Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PR 2660 – Die springenden Sterne

PR 2660 – Die springenden Sterne

Titel: PR 2660 – Die springenden Sterne
Autoren: Christian Montillon
Vom Netzwerk:
über ihn fällten.
    Sie hatten ihn zu sich befohlen, kaum dass er mit dem halb schrottreifen Mondsicheljäger aus dem Asteroidenfeld zurückgekehrt war – sonst war kein einziges Wort gefallen.
    Kein Tadel.
    Kein Lob.
    Keine Erleichterung darüber, dass er überlebt hatte.
    Kein Signal, wie die Oraccameo über seinen Alleingang dachten.
    Keine Ankündigung von Strafe oder Belobigung.
    Deshalb wusste Ramoz nicht, was ihn erwartete, und er konnte seine Ausbilder in dieser Hinsicht nicht einschätzen. Die Oraccameo galten als ebenso gestrenge wie gerechte Herren.
    Die Luftvorhänge rauschten rundum im künstlichen Wind. Ihre samtenen Muster tanzten als immaterielle Schleier in der Luft. Man sah sie nur, wenn man sie nicht fixierte, und doch konnte man keinen Blick durch sie hindurchwerfen. Was dahinter lag, blieb verborgen, als würden sie aus echtem Stoff bestehen.
    Ramoz fühlte sich beengt und verloren. Die Vorhänge wanderten schwebend im Raum umher, schienen überall zu sein. Einmal glaubte er sogar, eine Berührung im Rücken zu spüren, doch als er sich umdrehte, war da nichts.
    Der ständige Luftzug zehrte an seinen Nerven. Wo immer Ramoz' Haut frei lag, fuhr der Wind durch den Körperflaum, stellte die Härchen auf und kitzelte an ihren Wurzeln.
    Das Wehen wurde stärker.
    Was nichts anderes hieß, als dass die Oraccameo kamen, denn sie liebten den Wind. Offenbar genossen sie es, wenn er unter ihre Kutten fuhr und ihre knochendünnen Körper streichelte.
    Unter den werdenden Piloten kursierten tausend Witze darüber, dass die Ausbilder die Böen durch ihre Rippenknochen streichen ließen, wenn sie abends das letzte bisschen Haut und Fleisch ablegten, um sich als reine Skelette schlafen zu legen. Viel fehlte dazu nicht bei den dürren Herren, wie alle sie hinter vorgehaltener Hand nannten.
    »Ramoz.«
    Er drehte sich um, als er seinen Namen hörte. Aus einem der immateriellen Vorhänge trat ein Oraccameo hervor. Die Farbe der Kutte, die seinen ganzen Körper umhüllte, war ein schmutziges Braun. Dünne weiße Linien wanderten darüber wie eine Kolonie von beweglichen Flechten.
    Der andere schlug die Kapuze über dem dürren Schädel zurück. Ein Geruch nach Moos und Erde schwappte zu Ramoz herüber.
    Die Augen des Oraccameo lagen tief in den Höhlen, sahen aus wie in der Sonne gedörrtes Obst. Strähnige Haare flatterten im Wind um die Schläfen. Die ganze Gestalt wirkte hinfällig, aber dennoch ... kraftvoll, auf eine unbestimmbare Art und Weise.
    Ramoz fragte sich, ob er diesem Ausbilder schon einmal begegnet war. Die Oraccameo ähnelten einander sehr, vor allem, wenn sie ihre Gesichter unter den Kapuzen der Kutten verbargen, was meist der Fall war.
    »Du hast bei der Prüfung versagt.« Die Stimme des anderen klang, als raschele vertrocknetes Laub an dürren Ästen.
    »Ich bin zurückgekehrt«, widersprach Ramoz. »Und ich habe die Aufgabe erfüllt, das Asteroidenfeld zu durchschneiden. Genau wie es mir befohlen worden war.« Mit jedem Wort gewann er etwas von seiner Selbstsicherheit zurück. »Ich habe also nicht versagt.«
    Der Oraccameo schrie ihn nicht an, er machte nicht einmal eine drohende Bewegung. Stattdessen blieb er völlig ruhig und gelassen, als ginge ihn das alles nichts an. »Du bist also mit mir in meiner Beurteilung deiner nicht vorhandenen Leistung nicht einer Meinung?«
    Ramoz benötigte einen Augenblick, um den Sinn der umständlichen Formulierung zu erfassen. »Korrekt. Ich habe die Prüfung bestanden. Und mir stellen sich darüber hinaus einige Fragen.« Er wusste selbst nicht, ob er zu kühn vorging. Doch so war er eben, und inzwischen gab es ohnehin kein Zurück mehr.
    Der Oraccameo hob die Arme, und über der Brust klaffte die Kutte auseinander. »Ich zeige dir, was du getan hast, Schüler.«
    Ein kurzes, ruckartiges Klatschen folgte, und ein Hologramm ploppte neben den beiden Gesprächspartnern auf. Eine dreidimensionale Wiedergabe lief wie ein Film ab. Ramoz' Mondsicheljäger jagte zwischen zahllosen kreuzförmigen Symbolen hindurch – Platzhalter für die Asteroiden auf ihren unberechenbaren Bahnen. Am unteren Rand zählte eine Ziffernfolge die verstreichende Zeit.
    »Du hast souverän im Inneren des Feldes manövriert, genau wie wir es von dir erwartet haben. Exakt neunundvierzig Sekunden lang hast du nach deinem Einflug in das Asteroidenfeld getan, was wir von dir verlangten. Was die Prüfung von dir forderte! Doch im nächsten Augenblick hast du versagt, und wage es nicht,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher