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Post Mortem

Post Mortem

Titel: Post Mortem
Autoren: Jonathan Kellerman
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Sir?«, fragte der Cop.
    »Ich habe ihn dazu aufgefordert«, sagte Milo.
    »Keine gute Idee, Lieutenant. Dieser Typ ist in keiner -«
    »Seien Sie kein Schwachkopf, der auf die Vorschriften pocht, Officer, und lassen Sie den Doktor mal einen raschen Blick auf ihn werfen. Er gehört zur Familie und wird nicht aufs Beweismaterial pinkeln.«
    »Zu wessen Familie?«
    »Zu meiner.«
    Der Cop zögerte.
    »Haben Sie nicht gehört, was ich gesagt habe?«
    »Ist das ein direkter Befehl?«
    »Direkter geht's nicht. Wenn Sie mir noch ein Widerwort geben, komme ich zu Ihnen und mache Sie von oben bis unten blutig.«
    Der Cop lachte unsicher und trat zur Seite. Ich stieg die Treppe hoch.
    Peterson Whitbread/Blaise De Paine lag ausgestreckt auf dem Rücken, den Kopf auf der Seite, von der Lampe über der Tür im Profil bleich beschienen.
    Er hatte seinen Kopf glatt rasiert, trug einen zweikarätigen Diamanten im Ohr, ein Paar klotzige Diamantringe an der linken, drei an der rechten Hand. Das mit Juwelen besetzte Armband seiner Rolex Perpetual war für das Handgelenk eines Football-Verteidigers entworfen worden und hing halb auf einer schmalen, blassen Hand.
    Blausilbern lackierte Fingernägel.
    Ein schlanker junger Mann, mickrige Schultern, ein leeres Babyface, knabenhafte Handgelenke. Die kleine Gestalt wirkte noch kleiner durch einen übergroßen Trainingsanzug aus schwarzem, gelbem und weißem Velours mit Sean-John-Logo. Laufschuhe aus schwarzem Lackleder mit hochgebogener Spitze protzten an der Seite mit einem gelben Polster-Dingsbums, das dem Glasfenster in einer Wasserwaage ähnelte. Brandneue Sohlen.
    Neue Schuhe für eine vergnügungsreiche Nacht.
    Buchstaben auf dem Rücken der Trainings jacke besagten: La Familia. Havana.
    Darunter: The Good Life.
    Schwarz, gelb, weiß. Eine kleine, zerquetschte Hummel.
    Ein sauberes dunkelrotes Loch zierte eine seiner Hände. Velours bauschte sich, wo Kugeln seinen Bauch durchlöchert hatten.
    Die Augen geschlossen, der Mund offen, keine Bewegung. Zu spät für jede Art von Beichte.
    Dann sah ich es: ein schwaches Heben und Senken des blutigen Oberkörpers.
    »Er atmet manchmal«, sagte der Cop, »aber vergessen Sie's. Sie hätten einen Leichenwagen rufen sollen.«
    Ich stand da und sah zu, wie Blaise De Paines Lebenslicht erlosch. Eine Schrotflinte mit Walnussschaft lag neben seinem rechten Knöchel. Drei ausgeworfene Patronenhülsen bildeten ein grobes Dreieck hinter seinem Körper, Zentimeter von der zerschossenen Tür entfernt.
    Hinter der Tür war Licht, Holzsplitter auf Küchenfliesen.
    »Ist irgendjemand drinnen?«, fragte ich. »Die Bewohner«, sagte der Cop. »Junge Frau und junger Mann?«
    »Ja.«
    »Alles in Ordnung mit ihnen?«
    »Sie war es, die diesen Loser abgeknallt hat - Sie gehen am besten wieder nach unten, der Coroner wird die Todesursache -«
    Milo rief: »Sie haben zu viel ferngesehen, Officer.«
    Der Cop nagte an seiner Unterlippe. »An Ihrer Stelle würde ich sparsam mit meiner Energie umgehen, Lieutenant. Sie sollten den Stoffwechsel so niedrig wie möglich halten, damit Sie nicht unnötig Blut verlieren.«
    »Im Gegensatz zu all den nötigen Blutverlusten?«
    »Sir -«
    Milos obszöne Erwiderung wurde durch das Klappern einer Tragbahre auf Rädern übertönt, man hörte Stimmen und sah das Licht von Scheinwerfern.
    Sanitäter kamen mit diesem strahlenden, adrenalinbefeuerten Blick herangestürmt, den die Guten haben.
    Der Cop oben an der Treppe sagte: »Der Lieutenant sitzt gleich da unten.«
    »Als wäre das ein Geheimnis«, sagte Milo. »Herr im Himmel.« Er stand auf, nahm sein Jackett vom Arm und ließ das Blut herabtropfen. Rief: »Null-positiv, falls irgendjemand interessiert sein sollte«, als sie auf ihn zueilten.
    Ich begann, die Treppe hinunterzusteigen, wurde aber von einem merkwürdigen pfeifenden Geräusch hinter mir gestoppt.
    Blaise De Paines Augen hatten sich geöffnet.
    Seine Lippen bebten. Noch ein Pfeifen, ein wenig höher diesmal, wie das Quietschen eines Wasserkessels, entschlüpfte seinen Lippen.
    Der letzte Atemzug entwich.
    Die Lippen formten ein Lächeln.
    Nicht absichtlich, er musste den Bereich willentlicher Entscheidungen längst verlassen haben. Dann bewegten sich seine Augen schnell. Zu mir. Fixierten mich.
    Sein Kopf hob sich vom Boden. Fiel hart wieder zurück. Ein Anfall? Irgendeine letzte neurologische Explosion - zu viel Absicht? Er wiederholte die Bewegung. Beobachtete mich? Zum dritten Mal hob sich sein Kopf und fiel wieder
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