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PR 2629 – Die Weltengeißel

PR 2629 – Die Weltengeißel

Titel: PR 2629 – Die Weltengeißel
Autoren: Christian Montillon
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beobachtet hatte. Und sie funktionierte bei einem Xylthen genauso.
    Der Soldat zitterte. Die Waffe entfiel seiner alabasterweißen Hand. Sie prallte auf den Boden, schlitterte direkt auf Tion zu. Der Xylthe wankte einen Schritt rückwärts, in heilloser Panik. Tion sah ihm an, dass er zu keinem klaren Gedanken mehr fähig war.
    »Deine letzte Warnung, ja?«, fragte Tion leise – so leise, dass es in dem erneuten Schrei seines Feindes unterging.
    Der Xylthe wankte herum, stolperte los, schlug hilflos wie ein Betrunkener gegen die Wand. Tion überlegte kurz, den Handstrahler aufzuheben und seinen Gegner zu erschießen, vor dem er sich eben noch fast zu Tode gefürchtet hatte. Er entschied sich dagegen.
    Panisch torkelte der Xylthe einen Schritt. Seine Arme zitterten, er knickte in den Knien ein.
    Tion ging ihm nach, holte aus, schlug ihm in den Rücken. Eine überwältigende Genugtuung überflutete ihn. Für dieses Gefühl lohnte es sich zu sterben. Das Einzige, was er in diesem Moment bedauerte, war, dass er das Ergebnis seiner neuesten Spionage nicht mehr an seinen Kontaktmann im Verzweifelten Widerstand weitergeben konnte.
    Ob er stattdessen die RADONJU sabotieren sollte? Womöglich sollte er versuchen, eine Selbstzerstörung auszulösen. Gewiss, er würde dabei sterben, aber für ihn gab es ohnehin keine Chance mehr, mit heiler Haut zu entkommen.
    Natürlich floh dieser Xylthe, wohl auch Dutzende oder Hunderte andere an Bord, wenn Tion es darauf anlegte, aber irgendwann musste es enden. Man würde ihn stellen oder ihn von der Zentrale aus – weit genug entfernt – durch projizierte Energiewände gefangen nehmen.
    Oder? Ein kühner Gedanke stieg in ihm auf, getragen von der Welle aus schierer Begeisterung und Hochgefühl. Was, wenn er die anderen Dosanthi an Bord mitriss? Wenn er einen ... Aufstand anzettelte? Die RADONJU in seine Gewalt brachte?
    Er rannte hinter dem inzwischen flüchtenden Xylthen her, sprang ihn an, trat ihm die Beine weg. Der Soldat krachte auf den Boden, schlug um sich wie ein hilfloses, lächerlich gefahrloses Kind. Sein Gesicht war verzerrt. Ein gequälter Laut entrang sich seiner Kehle.
    Tion Yulder trat zu. »Du willst mir etwas befehlen? Du?«
    Der Xylthe kroch von ihm weg, auf allen vieren, wie ein Tier. Er quälte sich auf die Füße und rannte erneut los.
    Diesmal verfolgte Tion ihn nicht. Stattdessen rief er sich zur Ordnung und eilte zu dem Antigravschacht, der ihn zur Ebene bringen würde, in der die Wohnkavernen der Dosanthi lagen.
    Eine wilde Hoffnung stieg in ihm auf. Vielleicht gab es eine Chance, dieses ganze Desaster heil zu überstehen. Außer diesem Xylthen hatte ihn niemand gesehen, und die lokalen Aufzeichnungskameras hatte er vor seinem Eindringen in die geschützten Systeme des Schiffs selbstverständlich manipuliert. Sie zeigten in einer Endlosschleife die letzten Minuten, bevor er aufgetaucht war.
    Womöglich würde er nicht enttarnt werden. Der Xylthe konnte sich im Nachhinein zweifellos nur an einen Dosanthi erinnern – irgendeinen Dosanthi. Er konnte Tion nicht identifizieren. Dazu hatte er ihn zu kurz gesehen, vielleicht sogar nur seinen Rücken, ehe die Panik seinen Verstand hinwegspülte. Er würde nicht mehr wissen, dass er kurzzeitig verfolgt worden war.
    Tion trat in den Antigravschacht. Er schwebte tiefer zu einem der untersten Decks der RADONJU, des Flaggschiffes des aus dem Tod zurückgekehrten Protektors Kaowen. Er stoppte das Ogokoamo, zog die paranormale Panik-Ausdünstung in sich zurück.
    Als er den Schacht verließ, zwang er sich, nicht loszurennen, sondern in einer unauffälligen Geschwindigkeit zu den Wohnkavernen zu gehen. Zu seiner Verblüffung hielt ihn niemand auf, bis er schließlich den Eingang erreichte.
    Er kroch hindurch. Vier Dosanthi lagen am Boden der zentralen Kaverne. Sie schliefen wohl, den Blick der trotzdem offen stehenden Augen auf die moosbewachsene Regenerationswand gerichtet.
    Tion atmete tief ein, roch die angenehm feuchte Luft, den leicht modrigen Geruch der Wand, die Ruhe-Ausdünstung der anderen Dosanthi. Eine der vier war eine Frau. Sie sah schön aus in ihrer zusammengekauerten, eingerollten Lage. Ihr Anblick beruhigte Tion endgültig, brachte sein aufgewühltes Inneres in einen harmonischen Gleichklang.
    Keine Panik mehr. Auch keine Angst. Nur noch die Ruhe der Heimat; oder dessen, was einem Zuhause an Bord eines Xylthen-Schiffes immerhin annähernd nahekam.
    Er tänzelte in eine der seitlichen kleinen Höhlen,
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