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PR 2678 – Das Windspiel der Oraccameo

PR 2678 – Das Windspiel der Oraccameo

Titel: PR 2678 – Das Windspiel der Oraccameo
Autoren: Michael Marcus Thurner
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durchzusetzen, und es gab kaum ein Wesen in deren Einflussbereich, das sich ihnen zu widersetzen wagte.
    »Du denkst schlecht von mir, nicht wahr, Fogga?«
    »Ja.« Es ergab keinen Sinn zu lügen. Gooswart wusste sehr wohl das Blubbern seines Haarschaums zu deuten.
    »Ich habe Großes vor, und ich werde alles daransetzen, um meine Ziele zu erreichen. Das weißt du.«
    »Ich bin der Meinung, dass dich dein grenzenloser Ehrgeiz eines Tages vernichten wird.«
    »Und ich bin der Meinung, dass du dich irrst. Meine Zukunft ist auch die Zukunft der Sterneninsel Chalkada. Ich werde sie nach meinen Vorstellungen gestalten.«
    Der Kriegsminister zog die Kapuze zurück und entblößte sein Gesicht. Es war von Narben bedeckt, und rings um das rituelle Wangenloch schlängelte sich ein Kanifaren-Wurm, wie bei so vielen Oraccameo seines Alters.
    Er zog den Wurm ab und betrachtete ihn sinnend.
    »Diese Geschöpfe sind widerlich«, sagte er, »aber man verspricht sich von ihnen eine Verlängerung der Lebensspanne. Ich hoffe, dass der Kanifare sein Geld wert ist.« Er richtete seinen Blick wieder auf Fogga. »So, wie hoffentlich auch du alle Investitionen wert bist.«
    Er erwiderte nichts und versuchte stattdessen, seinen Halter zu durchschauen. Es misslang. Wörgut Gooswart war das einzige Wesen, das er nicht verstand. Noch nicht verstand.
    »Wie auch immer.« Der Kriegsminister legte den Kanifaren-Wurm erneut an und streckte seine Glieder durch. »Du brichst morgen auf. Bereite dich auf deine Aufgabe vor, so gut es geht. Verinnerliche deine Rolle. Gib mir einen Grund, dir weiterhin zu vertrauen.«
    »Ja, Halter.« Fogga verbeugte sich gegen den Wind, wie es die Höflichkeit erforderte, und entfernte sich, nachdem Wörgut Gooswart die Erlaubnis erteilt hatte.
    Er verließ das Haus und stapfte den Weg zum Glasbau hoch. Seine Glieder schmerzten, das Schaumhaar juckte. Er war hochgradig nervös.
    Fogga würde sich sammeln müssen, um vor den Augen des Obersten Herrn bestehen zu können – und wie, so fragte er sich, konnte er seine Gedanken besser ordnen als unter dem Eindruck von Musik?
    Fogga betrat den Sinnesstand, ließ Rezeptoren und Halterungen hochfahren und versenkte sich erneut in die Übertragung des trilogischen Dirigats. Es näherte sich bereits dem Ende, wie er zu seiner Enttäuschung feststellte.
    Baris war gescheitert, er hatte der wuchtigen Lenkung seiner beiden Konkurrenten nicht ausreichend Widerstand entgegensetzen können. Womöglich hatten sich Koloina und Phadres verbündet, um den unliebsamen Gegner aus dem Weg zu schaffen und den Sieg unter sich ausmachen zu können.
    Ihre Leitung des Sinnesorchesters des Illurgischen Kunstforums wirkte nicht sonderlich inspiriert. Zwei Grobiane kämpften gegeneinander, die auf den großen Bühnen Chalkadas nichts zu suchen hatten. Fogga ließ ein Blubberseufzen erklingen. Die beiden Künstler standen sinnbildlich für all das Schlechte, das während der letzten Jahrzehnte in Chalkada geschehen war.
    Und er, der einzige und letzte Vertreter eines namen- und geschichtslosen Volkes, stand sinnbildlich für all diese Veränderungen zum Schlechten.
     
    *
     
    Fogga erhielt drei Gelegenheiten, sich mit Tino Youlder zu unterhalten, und dies in Abständen von einigen Tagen. Stets wurde der Oberste Herr von Falciden bewacht, stets trennte sie ein Energieschirm, sodass er sein Gegenüber nur mangelhaft wahrnehmen konnte.
     



 
    Doch mit jedem Besuch bekam das Bild, das er sich vom Despoten machte, mehr Konturen. Aus Ahnungen wurden Mutmaßungen, aus Mutmaßungen Fakten. Nicht alle waren ausreichend mit Beweisen unterlegt, doch Fogga wusste, dass er recht hatte.
    Tion Youlders Charakter war komplex und vielschichtig. Sein Argwohn und sein Verfolgungswahn waren offensichtlich, seine Vorsicht verständlich.
    Nicht nur sein Halter wollte ihm zu Leibe rücken. Auch andere Minister hegten sinistre Pläne.
    Doch keiner bereitete sich derart pedantisch auf die Machtübernahme vor wie Wörgut Gooswart. Er war ein Meister der Intrige; er dirigierte seine Puppen mit einer Eleganz, wie sie ihresgleichen suchte.
    »Ich durchschaue deinen Halter«, sagte Tion Youlder beim vierten, überraschend angesetzten Besuch in seiner Hochsicherheitstonne. »Er nutzt mein Interesse an der Hochkultur, um mehr über mich in Erfahrung zu bringen. Er sucht nach Schwachstellen, die er nützen könnte, und du bist sein dreckiger kleiner Spitzel.«
    »So ist es«, sagte Fogga wahrheitsgemäß.
    »Wie sind seine
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