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PR Lemuria 01 - Die Sternenarche

PR Lemuria 01 - Die Sternenarche

Titel: PR Lemuria 01 - Die Sternenarche
Autoren: Frank Borsch
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im Graben liegen. Keine der Meldungen hatte je das Netz erreicht. Denetrees manipulierte Firmware sorgte dafür, dass sie niemals gesendet wurden. Stattdessen erhielt das Netz vom Lenkercomputer lediglich eine Standard-Grünmeldung - »Rad intakt. Kein Wartungsbedarf.«
    In einem hohen Gang ließ Denetree mit harten Tritten das Feld, auf dem sie ihre heutige Schicht verbracht hatte, hinter sich. Ihre Arme und ihr Nacken schmerzten. Jakulenten zu ernten, war Schwerarbeit. Die langstieligen Pflanzen wurden vom Schiff wegen der reißfesten Fasern kultiviert, die sich aus ihren Stielen gewinnen ließen. Aber zu entscheiden, welche der Stiele reif für die Ernte waren, sie abzuschneiden und in die individuellen Fasern zu trennen, war eine üble Plackerei - so hart, dass ein Metach üblicherweise nicht länger als zwei Wochen für diese Arbeit eingeteilt war.
    Denetree ignorierte den Schmerz. Sie würde ihn vergessen, spätestens in einer halben Stunde, wenn die Anstrengung des Tretens ihren Puls auf beständige 140 Schläge pro Minute gebracht haben würde und das Blut, das durch ihre Adern schoss, den Schmerz mit sich riss.
    Ihre Gedanken waren ohnehin woanders.
    Sie machte sich Sorgen um ihren Bruder. Venron war in den letzten Wochen so schweigsam gewesen wie nie zuvor. Nicht, dass er jemals viele Worte gemacht hätte, aber zumindest gegenüber ihr hatte er sich auch dann geöffnet, wenn das Gefühl des Eingesperrtseins, der Ausweglosigkeit übermächtig zu werden drohte. Dann hatte er seinen Kopf in ihren Schoß gelegt, hinauf in den Himmel geblickt, der zum Greifen, nein, zum Heulen nah über ihnen hing und seinen Anblick nie veränderte. Hell, aber nicht blendend bei Tag, von lastender, undurchdringlicher Schwärze bei Nacht.
    Er und Denetree hatten viel Spott und hämische Bemerkungen wegstecken müssen. Nicht wegen ihrer Sehnsucht nach den Sternen, die behielten sie für sich, sondern wegen der Nähe, die sie mit ihrem Bruder verband. Auf dem Schiff existierten keine Familien. Kinder wurden in nach Altern geordneten Gruppen großgezogen; oft lernten Geschwister einander nie kennen. Die wenigsten ver-suchten es. Wozu auch?
    Durch einen Zufall waren Denetree und Venron Metach'tons in unmittelbarer Nachbarschaft zugeteilt worden. Und seit sie das erste Mal einander durch Zufall über den Weg gelaufen waren, blieben sie unzertrennlich. Ein Band bestand zwischen ihnen, das selbst die beiden Geschwister nicht mit Worten beschreiben konnten.
    Venron hatte oft geweint, während Denetree vergeblich darauf gewartet hatte, dass ihr erlösende Tränen kamen. Irgendwann schlief ihr Bruder ein. Der harte Griff seiner Hände um ihren Körper wurde zu einer zärtlichen Berührung, sein Atem entspannt und gleichmäßig, während er von den Sternen träumte, und dem Leben zwischen ihnen, das ihnen womöglich offen stand, wenn es ihnen nur gelang, das Gefängnis von Schiff hinter sich zu lassen.
    Denetree hatte es nie geschafft, sich in ihre Träume zu flüchten, um Ruhe zu finden. Sie hatte nur ihr Rad, das Pumpen ihres Herzens, das protestierende Pochen ihrer Oberschenkel und die endlosen Runden durch das Schiff, die nirgendwohin führten.
    Denetree gelangte zu den Feldern, auf denen Venrons Metach'ton derzeit eingesetzt war. Die Hütte, die den zwei Dutzend jungen Männern und Frauen als Unterstand und Umkleide- und Materialraum diente, war verlassen. Sie mussten ihre Schicht bereits beendet haben. Denetree überlegte, dann fuhr sie weiter, in Richtung Bug. Den ganzen Tag über hatten die Angehörigen ihres Metach'tons von der Party geschwärmt, die dort stattfinden sollte. Vielleicht hatte die Nachricht auch den Venrons erreicht.
    Nach einigen Minuten sah sie vor sich einen Pulk, der sich langsam durch die Felder bewegte. Sie trat schneller und holte ihn rasch ein. Es war Venrons Metach'ton. Ein Schwarm von Rädern umringte eine von einem Elektromotor angetriebene Ernteplattform. Es war strikt verboten, die Plattformen zu etwas anderem als zur Arbeit einzusetzen - Energie war zu wertvoll, um sie auf etwas anderes zu verschwenden -, aber die jungen Männer und Frauen kümmerten sich nicht darum. Die eine Hälfte des Metach'tons hatte es sich auf der schmutzigen Plattform bequem gemacht, die Übrigen fuhren auf Rädern, versuchten, sich mit einer Hand an der Plattform festzuhalten, um sich mitziehen zu lassen. Die Metach waren ausgelaugt vom Tag, aber die Sehnsucht danach, etwas zu erleben, trieb sie an.
    »Deckung!«, rief einer
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