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PR 2675 – Der Glanz der Stille

PR 2675 – Der Glanz der Stille

Titel: PR 2675 – Der Glanz der Stille
Autoren: Wim Vandemaan
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sich ab und schritt den beiden in ihrem leicht schaukelnden Gang voran.
     
    *
     
    Die Lehne von Chourstercs Liegestuhl war hochgestellt; hinter dem Sayporaner schwebte Oburs, gesichtslos und tonlos wie eh und je.
    Der Weiher lag da wie ein geschliffener Türkis. Die beiden schlanken Fontänen tanzten. Neu war allerdings der Tisch; darauf standen drei tönerne Wasserkrüge, eine Schale voll Obst und ein Tablett mit fingerlangen, flachen Riegeln.
    Neben dem Tisch zwei freie Stühle.
    Sarmotte und Toufec setzten sich.
    Choursterc warf Sarmotte einen Blick zu, dann studierte er unverhohlen Toufec. »Du beunruhigst mich«, gestand er mit seiner brüchigen Stimme. »Mich, das Schiff, Binc und Oburs. Warum ist das so?«
    Toufec und Sarmotte verständigten sich mit einem kurzen Blick. »Pazuzu!«, befahl Toufec dann.
    Aus der Flasche, die er am Gürtel trug, löste sich ein hauchdünner Schwaden, der allmählich Substanz gewann. An seinem Ende blies er sich auf und nahm dort nach und nach die Umrisse eines Menschen an – jedenfalls eines menschlichen Oberkörpers mit menschlichem Schädel; der Unterleib blieb eine Andeutung und mit dem Schwaden verhaftet.
    Das Gesicht der Erscheinung wirkte unnachgiebig wie Granit, dabei blieb es durchsichtig. In den Augenhöhlen schienen zwei Opale zu liegen, ohne Pupille, ohne Augenweiß.
    Choursterc lachte, aber es war hörbar ein Benat-Achiary-Lachen: »Das ist in der Tat witzig. Was genau ist er? Doch wohl kein Mitbringsel aus Tausendundeiner Nacht, oder?«
    »Klär sie auf!«, gebot Toufec der Erscheinung.
    Pazuzu sagte: »Ich bin ein Nanogentenschwarm.« Während er sprach, bewegten sich seine Lippen, aber sie taten es asynchron.
    Sarmotte sah das nicht zum ersten Mal. Sie wunderte sich, warum ein technisch derart vollkommenes Phänomen sich diese Nachlässigkeit gestattete.
    »Du bist kein terranisches Produkt«, vermutete Choursterc.
    »Richtig«, sagte Pazuzu.
    »Wer hat dich dem Terraner zur Verfügung gestellt?«
    »Aures.«
    Sarmotte tauchte in Chourstercs Geist. Sie wollte wissen, ob der Name der Stadt ein Echo in dem Sayporaner auslöste. Tatsächlich spürte sie einen schwachen Nachhall, der aber gestaltlos blieb und unidentifizierbar.
    Choursterc wandte sich Sarmotte zu. »Du bist eine Telepathin.«
    »Ich bin Telepathin«, sagte sie. Und ein wenig mehr als das. »Du hast vorgeschlagen: Wir wollen einander nicht zum Geheimnis machen. Also Vertrauen gegen Vertrauen: Wer seid ihr – die Sayporaner?«
    Choursterc nahm einen der Riegel und bot Sarmotte und Toufec an, sich ebenfalls zu bedienen. Toufec griff zu, biss ab und schenkte Sarmotte ein appetitanregendes Lächeln.
    Sarmotte trank stattdessen aus dem Tonkrug.
    Toufec nickte Pazuzu zu. Der Nano-Dschinn zog sich zurück in die Flasche. Choursterc wartete, bis der Rest der Nanogenten verschwunden war.
    »Wir waren ...«, Choursterc unterbrach sich, von plötzlicher Müdigkeit bestürzt, als wäre die Aufgabe, die ihm bevorstand, zu groß. Er seufzte leise. Dann fuhr er mit der Achiary-Stimme fort: » Sie waren nicht kriegerisch. Dazu waren sie zu begabt. Begabt? Begnadet. Ja, das waren sie: begnadet. Banteiras sanfte Kinder. Lichtträger der Welt.«
    Toufec unterbrach ihn mit feierlicher Stimme, schlug sich mit der flachen Hand aufs Herz und deklamierte: »Und gingen hin und gossen sich Götzenstandbilder, die ihnen glichen wie ein Ei dem anderen, und forderten die anderen, halbwegs vernunftbegabten Lebewesen ihres Planeten auf: Kniet nieder und ...«
    »Nein«, sagte die Achiary-Stimme. »Sie taten nichts dergleichen. Ihr Ideal war der Kranz der Kreaturen, in dem alle Mitglieder gleichberechtigt tanzten.«
    »Tanzten?«
    »Ein Bild. Obwohl – sie hatten wohl tatsächlich seit jeher eine Schwäche für Musik.« Auf das immer noch fremdartig-porzellanene Gesicht mit dem Irrlichtern in allen Regenbogenfarben trat ein Lächeln, das Sarmotte menschlich-lausbubenhaft schien. So lächelt Reginald. In seinen besten Stunden.
    »Was ist passiert?«, fragte Toufec.
    »Sie forschten, sie erkundeten und machten Fortschritte.«
    »Fortschritte in welche Richtung?«
    »Sie erforschten alles Naheliegende. Sich selbst. Ihre Physis, ihre Anatomie, ihr neuronales System. Oh, sie waren wunderbare Mediziner, geniale Chirurgen. Wenn sie eine Passion hatten, dann die, Leben zu bewahren. Sie hegten ihre Welt wie einen Garten. Und sie verließen diese Welt erst sehr spät. Sie flogen auf den Trabanten ihres Planeten. Und dort fanden sie
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