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PR 2634 – Terras neue Herren

PR 2634 – Terras neue Herren

Titel: PR 2634 – Terras neue Herren
Autoren: Hubert Haensel
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Wartete er darauf, dass ich mit dem Flugaggregat fünfzig Meter hoch aufstieg, um mit ihm zu reden? Das wollte ich ohnehin. Ich musste ihm sagen, dass er keinesfalls auf der Erde bleiben durfte. Hier war die Bedrohung für ihn zu groß.
    »Drei Sternengaleonen wurden abgeschossen«, bemerkte ich. »Nachtaugs Beisohn ist der einzige Überlebende.«
    Monwiil räusperte sich. »Ich weiß von Adams, dass die beiden anderen Galionsfiguren tot geborgen wurden. Und ich kann mir an den Fingern abzählen, was du vorhast, Reginald. Obwohl Nachtaugs Beisohn sich etwas stabilisiert hat, geht es ihm nicht gut. Einen Transport in die Xenoklinik in Garnaru wird er wohl nicht überstehen.«
    »Du bist Xenomediziner?«, fragte ich.
    »Nein. Aber ich bilde mir ein, dass ich seinen Zustand einigermaßen gut einschätzen kann.«
    »So wie deinen eigenen?«
    »Du hast ebenfalls keine Ahnung von Xenomedizin!«, konterte Monwiil hart. »Du orientierst dich an der Größe. Aber was groß ist, muss nicht zugleich besonders widerstandsfähig sein.«
    »Wir sind uns einig, dass Nachtaugs Beisohn für uns Terraner außerordentlich wertvoll sein kann?«
    Monwiil nickte stumm.
    »Die Maschinerie, dieser Tresor, wenn ich richtig informiert bin, der den Riesen eigentlich am Leben erhalten soll, hat sich schädlich auf ihn ausgewirkt?«, fuhr ich fort. »Die Wahrscheinlichkeit ist demnach hoch, dass die beiden anderen Galionsfiguren von ihren Tresoren getötet wurden.«
    »Diese Gefahr besteht für Nachtaugs Beisohn nicht mehr.«
    »Das bezweifle ich.«
    »Wenn du jedes Risiko vermeiden willst, musst du ihn vollständig von der Maschinerie trennen. Damit bringst du ihn um.« Don Monwiils Miene erstarrte beinah. »Du siehst gar nicht den Tresor als konstante Bedrohung? Du denkst schon weiter?«
    »Mag sein, dass Nachtaugs Beisohn Geheimnisträger ist. Oder dass er als Galionsfigur eines Ovoidraumschiffs über besondere Fähigkeiten verfügt und deswegen den Absturz nicht überleben durfte. Das bedeutet, dass seine ominösen Auftraggeber – die Besatzungen der Sternengaleonen oder Befehlshaber im Hintergrund – alles versuchen werden, um ihn doch noch auszuschalten.«
    »Falls sie jemals erfahren, dass Nachtaugs Beisohn überlebt hat!«, rief Geronimo Abb dazwischen. Er und die Cheborparnerin hatten uns bislang schweigend zugehört.
    »Der Resident hält sich nicht mit solchen Fragen auf«, sagte Monwiil. »Er will den Regenriesen von Terra wegbringen.«
    Der Junge blickte mich ungläubig an.
    »Wohin?«, platzte er heraus. »Da draußen ist nur fremder Weltraum.«

2.
     
    Ich versuchte, mit Nachtaugs Beisohn zu reden. Natürlich war es einfacher, ihm seinen Namen und nur einige allgemeine Aussagen zu entlocken. Das waren Dinge, die ein Translator vergleichsweise leicht ermöglichte, weil mehrere seiner Funktionen auf der Extrapolation von Erfahrungswerten basierten.
    Darüber hinaus zeigten sich rasch die Grenzen des fehlenden Wortschatzes. Bis zu einem gewissen Niveau der Verständigung durfte ich grammatikalische Gegebenheiten vernachlässigen, danach summierten sich Missverständnisse.
    »Du neuer Mann.«
    Das waren die ersten Worte des Regenriesen, die von meinem MultiKom übersetzt wurden. Dabei griff ich bereits auf die Vorarbeiten von Monwiil, Geronimo und DayScha zurück.
    Mithilfe des Flugaggregats nur wenige Meter vor dem Riesen zu schweben, empfand ich allerdings als zu nah. Ich hatte dabei den Eindruck, gegen eine Felswand zu reden. Und Nachtaugs Beisohn empfand mich möglicherweise als lästiges Insekt, denn mehrmals zuckte einer seiner gewaltigen Arme dicht an mir vorbei.
    Als ich mich mehrere Meter weiter zurückzog, wich die unmittelbare Anspannung. Der Riese bekam für mich mehr Kontur, ich konnte zumindest sein Gesicht auf einen Blick erfassen. Andererseits fühlte ich mich selbst mit wachsendem Abstand kleiner werden; ich blieb das Insekt vor einer kolossalen Statue.
    Eine Zeit lang versuchte der Utrofar sogar, die Verständigung selbst voranzutreiben. Doch bald reagierte Nachtaugs Beisohn fahriger.
    Vielleicht hatte er inzwischen erkannt, was ich von ihm wollte, nämlich ihn von Terra wegbringen. Sollte ich sein Zögern als Unschlüssigkeit interpretieren? War es ein Hinweis darauf, dass er sich nirgendwo sicher fühlen konnte?
    »Es geht ihm nicht gut«, erinnerte mich Don Monwiil. »Warum versuchst du nicht, dich in seine Lage zu versetzen?«
    »An seiner Stelle würde ich die Chance ergreifen.«
    Würde ich das wirklich?
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