an sich herangelassen? Ich musste ihn angreifen, um ihn zu öffnen.«
    Sie schloss die Augen, und für einen Moment war sie wieder auf der TOSOMA, am
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