Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PR 2675 – Der Glanz der Stille

PR 2675 – Der Glanz der Stille

Titel: PR 2675 – Der Glanz der Stille
Autoren: Wim Vandemaan
Vom Netzwerk:
beiden Terraner kaum Schritt halten konnten.
    Einige Minuten später hielt der Fagesy an. Er presste sich gegen die Wand. Am Ende des Korridors öffnete sich eine Tür. Wortlos gingen sie an dem Fagesy vorbei und betraten einen kleinen Saal von ovalem Zuschnitt.
    In der Mitte des Raums befand sich ein Teich – eine türkis schimmernde Ellipse, aus deren beiden Brennpunkten dünne Fontänen sprudelten und leise plätschernd ins Becken zurückfielen.
    Die sayporanische Besessenheit von Wasser, dachte Sarmotte.
    Beim Teich lag, in einem Möbel, das an einen terranischen, mit Tuch bespannten Liegestuhl erinnerte, ein alter Sayporaner. Er hob müde den Blick.
    Am Kopfteil der Liege schwenkte ein stabförmiges Geschöpf, das auf einem ganzen Bündel von Beinen stand, seinen Kranz dürrer, knochiger Arme wie Tang, der sich in der Dünung wiegte. Den Kopfteil bildete ein diskusförmiges Organ, das schräg nach vorn geneigt war und in dessen Mitte ein einzelnes, blassblaues, ansonsten erschreckend menschenähnliches Auge zu sehen war – als würde uns das Auge eines Menschen auf einem Tablett serviert, durchfuhr es Sarmotte.
    »Choursterc, wie ich vermute?«, fragte Toufec.
    Über das alte, perlmuttartige Gesicht glitt ein fast entschuldigendes Lächeln. Der Abglanz eines Regenbogens glitt über die Haut.
    »Das ist richtig«, sagte der Sayporaner. »Aber nicht die ganze Wahrheit. Mein Name ist mitunter auch Benat Achiary.«
     
    *
     
    Shanda Sarmotte griff telepathisch zu. Der Name klang nicht nur terranisch, er war es, und der Geist, der ihn gedacht hatte, war es auch.
    Im Schädel des Sayporaners befand sich allem Anschein nach ein terranisches Gehirn. Die Gedanken des Terraners und die des Sayporaners waren auf eine Art miteinander verflochten, die Sarmotte nie zuvor erlebt hatte. Ihr war, als hätte man zwei völlig verschiedene mentale Landschaften ineinandergeblendet – die eine ein weitläufiger, uferloser Garten voller sonderbarer Standbilder, stiller Weiher und wispernder Brunnen, die andere karg, schroff, felsig und schmerzverzerrt, ein Ort, an dem Geysire zu Hause sind. Sie konnte sich nicht fokussieren. Wie eine Kernspaltung des Geistes.
    Sie schirmte sich vorsichtshalber ab.
    »Ich gehöre zu denen, die über das Transitparkett gegangen sind«, erläuterte der Sayporaner mit einer unpassend munteren, geradezu jugendlichen Stimme. »Ich war krank und habe Aufnahme gefunden in die Gesamtheit von Choursterc.«
    Toufec warf Sarmotte einen irritierten Blick zu. Sie nickte ihm knapp zu, dann stellte sie sich und ihren Begleiter vor.
    »Paichander schickt euch«, sagte Choursterc. Seine Stimme hatte sich um eine Nuance verändert. Sie klang brüchiger, müder. »Um mich zu beaufsichtigen.«
    Sarmotte blickte kurz zu Toufec. Sein Gesicht blieb unbewegt.
    Sarmotte sagte: »Wir haben gemeinsame Interessen – du, der Dekan und wir. Vielleicht können wir die gegenseitigen Verdächtigungen für eine Weile zurückstellen.«
    »Ihr habt uns an Bord gelassen«, sagte Toufec. Sarmotte wusste nicht, ob die Bemerkung ein Vorwurf war oder eine Entschuldigung.
    »Ich gebe zu, ich war ein wenig neugierig«, sagte Choursterc, wieder mit seiner wacheren, festeren Stimme – mit seiner Achiary-Stimme, dachte Sarmotte.
    Ein tonloses Lachen erschütterte Choursterc. Das stabförmige Wesen gab ein Brummen von sich, das erschrocken oder warnend klang.
    »Aes Qimae liebt es, sich um mich zu sorgen«, erklärte Choursterc.
    Sarmotte tauchte kurz in die Gedankenwelt des Stabwesens. Sie hatte erwartet, medizinisch ausgerichtete Überlegungen zu lesen. Aber Aes Qimae artikulierte seine Gedanken nicht, sie bebten nur wie eine Membran. Sie waren ganz und gar auf den Sayporaner gerichtet und hatten etwas Bemutterndes, zugleich aber Geduldig-Lauerndes – wie ein Jäger.
    Chourstercs Kopf sackte zur Seite. Er schien in die Ferne zu lauschen. Sarmotte zog sich aus Qimaes Gedanken zurück.
    Der Sayporaner sagte: »Fahrgut Sternenzoll hat mir eben mitgeteilt, dass er gestartet ist. Wir verlassen in diesen Augenblicken die Atmosphäre von Druh.«
    »Wie lange werden wir unterwegs sein?«, fragte Toufec.
    Mit seiner brüchigen Stimme antwortete Choursterc: »Wir sollten das Zyor-System in einigen Tagen erreicht haben. Der bislang nicht extrahierbare Korpus befindet sich auf einem Planeten der Sonne Zyor, auf Zyor Zopai.«
    Toufec und Sarmotte nickten synchron.
    »Sarmotte«, sagte die Achiary-Stimme. »Ich erinnere mich. Du bist eine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher