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PR 2673 – Das 106. Stockwerk

PR 2673 – Das 106. Stockwerk

Titel: PR 2673 – Das 106. Stockwerk
Autoren: Hubert Haensel
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›S‹.« Sie lachte leise. »Das kann kein Zufall sein, oder?«
    »Was meinst du?« Toufec zeigte sich unschlüssig. Er warf nur einen kurzen Blick auf die eingewachsenen Zeichen. »Mit einem Messer eingeritzt. Keine vibrierende Klinge und kein Desintegrator, wahrscheinlich einfacher Stahl. Den Verwachsungen nach zu schließen, liegt die Verletzung mindestens zehn Jahre zurück. Was ist das für ein Baum?«
    Sarmotte schaute in die Höhe. »Keine Ahnung. Im Stardust-System gab es diese Art nicht, und seit ich auf Terra bin, habe ich mich um anderes gekümmert als um Bäume.«
    »Das sollten wir ebenfalls«, mahnte Reginald Bull. »Aber wenn ihr es schon wissen wollt: Der Baum ist eine Eiche, und das eingeritzte Herz ...«
    »Liebespaare verewigen sich auf diese Weise.« Sarmotte sah einigen fallenden Blättern nach. Ringsum lag abgefrorenes Laub.
    »Wozu soll das gut sein?«, fragte Toufec. »Unter Ewigkeit verstehe ich etwas anderes.«
    Über dem Waldgebiet lastete eine Atmosphäre wie früher kurz nach Sonnenuntergang. Es war empfindlich kühl, der eigene Atem wurde zum Nebelhauch. Der Fimbulwinter, eingedämmt nur durch Kunstsonnen und Raumschiffe, lauerte längst überall auf Terra auf jede Chance, seine Macht zu beweisen.
    Ein bekanntes, helles Singen lag in der Luft. Sekunden später flogen zwei Space-Jets über den Wald.
    »Konntest du mit Rence reden, Shanda?«, fragte Bull unvermittelt.
    Sarmotte schaute ihn überrascht an. Die Verwirrung war ihr anzusehen. Ausgerechnet jetzt wollte Bull das wissen, obwohl es sehr viel Wichtigeres gab? Wichtiger für Terra, für die Menschen, aber nicht nur für eine Frau, die unter den Vorhaltungen ihres Gefährten litt, aber keineswegs einsehen konnte, wo ihr angeblicher Fehler lag, es nicht einsehen wollte.
    Sarmotte schwieg, ging weiter. Bully ergriff sie am Arm.
    »›R‹ und ›S‹«, sagte er. »Rence und Shanda – was in dir vorgeht, ist nicht schwer zu erraten. Ich habe dir gesagt, wie sehr ich deine Arbeit schätze, aber auch, dass du nicht darunter leiden darfst. Trotzdem bleibt für mich der Eindruck, dass du vor dir selbst davonläufst. Rede mit Rence, arbeitet wieder zusammen.«
    »Du hättest ihn gern bei diesem Einsatz dabeigehabt?«
    Das klang schuldbewusst. Verunsichert. In dem Moment schlug die Shanda wieder durch, die sie im Stardust-System gewesen war, in sich gekehrt und ein wenig einfältig. Aber das war Maskerade, ein Schutzmechanismus, hinter den sie sich manchmal zurückzog.
    »Wenn es mir nur darum ginge, Rence Ebion dabeizuhaben, hätte ich selbst mit ihm geredet. Mir gefällt nicht, dass du dich quälst, das ist alles.«
    »Ich habe Rence nicht erreicht«, sagte Shanda. »Ich werde es wieder versuchen.«
     
    *
     
    Von irgendwoher erklang das harte und schnelle Klopfen eines Spechtes. Es war das einzige Geräusch in der Weite des Waldes.
    Neu-Alashan, ein ausgedehntes Naturschutzgebiet im Herzen von Terrania.
    »Nehmt irgendeinen Fremden, der Terra nicht kennt, und setzt ihn im Alashan-Reservat aus.« Reginald Bull hatte das vor einigen Jahren vorgeschlagen, als im Parlament eine Debatte über ungenutzte Baugebiete entbrannt war. »Der Betreffende wird lange Zeit nicht erkennen, dass er sich in einer Hundert-Millionen-Metropole befindet. Ich sage unmissverständlich meine Meinung: Das Naturschutzgebiet bleibt! Wenn ein Quadratmeter davon neu bebaut wird, dann nur über meine Leiche.«
    Bully schmunzelte, als ihm das in den Sinn kam. Alashan war keine angenehme Erinnerung, jener Teil der Stadt, der einst auf den Planeten Thorrim in der Galaxis DaGlausch versetzt worden war. Die Wunde in Terrania war zwar längst verheilt, aber das Naturschutzgebiet bildete trotz all seiner Schönheit eine Narbe.
    Shanda Sarmotte blieb unvermittelt stehen. Suchend schaute sie um sich.
    »Wir sind unseren Leuten bereits sehr nahe. Ich habe den Eindruck, dass Hevaistos uns beobachtet. Er steht in der offenen Schleuse eines Shifts und sieht uns. Die Richtung? Ungefähr von dort.«
    Sarmotte streckte den Arm aus. Bäume und vereinzeltes Buschwerk verschmolzen in der Düsternis zu einer diffusen schwarzen Wand.
    »Ist das alles?«, fragte Bull. »Fagesy? Sayporaner?«
    »Ich spüre nichts.«
    »Der Tower liegt unter dem Paratronschirm«, erinnerte Toufec. »Shanda kommt an die Gegner nicht heran.«
    »Das wird sich hoffentlich bald ändern.« Bull hob die Schultern. »Wir haben nicht umsonst drei Raumschiffe über dem Gelände, dazu schweres Gerät am Boden
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