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PR 2678 – Das Windspiel der Oraccameo

PR 2678 – Das Windspiel der Oraccameo

Titel: PR 2678 – Das Windspiel der Oraccameo
Autoren: Michael Marcus Thurner
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die Arbeit als höchst begabte Techniker der Fünfdimensionalität erleichterte.
    »Was hat das zu bedeuten?«, fragte Fogga seinen Halter, weiterhin durch einen Energieschirm geschützt.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Gooswart. »Tion Youlder hat mir keinerlei Hinweise gegeben, was ich hier zu tun habe.«
    Der Oberste Herr über alle Oraccameo erteilte mitunter rätselhafte Anweisungen, wie Fogga nur zu gut wusste. Er kannte den größten Teil der Konversation zwischen Wörgut Gooswart und ihm. Vieles deutete auf charakterliche Widersprüchlichkeiten hin, die ihn eines Tages in Depressionen oder Schlimmeres treiben würden. Doch eine derartige Veranlagung war den meisten Oraccameo zu eigen.
    Der Haupthenker ließ sich von einem Helfer ein unspektakulär wirkendes Gerät reichen.
    Es war kugelrund und hatte zwei schwere Griffe, die wie Ohren abstanden. Schläuche führten von dem sonderbaren Ding in einen unscheinbaren Kasten, der am anderen Ende des Raums positioniert war. Es lag keinerlei Ästhetik, keinerlei künstlerischer Inhalt in dieser Anordnung. Fogga vermutete, dass es sich um einen wenig entwickelten Prototypen handelte, der eine mit »Entleibung« umschriebene Tötung vollziehen sollte.
    »Ihr seid so weit«, sagte der Haupthenker. Er musterte einen Delinquenten nach dem anderen. »Keine Gnade wird gewährt. Doch ihr dürft stolz sein, Teil eines Experiments zu sein.«
    Er sprach die Worte formelhaft.
    Fogga merkte ihm an, dass er sie verwendete, ohne zu wissen, worum es eigentlich ging. Der Marestobare, dessen Wurzeln nun heftig leuchteten und glühten, war derjenige, der die Fäden in der Hand hielt.
    »Vollzug!«, sagte der Haupthenker und fuhr auf Geheiß des Pilzwesens einen Regler an seinem Gerät hoch. Er hielt den leicht abgeflachten Teil auf einen der Verurteilten gerichtet.
    Es geschah ... nichts. Der Oraccameo stand bloß da, an Händen und Beinen gefesselt, schicksalsergeben, mit gesenktem Kopf.
    Zeit verging, der Haupthenker gab sich nervös. Er schwenkte die Kugel hin und her. Der Marestobare lenkte ihn mit seinen Leuchtfühlern, schwebte zur lenkenden Zentraleinheit, nahm dort einige Justierungen vor, kehrte zurück.
    Auch er wirkte zunehmend verzweifelt. Fogga verstand sich zwar nicht sonderlich gut auf die Deutung dieser seltsamen Geschöpfe, doch die Anzeichen einer Körperfäule, die unweigerlich zu Krankheit und einer Häutung führen würden, waren deutlich auszumachen.
    Der Verurteilte zuckte zusammen. Sein Kopf schlug zurück, wie von Geisterhand bewegt. Er torkelte, stolperte über die energetischen Beinfesseln, wurde aufrecht gehalten.
    Er kreischte los mit hoher Stimme.
    Wie lange war es her, dass Fogga einen Oraccameo hatte schreien hören?
    Oraccameo hatten die Selbstbeherrschung zu einer ihrer großen Tugenden gemacht, wie sie auch die Begabung besaßen, Schmerzgefühle zu unterdrücken.
    Doch dieser da – er litt! Sein Leib zuckte. Der Kopf vollführte unmöglich erscheinende Bewegungen. Schaum träufelte aus den Mundwinkeln, er hustete und brabbelte sinnloses Zeug vor sich hin.
    Die beiden anderen Verurteilten rückten von ihm ab, so weit sie konnten; doch auch sie wurden nun, da der Haupthenker sein Gerät hin und her schwenkte, von den Ausstrahlungen des Entleibers erfasst.
    Es war eine Bestrahlung, die sie erlitten, keine Frage. Vielleicht ließ sie Zellkerne mutieren, vielleicht brachte sie alle Körperflüssigkeit zum Kochen. Fogga interessierte es nicht. Der experimentelle Charakter dieses Schauspiels – und es war ein Schauspiel! – zog ihn mehr und mehr in seinen Bann.
    Was er zu sehen bekam, war ... gut! Die Dramaturgie mochte etwas laienhaft sein und die Effekte übertrieben. Doch er erahnte eine ganz besondere Kraft, die dem Drama, das sich vor seinen Augen vollzog, seine Würze gab.
    Der erste Oraccameo brach zusammen, dann der nächste. Der letzte hatte eine deutlich längere Leidenszeit – er bildet damit den krönenden Abschluss dieser gelungenen Aufführung! – und wurde schließlich auch von den energetischen Fesseln freigelassen. Haltlos fiel er zu Boden, ein dumpfes Geräusch erklang.
    »Dem Recht ist Genüge getan«, sagte der Haupthenker. Er legte das Gerät zu Boden und zeigte dabei eine ungewöhnliche Regung: Er wirkte angewidert. Schlug die Wirkung des Entleibers auch auf ihn zurück?
    Der Marestobare lenkte seine Antigravschale auf eines der Opfer zu und ließ sie kippen, sodass sein Leib auf dem Toten zu liegen kam. Die leuchtenden Fühler
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