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PR NEO 0046 – Am Rand des Abgrunds

PR NEO 0046 – Am Rand des Abgrunds

Titel: PR NEO 0046 – Am Rand des Abgrunds
Autoren: Verena Themsen
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zu bringen. »Aber das ... das da ...«
    »... entspringt dem ganz besonderen Modegespür einer sehr speziellen Dame. Haben Sie jemals versucht, mit einer Frau über Geschmacksdinge zu streiten?«
    »Uh.« Rhodan fuhr mit einer Hand durch seine blonden Strähnen und schüttelte den Kopf. »Auch wenn ich vermutlich deutlich weniger Lebenserfahrung habe als Sie, weiß ich doch, welche Konflikte man besser gar nicht erst beginnt.«
    Der Arkonide nickte. »Sehr weise. In diesem Fall kommt erschwerend hinzu, dass die für die Garderobe verantwortliche Dame seit zehntausend Jahren tot ist. Der Inhalt dieser Speicher ist aber ohnehin recht gut geeignet, unsere Tarnung zu unterstützen. Was Sie da tragen, passt zu einem Schatzsucher ungefähr so gut wie ein Debütantinnenkleid zu einem Totengräber.«
    »Heißt das, ich werde auch so etwas tragen müssen?« Unwillkürlich glitt Rhodans Blick erneut über die Kleidung seines Gegenübers.
    »Falsch«, antwortete Atlan mit einem sardonischen Lächeln. »Es heißt, Sie werden aus dem, was ich nicht genommen habe, etwas noch Schlimmeres wählen müssen.«
    Rhodan war versucht, erneut zu fluchen, beließ es dann aber bei einem Durchatmen. Er schüttelte den Kopf.
    »Weshalb ich eigentlich komme: Die TIA'IR ist in Kürze bereit für den letzten Sprung zu Hela Ariela. Sie sollten in die Zentrale kommen.«
    »Warum haben Sie mir das nicht über die schiffsinterne Kommunikation mitgeteilt?«
    »Ich brauchte Bewegung. Dieses Schiff ist schlimmer als eine Sardinenbüchse. Da muss man gelegentlich den Raum nutzen, den man hat, um nicht klaustrophobisch zu werden.«
    »Die TIA'IR ähnelt einem irdischen Formel-1-Rennwagen«, sagte Atlan. »Nahezu kein Komfort, aber jede Menge Kraft unter der Haube. Nach dem, was ich bislang herausfinden konnte, hat die arkonidische Technologie es niemals wieder geschafft, etwas so Leistungsstarkes wie den Experimentalantrieb zu entwickeln, um den herum unser Schiff gebaut ist. – Hier, schenke ich Ihnen.«
    Er drückte Rhodan etwas violett Glitzerndes in die Hand. Ratlos sah der Astronaut darauf hinunter. Er fühlte sich an etwas erinnert, doch er konnte nicht den Finger darauf legen. »Was ist das?«
    »Das Diadem, das eigentlich zu diesem Anzug gehört.« Der Arkonide lächelte und trat an Rhodan vorbei in den Gang. »Es steht Ihnen bestimmt ganz vorzüglich.«
    Rhodan sah mit gerunzelter Stirn auf das steife Geflecht aus Silberfäden hinunter. Perlen und violett schimmernde Halbedelsteine glitzerten in jedem Zwischenraum. Unschlüssig darüber, was er damit anfangen sollte, stopfte er es kurz entschlossen in seine Hosentasche. Mit einigen langen Schritten holte er wieder zu Atlan auf.
    »Was war das eben mit ›Experimentalantrieb‹?«, fragte er. »Heißt das, wir sitzen in einem Ding, das sich jeden Moment entschließen könnte, zu explodieren?«
    »Wenn Sie meinen, ob wir auf einer Bombe reiten – nein. Wenn es Ihnen darum geht, ob es einhundert Prozent zuverlässige und sichere Technologie ist – ebenfalls nein. Aber Menschen haben sich im Laufe der Jahrtausende, ohne mit der Wimper zu zucken, schon deutlich gefährlicheren Geräten anvertraut, um ihre Ziele zu erreichen. Ich für meinen Teil habe auf der Erde in Boliden gesessen, die jeden Sicherheitsfachmann der heutigen Zeit in den Herzinfarkt getrieben hätten. Trotzdem habe ich jede Meile der Fahrt genossen. Vor allem aber die Ankunft.«
    Rhodan beobachtete, wie ein Lächeln über das Gesicht des Arkoniden huschte, dem jedoch ein Schatten folgte. Rhodan hatte gelernt, was dieser Ausdruck hieß: Jedes Nachfragen dazu würde keine weiteren Antworten ergeben.
    Er fragte sich, warum Atlan manche seiner Geheimnisse so eifersüchtig hütete. Schon die Funde in der Unterwasserkuppel hatten klargemacht, dass der Mann die Epochen der Menschheit nicht nur verschlafen, sondern rege daran Anteil genommen hatte. Trotzdem wussten sie noch immer so gut wie nichts über ihn.
    Rhodan beschloss, lieber wieder zum ursprünglichen Thema zurückzukehren.
    »Crest meinte, der Antrieb sei in etwa zwanzig Zentitontas bereit, also etwas mehr als einer Viertelstunde, wenn ich richtig gerechnet habe«, berichtete er. »Ich schätze, ich schaue dann besser, dass ich ebenfalls eine angemessene Kleidung finde, bevor wir springen – auch wenn ich wohl in keinem Fall mit Ihrem überwältigenden Auftreten werde mithalten können.«
    Ein Lächeln blitzte in Atlans Augen auf und vertrieb den grüblerischen Ausdruck.
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