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PR 2675 – Der Glanz der Stille

PR 2675 – Der Glanz der Stille

Titel: PR 2675 – Der Glanz der Stille
Autoren: Wim Vandemaan
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dauerte einen Moment, dann wurde geöffnet. Toufec band sich eben den Turban.
    »Was tun wir mit diesem angebrochenen Abend?«, fragte sie.
    Er blicke kurz auf sein Multikom. »Es ist 14 Uhr.«
    »Oh. Dann ist der Abend ja noch sehr lang und vielversprechend.«
    »Vorschläge?«
    Sie zuckte die Achsel. »Ich dachte, wir spionieren das Schiff aus.«
    Toufec überlegte kurz. »Das ist eine hervorragende Idee.«
     
    *
     
    Erstaunlich viele leere Korridore, hoch und schmal, unzugänglich für die Fagesy. Fremdartige Aromen wie von Holz und Honig. Ein Saal, in dem Haufen von armlangen, feisten Würmern in Netzen unter der Decke hingen, ineinander verbissen, zähflüssige Blutstropfen, die auf den Boden platschten, langsamer, dunkelgrüner Regen.
    »Fagesy-Futter«, vermutete Sarmotte, nachdem sie keine Spur von Bewusstsein in den Kreaturen hatte lesen können.
    Toufec bückte sich, tupfte eine Fingerspitze ins Wurmblut und schnupperte daran. »Riecht nach Kupfer«, teilte er ihr mit.
    Sie gingen weiter.
    Auf einem der breiteren Gänge kam ihnen eine Gruppe Fagesy entgegen. Sarmotte und Toufec drückten sich an die Wand; die Fagesy wichen ihrerseits aus.
    »Machst du ein wenig Small Talk mit den Seesternen?«, fragte Toufec.
    Sarmotte nickte. Sie las ein paar Gedanken im Vorübergehen. Es ging um Bordangelegenheiten, anfällige Reparaturen, um die Koordination der neuen Raumverteilung – Banalitäten eines Alltags.
    Unverhofft stand Binc vor ihnen. »Ihr seid unterwegs?«, fragte die Zofe.
    »Wir gehen ein wenig spazieren«, sagte Sarmotte. »Und sehen uns das Schiff an.« Sie stippte kurz nach Bincs Gedanken, aber da war nur wieder dieses Etwas, das sich in seiner mentalen Tiefe ihrem Zugriff entzog.
    »Wo ist Junker Oburs?«, fragte Sarmotte.
    »Er geht seiner Wege«, sagte Binc. »Welches Ziel habt ihr?«
    Sarmotte überlegte. Sie verlangte nicht gerade nach einem neuen Gespräch mit Choursterc oder Benat Achiary. Ihr war bewusst, dass sie den Sayporaner mit dem menschlichen Hirn – oder Hirnanteil – demnächst würde lesen müssen.
    Aber nicht jetzt.
    »Kehren wir um«, sagte sie.

2.
    Ein Hauch von Historie
     
    Einige Tage verstrichen in quälender Eintönigkeit. Der Flug erwies sich als sehr viel riskanter, als selbst der Utrofar gedacht hatte. Sarmotte und Toufec streiften durch das Schiff, mal zu zweit, mal jeder für sich.
    Am 9. Dezember tauchte Binc auf. Ihre Botschaft: Choursterc wünschte sie zu sprechen.
    Sarmotte dachte kurz daran, die Einladung zu ignorieren – und sei es auch nur, um zu testen, wie der Sayporaner, wie die Zofe oder das Schiff insgesamt auf so eine Weigerung reagieren würden.
    »Wir sind sehr beschäftigt«, wandte Toufec ein.
    »Im Fall eurer Unabkömmlichkeit«, sagte die Zofe, und das Sprechnetz auf ihrer Stirn vibrierte nicht stärker als sonst, »hat Choursterc mir aufgetragen, euch zu bitten: Wir wollen einander nicht zum Geheimnis machen.«
    Er will einen Vertrauensbeweis von uns, dachte Sarmotte. Oder er will uns einen Vertrauensbeweis liefern.
    »Da wir gerade von Geheimnissen plaudern«, sagte Toufec gedehnt. »Verrat uns, was es mit dir und dem Junker auf sich hat. Was seid ihr?«
    Die Zofe stand unbewegt. In ihrem starren Gesicht zeichnete sich keine Regung ab. Sarmotte konnte der Versuchung nicht widerstehen und tauchte ein. Verlassenheit war, was sie fühlte. Scherben der Erinnerung am Grund einer großen Leere: der Verlust von Koordinaten. Eines ganzen Koordinatensystems. Eine unendlich verlassene, gestaltlose Fläche, unter deren Oberfläche ... die Mauer der Prophetien, an der ... das schon nicht mehr erwartete Schiff, das im letzten Licht der ... die beiden Humanoiden, die über die Ebene ... ihre weiße Haut, auf der ein irisierendes Farbenspiel ... die letzten Bataillone der Junker ... die Kokons der Dienstbarkeit.
    Wider Erwarten begann Binc zu sprechen: »Sind wir viel, dann sind wir wenig, denn wir sind uns selbst nicht ähnlich, nicht genug.«
    »Sie sagt ein Gedicht auf«, wunderte sich Toufec. Er ging vor der Zofe in die Hocke: »Was willst du uns damit mitteilen? Stellst du uns ein Rätsel?«
    »Es ist bereits alles enträtselt«, sagte Binc. Dann verfiel sie in Schweigen. Ihr Stirnnetz vibrierte nicht mehr.
    Sarmotte berührte Toufec leicht an der Schulter, ließ die Hand liegen, bis er Anstalten machte aufzustehen. »Vielleicht hat sie uns alles gesagt, was sie sagen kann.«
    Toufec nickte und fuhr sich mit den Fingern durch den Bart.
    Die Zofe wandte
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