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Port Vila Blues

Port Vila Blues

Titel: Port Vila Blues
Autoren: Gary Disher
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Abstellraums wurde zur Brücke, mit deren Hilfe Niekirk auf die andere Seite gelangte. Die nächsten zwei Minuten brachte er damit zu, die Geldbehälter, die Riggs ihm hinüberschob, auf dem Dach zu stapeln. Unter seinen Füßen spürte er Vibrationen; Radio 3UY ließ die Nacht explodieren.
    Die Sturmhauben über ihre Gesichter gezogen, .38er in den Händen, so überwältigten sie den Diskjockey. Der DJ spielte gerade ein frühes Stück der Animals und ließ dabei seine Fingerspitzen über ein imaginäres Keyboard tanzen. Als er die beiden Männer sah, schluckte er, machte eine Bewegung, als wolle er den Song abschalten und in das Mikrofon schreien, doch Riggs war schneller und schlug ihm die Kante seiner Waffe gegen die Kehle.
    Es war hart und scheußlich, noch dazu überflüssig. »Ganz ruhig«, sagte Niekirk.
    Mehr sagte er nicht. Er holte Isolierband aus seiner Tasche und fesselte den Mann damit an seinen Stuhl, anschließend kippte er Stuhl und Mann auf den Boden. Der Song war zu Ende. Riggs und Niekirk erstarrten. Doch es war eine LP und der nächste Song begann.
    Songs aus den Sechzigern und Siebzigern waren kurz. Niekirk schätzte, dass Riggs und ihm etwa zweieinhalb Minuten blieben. Er hielt die Lippen ans Mikro. »Komm, hol uns ab.«
    Mansell fuhr mit dem Telecom-Wagen rückwärts auf den Vorplatz des Radiosenders. So war die Sicht von der Straße auf die Foyertüren versperrt. Die drei Männer bildeten eine Kette und arbeiteten schnell: Riggs brachte das Geld zu Niekirk an die Tür und Niekirk reichte es Mansell, der die Behälter im hinteren Teil des Wagens verstaute.
    Ein neuer Song begann. Sky Pilot dröhnte jetzt aus einem Lautsprecher, der oberhalb des Empfangstresens an der Wand montiert war. Gut, ein langer Song, mindestens sieben Minuten lang. Niekirk ließ das Geld zügig weiter verladen, schließlich gab es keine Garantie dafür, dass der DJ sich nicht selbst befreite. Es gab auch keine Garantie dafür, dass treue Hörer nicht nachhakten, wenn 3UY in wenigen Augenblicken nicht mehr auf Sendung war.
    Endlich hatten sie alles in den Wagen geladen und Mansell fuhr gerade von dannen — mit Riggs auf dem Beifahrersitz und Niekirk hinten im Wagen, beim Geld —, als Sky Pilot ausklang und nichts folgte außer einem verhaltenen Rauschen, ähnlich dem gedämpften Etwas am Ende einer offenen Telefonleitung.
    Mansell bog links in die Hauptstraße ein und beschleunigte langsam. Ein Taxi auf der Suche nach Fahrgästen kreuzte ihren Weg, ansonsten aber lag die Stadt dunkel und verlassen da. Gemurmel aus dem Polizeifunk: ein Familienstreit in Eltham; eine verdächtige Person in St. Andrews.
    Sie hatten den Range Rover am Ende des Platzes eines Gebrauchtwagenhändlers in Warrandyte abgestellt und auf der Windschutzscheibe Zu-verkaufen-Aufkleber angebracht. Der Eingang zum Platz war eine einfache Zufahrt, gesichert mit einer schweren Kette und einem Vorhängeschloss. Niekirk knackte das Schloss, wartete, bis Mansell auf den Platz gefahren war, spannte die Kette wieder vor die Einfahrt und machte sich zu Fuß auf den Weg zum hinteren Teil des Platzes.
    Mansell parkte neben dem Range Rover. Riggs und er stiegen aus. Jetzt standen alle drei da und starrten einander an. Immer wieder gab es diesen Augenblick der Ungewissheit. Sollte es auf Zoff hinauslaufen, wäre hier der richtige Ort und die Zeit dafür. Sie alle trugen Waffen und standen da, die Finger der Schusshand gekrümmt, bereit, zu ziehen und abzudrücken; ein Patt, das Schmerz und Blutvergießen nach sich ziehen könnte.
    Mansell machte dem ein Ende. Er stellte sich neben Niekirk und fixierte den draufgängerischen Riggs. »Wir haben unsern Anteil bekommen. Zeit, dass wir verschwinden«, sagte er.
    Riggs musterte beide Männer, dann grinste er. Vorsichtig holte er seine Waffe heraus und reichte sie Mansell, den Griff voran. Mansell war der Quartiermeister. Aus der Waffe war kein Schuss abgefeuert worden, also konnte er sie wieder ausgeben, bei jedem neuen Job, so lange, bis einer von ihnen damit schösse, und sollte es dazu kommen, würde er sie anschließend in einen Fluss werfen.
    Nachdem Mansell auch Niekirks Waffe an sich genommen hatte, packten sie das Geld um in kleine Sporttaschen.
    Einander nicht aus den Augen lassend, streiften die drei anschließend Overalls, Handschuhe und Sturmhauben ab, und Mansell stopfte alles in eine Mülltüte, die verbrannt werden sollte. Kleidungsstücke waren Beweismittel. Ging man irgendwohin, hinterließ man immer
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