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PR 2627 – Die letzten Tage der GEMMA FRISIUS

PR 2627 – Die letzten Tage der GEMMA FRISIUS

Titel: PR 2627 – Die letzten Tage der GEMMA FRISIUS
Autoren: Michael Marcus Thurner
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GEMMA FRISIUS liefern. Auch wenn nirgendwo Leichen zu sehen sind, erahne ich dennoch eine Katastrophe größten Ausmaßes. Shaline Pextrel und ihr Team prüfen das Innere des Wracks auf Lebenszeichen von Besatzungsmitgliedern.
    Dieses Leuchten – was hat es zu bedeuten? Und warum dringt es aus jener klebrig wirkenden Masse, die Teile des Wracks überzieht und sich auch in sein Inneres fortsetzt? Ist dies der Angreifer? Etwas, das trotz der gnadenlosen Kälte des Weltalls überleben kann, auf uns lauert, uns vernichten möchte?
    Ich behalte diesen Gedanken im Hinterkopf, sowohl um ihn abzutun als auch um ihm größere Bedeutung als notwendig zukommen zu lassen. Ich atme durch. So, dass kein anderes Mitglied der Zentralebesatzung es mitbekommt. Ich bin der Smiler. Ich fürchte mich nicht. Ich spucke dem Tod ins Gesicht.
    So sagt man zumindest von mir.
    Ich kann meine Blicke kaum vom großen Holo lösen. Mittlerweile ist die GEMMA FRISIUS – besser gesagt: ihr Wrack – weitgehend vermessen. Immer mehr detaillierte Informationen füllen die Datenspeicher, immer präziser werden jene Auskünfte, die NEMO, das Schiffsgehirn der JULES VERNE, zu geben imstande ist.
    Doch selbst die Positronik hat keine Antwort auf die Fragen, die ich mir seit unserem Eintreffen hier ununterbrochen stelle.
    Was ist geschehen? Warum befindet sich die GEMMA FRISIUS in einem derartigen Zustand, und wie, zur Hölle, ist das Schiff vom Ordoghan-Nebel in den Sektor Null gelangt?
    Sichu Dorksteiger macht auf sich aufmerksam. »Da hat sich jemand mächtig viel Mühe gegeben, eine Milliarde Galax oder mehr zu vernichten«, sagt sie.
    »Eher mehr«, antworte ich wortkarg. Der Wert einer derartigen Forschungseinheit liegt weit höher, angesichts all der hochgezüchteten Gerätschaften, die sich an Bord befinden.
    Das Geld spielt angesichts der Tragödie, die sich an Bord der GEMMA FRISIUS augenscheinlich abgespielt hat, allerdings eine völlig untergeordnete Rolle. Ich habe mir sowieso nie viel daraus gemacht, es sei denn, um es zu setzen.
    Ein Grummeln in meinem Bauch sagt mir, dass ich mir nicht allzu viel Hoffnung machen sollte, Überlebende zu finden. An der uns abgewandten Seite des Kugelraumers »klebt« eine Space-Jet, mit dem Hauptschiff verbunden durch jene Masse, die sich vorerst noch jeglicher Bewertung entzieht. Sie hält das Beiboot fest umklammert, mit Fäden, die denen eines dickflüssigen Spinnensekrets ähneln. Sie haben sich um den Rumpf des Beibootes gewickelt und fesseln es ans Mutterschiff.
    Dabei handelt es sich bloß um eine von fünf Space-Jets, die neben 24 Minor Globes in der GEMMA FRISIUS beheimatet waren, versuche ich, mir Mut zu machen. Womöglich ist den anderen die Flucht gelungen ...
    »Ich möchte mit hinausgehen«, sagt Sichu Dorksteiger.
    »Ich habe kein Wort gesagt, dass ich persönlich zur GEMMA FRISIUS überwechseln möchte.«
    »Du wärst nicht Ronald Tekener, würdest du an Bord der JULES VERNE bleiben und andere diese Arbeit erledigen lassen.«
    Sie sagt es ruhig und mit völliger Gewissheit. So, als kenne sie mich ganz genau.
    »Natürlich bin ich beim Vorab-Kommando mit dabei«, gebe ich zu und bemühe mich dabei um einen gleichgültigen Tonfall. »Mir wäre es allerdings lieber, du würdest hierbleiben.«
    »Und warum genau?«
    »Ich brauche frische und ausgeruhte Mannschaftsmitglieder bei mir. Fachleute, die mir mit Rat und Tat zur Seite stehen können.« Ich stichle. Ich möchte sie herausfordern und eine Reaktion herbeiführen.
    Warum tue ich das? Warum lasse ich mich von Sichu immer wieder aus dem Konzept bringen – und warum zeige ich mich ihr gegenüber von meiner schlechteren Seite?
    Die Goldsprengsel in ihrem Gesicht bewegen sich, als sie die Stirn runzelt. Sie ist wütend. Doch sie hat sich gleich wieder unter Kontrolle. »Ich bin ausgeruht. Ich habe die Erlebnisse im Weißen Saal verarbeitet, wenn es das ist, worauf du anspielst. Und ich denke, dass dich eine erfahrene Hyperphysikerin bei deinem kleinen Ausflug begleiten sollte.«
    Sie sieht mich an, mit diesen so ausdrucksvollen Augen, die mich eben noch erschreckten und nun von einer unergründlichen, rätselhaften Tiefe sind. Ich muss mich rasch abwenden, um mich nur ja nicht darin zu verlieren. Zu viel persönliche Nähe ist gefährlich, sage ich mir, wie schon so oft während der letzten beiden Tage.
    »Meinetwegen«, sage ich und gebe meiner Stimme einen schroffen Unterton.
    Ich spiele schlecht heute. Nicht einmal ein Lächeln gelingt zu
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