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PR 2645 – Die Stadt ohne Geheimnisse

Titel: PR 2645 – Die Stadt ohne Geheimnisse
Autoren: Wim Vandemaan
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Hand um den Bügel geballt. Die Reden der Fato'Fa hallten in seinen Ohren wider.
    Das Schemenkleid!, mahnte Puc. Dein linker Arm liegt bloß. Konzentrier dich endlich.
    Routh raffte das Schemenkleid enger um sich. Es war so lächerlich, aber er ertrug den Zorn, die Wucht in der Stimme Pucs kaum. Er schluchzte vor Empörung.
    Lauf! Lauf! Lauf!
    Endlich machte er die ersten Schritte.
    Weiter!
    Er stampfte wütend mit dem Fuß auf. »Weiter? Wieso weiter? Wohin denn?«
    Routh biss sich auf die Unterlippe. Der Schmerz klärte sein Bewusstsein ein wenig. Etwas zog ihn, ein ganz neuer, leiser Instinkt. Er ging in Richtung der Fensterfront.
    Die Liftkapsel hielt und öffnete sich. Der Junker, die Zofe und der Sayporaner stiegen aus.
    Routh warf einen Blick über die Schulter. Er konnte nicht erkennen, wie, aber die kleine Gruppe ging Schritt für Schritt den leicht gewundenen Weg nach, den Routh vom Aufzug bis zum Terminal des Universalen Spainkons gegangen war.
    An der Stelle, wo Routh bis eben noch den linken Arm in das pseudoneuronale Gewebe versenkt hatte, zögerte die Gruppe für einen Moment. Dann wandte sie sich in Rouths Richtung.
    Es war eine groteske Situation: Der Sayporaner und seine beiden Begleiter mussten seiner Spur folgen können. Ihn sehen, hören oder auf andere Weise direkt wahrnehmen konnten sie jedoch offenbar nicht.
    Routh ging auf Zehenspitzen, um ihnen keinen zusätzlichen Hinweis zu geben. Es gab nur eine Möglichkeit, dieses Geschoss zu verlassen: Er musste zum Lift. Immerhin hatte der Sayporaner dort keine Wache aufgestellt.
    Aber war das eine Garantie, dass der Zugang zum Aufzug nicht versiegelt worden war?
    Dass sie Routh, solange er vom Schemenkleid verhüllt war, nicht unmittelbar wahrnehmen konnten, war seine Chance. Er würde einen weiten Bogen schlagen, den sie nachgehen mussten. Er würde einfach schneller sein als sie.
    Was aber, wenn der Sayporaner nur mit ihm spielte?
    Routh öffnete die Oberschenkeltaschen seines Overalls und holte den Reizfluter heraus. Die schmale Waffe lag schwer in seiner Hand.
    Der Sayporaner hob einen Arm und applaudierte, indem er mit den Fingern in die Handfläche klopfte. Das dünne Geräusch klang in der stillen Etage unverhältnismäßig laut. Der Sayporaner streckte den Arm aus, pendelte damit in Rouths Richtung langsam von links nach rechts und wies mit der Hand endlich exakt auf den Punkt, an dem Routh stand.
    Routh rannte los, einfach geradeaus. Die Gruppe seiner Verfolger teilte sich auf. Sie ließen sich Zeit. Der Sayporaner in der Mitte, die Zofe zu seiner Linken, der Junker rechts von ihm, kamen sie auf ihn zu. Der Weg zum Aufzugsschacht war sofort abgeschnitten.
    Noch immer hielten die drei nichts in der Hand, was einer Waffe ähnelte. Wenigstens der Sayporaner aber schien in ein durchsichtiges Tuch gehüllt, an dem sich das Licht manchmal auf merkwürdiger Weise brach.
    Ein Energieschirm, sagte Puc. Ich messe die Feldstärke an.
    Ist der Schutzschirm für den Reizfluter durchlässig?
    Kann ich nicht sagen.
    Routh hatte die letzten zehn, zwölf Schritte rückwärts gemacht, um die Gruppe nicht aus den Augen zu lassen. Jetzt stieß er mit dem Rücken gegen die Glasfront.
    Es gab ein sehr knappes, trockenes Geräusch. Der Sayporaner schien kurz aufzuhorchen. Ohne innezuhalten, kam die Gruppe weiter auf ihn zu.
    In seiner Ratlosigkeit drückte sich Routh eng gegen das Glas. Er hob den Reizfluter langsam an. Er würde zuerst auf den Sayporaner schießen.
    Plötzlich änderte sich etwas in seinem Rücken. Routh hatte das Gefühl, als würde das Glas nachgiebig. Er erhöhte den Druck seines Rückens. Beinahe unmerklich, aber unleugbar drang er in die transparente Substanz ein.
    Das Glas – wieso gibt es nach? , artikulierte er verblüfft.
    Es ist nicht das Glas, das seine Konsistenz ändert , sagte Puc. Es ist das Schemenkleid. Es schmiegt sich der Struktur des transparenten Stoffes an und gleitet hindurch.
    Und ich?
    Das Schemenkleid nimmt dich mit.
    Aber wohin?
    Der Sayporaner stutzte. Er rief irgendetwas und griff mit einer Hand hinter seinen Nacken. Plötzlich hatte er eine lange, stabförmige Waffe in der Hand und richtete sie exakt auf Routh. Mehr aus Überraschung denn aus Überlegung bog Routh sich nach hinten. Das Glas widerstand ihm nicht. Er stürzte.
    Alle seine Gedanken wirbelten durcheinander wie ein Haufen Laub, in das der Herbstwind fuhr. Da spürte er, wie der Stoff des Schemenkleides in den Räumen zwischen Arm und Leib versteifte. Er
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