Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PR NEO 0037 – Die Stardust-Verschwörung

PR NEO 0037 – Die Stardust-Verschwörung

Titel: PR NEO 0037 – Die Stardust-Verschwörung
Autoren: Christian Montillon
Vom Netzwerk:
weckte mich Rico nach einer Schlafepoche von 75 Jahren.
    »Es gibt einen guten Grund«, sagte Rico. »Die Menschheit hat Fortschritte gemacht, seitdem du zum letzten Mal die Kuppel verlassen hast, Atlan.«
    »So? Haben sie noch bessere Waffen entwickelt, um sich gegenseitig umzubringen?« Ich wollte trocken lachen, doch es war wohl im wahrsten Sinn des Wortes etwas zu trocken, und ich musste husten. Als es vorüber war, trank ich vorsichtig noch ein paar Schlucke. Ich spürte die Kühle des Wassers die Speiseröhre hinunterrinnen und bis in den Magen hinein.
    »Das haben sie in der Tat. Auf diesem Gebiet sind sie erstaunlich erfinderisch.«
    Ich fragte mich, ob Rico diese Worte spöttisch aussprach oder voll echter Bewunderung. »Aber?«
    »Aber deshalb habe ich dich selbstverständlich nicht geweckt. Eine Notsituation erfordert dein Eingreifen.«
    »Und zwar?« Ich stand auf. Der ganze Boden schwankte. Die schlichten Metallwände drehten sich, als meine Knie nachgaben; die beiden Kälteschlafliegen krochen die Wände hinauf.
    Natürlich bildete ich mir das nur ein. Ich war es, der kippte. Ricos Arm schoss vor, er stützte mich. »Es ist so weit«, sagte er.
    Die Worte brachten augenblicklich meine Augen zum Tränen. »W... was?« Sollte das etwa bedeuten, dass ...
    »Die Menschheit stößt ins All vor.« Rico klang völlig emotionslos, als würde er mir mitteilen, welches Wetter weit oben über der Meeresoberfläche herrschte.
    »Sie haben ein Raumschiff gebaut?«
    »Eine Rakete«, schränkte er ein. »Ein zerbrechliches Ding, von dem sie hoffen, dass es ihren Mond erreicht.«
    Ich schüttelte seinen Arm ab. Die Nachricht gab mir Kraft. Von diesem Punkt der Entwicklung aus trennten die Menschen im wahrsten Sinn des Wortes noch Welten von echten interstellaren Reisen – aber es war ein Anfang, auf den ich bereits lange wartete. Zwar hatte Präsident Kennedy im Mai 1961 die Absicht verkündet, zum Mond zu fliegen – das war während meiner letzten Wachphase gewesen. Aber wegen all der politischen Wirren hatte ich es nicht für möglich gehalten, dass er das tatsächlich in die Tat umsetzen könnte.
    Seit rund 10.000 Jahren.
    »Genauer gesagt«, fuhr Rico fort, »ist ihnen das vor einigen Jahrzehnten sogar schon gelungen. Sie waren damals auf dem Mond.«
    »Warum hast du mich zu diesem Zeitpunkt nicht geweckt?«, begehrte ich auf. »Ich hätte ...«
    »Was macht es für einen Unterschied? Gewiss, du träumst davon, eines Tages nach Arkon zurückkehren zu können. Aber eine Rakete, mit der sie mit viel Glück und Wagemut ihren Trabanten erreicht haben, hilft dir dabei nicht weiter.«
    »Gut. Und warum hast du mich jetzt geweckt?«
    »Es geht nicht um die Rakete, sondern um etwas anderes. Um jemand anderen.«
    »Wenn ich Kraft hätte«, sagte ich zu Rico, »würde ich dich packen und durchschütteln, um dir nicht jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen zu müssen! Sei froh, dass mein Körper noch halb im Tiefschlaf steckt ...«
    Dieses Mal streckte der Roboter die linke Hand aus. Darin hielt er ein flaches Metallplättchen, auf dem ein winziger Speicherkristall lag. Rico fuhr über ein Sensorfeld auf dem Plättchen, und vor seiner Hand formte sich eine frei in der Luft schwebende Holografie.
    Zuerst tanzten nur einige sprühende Funken in der Luft wie umherwirbelnder Staub, der in einem grellen Sonnenstrahl glänzte. Einen Augenblick später bildeten sich Konturen heraus, eine abenteuerliche, bleistiftförmige Rakete in einem gewaltigen Trägergestell. Die Rakete startete ...
    ... und explodierte.
    Trümmerteile rasten umher und zerschmetterten den Asphalt des Startfelds. Metallteile bohrten sich tief in die Erde, schnitten metertiefe Krater. Ein gezacktes Stück der Außenhülle mit mehreren Metern Durchmesser schmetterte in ein Gebäude, zerfetzte das Dach, rasierte ein ganzes Stockwerk ab. Brände loderten auf, das Trägergestell knickte ein, brach ab und donnerte auf.
    Alles geschah in der Wiedergabe völlig lautlos, geradezu gespenstisch.
    »Was ist das?«, fragte ich.
    Rico schaute mich an, mit ausdruckslosem Gesicht. Er ist ein Roboter, rief ich mir in Erinnerung, und wenn er noch so lebendig wirkt.
    »Was das ist?«, wiederholte er. »Das, Atlan, ist dein Ziel ...«
     
    Eine Stunde später wusste ich mehr und verließ endlich die Tiefschlafkammer. Draußen, in der weitaus größeren Kammer, atmete ich auf. Es tat gut, sie wiederzusehen. Mein Portal in die Welt.
    Ich schaute zum Becken am anderen Ende des Raums,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher